Winterlandschaft
Unendlich dehnt sie sich, die weiße Fläche,
![]() |
C.F.Hebbel |
die muntern Pulse stocken längst, die Bäche,
es regt sich selbst der kalte Wind nicht mehr.
Der Rabe dort, im Berg von Schnee und Eise,
erstarrt und hungrig, gräbt sich tief hinab,
und gräbt er nicht heraus den Bissen Speise,
so gräbt er, glaub' ich, sich hinein ins Grab.
Die Sonne, einmal noch durch Wolken blitzend,
wirft einen letzten Blick auf's öde Land,
doch, gähnend auf dem Thron des Lebens sitzend,
trotzt ihr der Tod im weißen Festgewand.
Christian Friedrich Hebbel
![]() |
Friedrich Hölderlin |
Wenn sich das Laub auf Ebnen weit verloren,
So fällt das Weiß herunter auf die Tale,
Doch glänzend ist der Tag vom hohen Sonnenstrahle,
Es glänzt das Fest den Städten aus den Toren.
Es ist die Ruhe der Natur, des Feldes Schweigen
Ist wie des Menschen Geistigkeit, und höher zeigen
Die Unterschiede sich, dass sich zu hohem Bilde
Sich zeiget die Natur, statt mit des Frühlings Milde.
Friedrich Hölderlin
![]() |
Heinrich Heine |
Ein Fichtenbaum steht einsam
Im Norden auf kahler Höh'.
Ihn schläfert; mit weißer Decke
Umhüllen ihn Eis und Schnee.
Er träumt von einer Palme,
Die, fern im Morgenland,
Einsam und schweigend trauert
Auf brennender Felsenwand.
Heinrich Heine
![]() |
Joseph von Eichendorff |
Ich hab nichts, was mich freuet,
Verlassen steht ein Baum im Feld,
Hat längst sein Laub verstreuet.
Der Wind nur geht bei stiller Nacht
und rüttelt an dem Baume,
Da rührt er seine Wipfel sacht
Und redet wie im Traume.
Er träumt von künftger Frühlingszeit,
Von Grün und Quellenrauschen,
Wo er im neuen Blütenkleid
Zu Gottes Lob wird rauschen.
Eichendorff, Joseph
Ein milder Wintertag
An jenes Waldes Enden,
wo still der Weiher liegt
und längs den Fichtenwänden
sich lind Gemurmel wiegt;
wo in der Sonnenhelle,
![]() |
Anette von Droste Hülshoff |
doch immerfort die Welle
das Ufer flimmernd küsst.
Wenn ich den Mantel dichte
nun legen übers Moos,
mich lehnen an die Fichte
und dann auf meinem Schoß.
Gezweig' und Kräuter breiten,
so gut ich's finden mag:
Wer will mir's übel deuten,
spiel ich den Sommertag?
Und hat Natur zum Feste
nur wenig dargebracht:
Die Luft ist stets die beste,
die man sich selber macht.
Annette von Droste-Hülshoff
Erster Schnee
Wie nun alles stirbt und endet
und das letzte Lindenblatt
müd sich an die Erde wendet
![]() |
Gottfried Keller |
So auch unser Tun und Lassen,
was uns zügellos erregt,
unser Lieben unser Hassen
sei' ins welke Laub gelegt!
Reiner weißer Schnee, oh schneie,
decke beide Gräber zu,
dass die Seele uns gedeihe
still und kühl in Wintersruh!
Bald kommt jene Frühlingswende,
die allein die Liebe weckt,
wo der Hass umsonst die Hände
dräuend aus dem Grabe streckt.
Gottfried Keller
Lesen Sie auch:
deutsche-weihnachtsgedichte-teil-1
goethes-lyrik-alterslyrik-teil-3
deutsche-wintergedichte-teil-2
Bildquelle: zeno.org
Winterbild: Rolf / pixelio.de
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen