> Gedichte und Zitate für alle: Hochzeitsgedichte von Meyer, Mörike, Rückert und Storm Teil 2 (Braut und Bräutigam)

2013-01-12

Hochzeitsgedichte von Meyer, Mörike, Rückert und Storm Teil 2 (Braut und Bräutigam)







Hochzeitslied

Aus der Eltern Macht und Haus
tritt die züchtge Braut heraus
an des Lebens Scheide -
geh und lieb und leide!

Freigesprochen, unterjocht,
wie der junge Busen pocht
im Gewand von Seide -
geh und lieb und leide!

Frommer Augen helle Lust
überstrahlt an voller Brust
blitzendes Geschmeide -
geh und lieb und leide!

Merke dirs, du blondes Haar.
Schmerz und Lust, Geschwisterpaar,
unzertrennlich beide -
geh und lieb und leide!

Conrad Ferdinand Meyer



Die Hochzeit

Aufgeschmückt ist der Freudensaal;
Lichterhell, bunt, in laulicher Sommernacht
Stehet das offene Gartengezelte;
Säulengleich steigen,
Reichlich durchwirket mit Laubwerk,
Die stolzen Leiber
Sechs gezähmter, riesiger Schlangen,
Tragend und stützend das
Leicht gegitterte Dach.

Aber die Braut noch wartet bescheiden
In dem Kämmerlein ihres Hauses.
Endlich bewegt sich der Zug der Hochzeit,
Fackeln tragend,
Feierlich stumm.
Und in der Mitte,
Mich an der linken Hand,
Schwarz gekleidet geht einfach die Braut;
Schön gefaltet ein Scharlachtuch
Liegt um den zierlichen Kopf geschlagen,
Lächelnd geht sie dahin;
Das Mahl schon duftet.

Später, im Lärmen des Fests,
Stahlen wir seitwärts uns beide
Weg, nach den Schatten des Gartens wandelnd,
Wo im Gebüsche die Rosen brannten,
Wo der Mondstrahl um Lilien zuckte,
Wo die Bäume vom Nachttau troffen.

Und nun strich sie mir, stille stehend,
Seltsamen Blicks mit dem Finger die Schläfe:
Jählings versank ich in tiefen Schlummer.
Aber gestärkt vom Wunderschlafe
Bin ich erwacht zu glückseligen Tagen,
Führte die seltsame Braut in mein Haus ein.

Eduard Mörike



Die goldne Hochzeit

"Brechet auf den Felsenschacht,
Der geruht hat lang;
Zieht hervor aus seiner Nacht
Goldnen Überschwang!
Sprenget auf den Grubengang,
Dass die Wunderpracht,
Die er längst in sich verschlang
Sei an's Licht gebracht!"

Höret ihr, wie auf den Höhn
Zither spielt der Geist,
Wie uns lockend sein Getön
Hier zur Bergwand weist?
Rühret Arm' und Waffen dreist,
Wühlet mit Gedröhn,
Bis der Fund, den er verheißt,
Daliegt goldenschön! -

Und die Schar der Knappen bringt,
Sonder Zeitverlust,
Schaufel, Karst und Hack', und schwingt
Sie mit Macht und Lust,
Bis ihr Fleiß den tauben Wust
Des Gesteins bezwingt,
Und entgegen Erzgekrust
Ihren Streichen springt.

Aber aus dem offenen Spalt
Was man sich verspricht,
Zieht man jetzt den Reichgehalt
Schweren Goldes nicht;
Staunend aus der Nacht ans Licht
Zieht man die Gestalt
Eines Jünglings, von Gesicht
Schön, doch todeskalt.

Und da liegt er jung und zart,
Wie ein Lilienreis;
Ihn bewundernd steht geschart
Rings ein weiter Kreis.
Recht als ob zu Gottes Preis
Er sei aufbewahrt,
Liegt er da, geschmückt mit Fleiß,
Wie nach Bräut'gams Art.

Gold ist seiner Schuhe Rand,
Goldstoff wunderklar
Wirkt sein schlichtes Leibgewand
Ihm zum Festtalar;
Golden schlingt der Ringe Paar
Sich um jede Hand,
Und um sein schon goldnes Haar
Spielt ein goldnes Band.

Kann die Erd' im stillen Raum,
Wo sie Wunder tut,
Wandeln so in goldnen Traum
Staub, Gebein und Blut?
Selbst der Strauß, der ihm geruht,
An des Busens Saum
Blüht verwandelt, wohlbehuht
Dort als goldner Baum.

Wer sagt an, wie lang es mag
Sein, dass er verscholl?
Schlaget eure Chronik nach,
Die es wissen soll!
Seht, da steht: Im Berggeroll
Heut ein Knapp' erlag.
Heut? ja, fünfzig Jahre voll
Zählts bis heut zum Tag.

Niemand mehr, der ihn gekannt,
Der befreundt ihm war?
Dem er Bruder war genannt,
Oder Liebster gar?
Hätt' umsonst ihn, wunderbar
Uns der Geist gesandt?
Halt! hier stellt sich eines dar,
Dem er ist verwandt.

Durch den Strom der Menge bricht,
Die mit Staunen weicht,
Eine Greisin; stört sie nicht,
Wie sie näher schleicht!
Die, wie sie den Platz erreicht,
Tränend ihr Gesicht
Zu dem Jüngling niederneigt,
dann es hebt und spricht:

Nein! ob schweigen auch der Mund
Eurer Bücher mag,
Eine treue Todeskund'
ist ihm blieben nach;
Treu, wie er bewahret lag
in des Felsens Schlund,
Lag er auch bis diesen Tag
Mir in Herzens Grund.

Die ihr mich von Haupt und Haar
zitternd und ergraut
Sehet, heut vor fünfzig Jahr
War ich seine Braut.
Er hier, den ihr vor mir schaut
Liegen goldenklar,
Sollt als Bräut'gam mir vertraut
Werden am Altar.

Wartend stand das Brautgemach
Auf den Bräutigam,
Als mit ihm die Bergschlucht brach,
Ihn hinunter nahm.
Nicht einmal zu Ohren kam
Mir sein letztes Ach,
Statt des Bräut'gams kam der Gram
Zu mir tausendfach.

Fünfundzwanzig Jahr ist viel,
Wer sie zählt wie ich;
Langsam zählt' ich, bis zum Ziel
Fünfundzwanzig schlich.
Als das Haar schon silberlich
Um die Stirne fiel
Fand die Silberhochzeit mich
Ohne Tanz und Spiel.

Fünfundzwanzig noch einmal
Gingen mir vorbei,
Dass ich heut, gebückt und kahl,
Goldhochzeitrin sei.
Welche Wunderzauberei
Bringt an Tages Strahl
Mir zur Goldhochzeit herbei
Golden den Gemahl?

Aber, weh, darf ich mich nahn
Dir mit Liebkosung?
Du bist schimmernd angetan
Golden, schön und jung.
Barg Dich Grabes Dämmerung
Vor der Zeiten Zahn?
Doch mich traf Verwitterung
Auf des Lebens Bahn.

Himmels Mächte, deren Schluss
Aus des Todes Reich
Ihn zu hochzeitlichem Gruß
Sendet schimmerreich;
Ach was hilft's, wenn todesbleich
Ich ihm bleiben muss,
Braut dem Bräutigam nicht gleich
Wird im Liebeskuss!

Also ruft sie, schweigt und bückt
sich dem Jüngling nah,
Auf die frische Lippe drückt
Sie die welke, ha!
Eh sie weiß, wie ihr geschah,
Hat es sie durchzückt,
Schön verwandelt steht sie da,
Jugendlich geschmückt.

Leuchtend, wie ihr Junggesell,
Selbst ein Jungfraunbild,
Steht sie da, ihr Aug' ein Quell,
Der von Feuer quillt.
Ihrer Wange Rose schwillt
Und der Locken Well',
Weils der goldnen Hochzeit gilt,
Wallet golden hell.

Also steht sie dort, und hebt
Sanft den Blick auf ihn,
Und ein täuschend Lächeln webt
Flüchtig über ihn;
Wie sie so sieht lächeln ihn,
Schrickt sie auf und bebt
Ihre Leiche sinkt auf ihn,
Ihre Seel entschwebt.

Die bewegte Meng' umkreist
Still das ruh'nde Paar,
Das, an Jahren hochergreist,
Jung gestorben war.
Fern herüber hell und klar
Zither spielt der Geist
Über der erstaunten Schar,
Die sein Wunder preist.

Friedrich Rückert



Einer Braut am Polterabend
Mit einem Album und dem Brautkranz

Ich bringe dir ein leeres weißes Buch,
Die Blätter drin noch ohne Bild und Spruch.

Sie sollen einst, wenn sie beschrieben sind,
Dir bringen ein Erinnern hold und lind;

An liebe Worte, die man zu dir sprach,
An treue Augen, die dir blickten nach. -

Drauf leg ich dir von dunklem Myrtenreis
Den grünen Kranz, der aller Kränze Preis.

Nimm ihn getrost! Denn muss ich auch gestehn,
Er wird wie alles Laub dereinst vergehn,

So weiß ich doch, wenn Tag um Tag verschwand,
Hältst du den Zweig mit Früchten in der Hand.

Theodor Storm



Zur silbernen Hochzeit
Aus einem Festzuge

Gott Amor

Wieder führ ich heut den Zug
Wie beim ersten Feste;
Amor bleibt die Hauptperson
In der Zahl der Gäste.

In mein Antlitz bringt die Zeit
Fältchen nicht noch Falte;
Doch wie jung ich immer bin,
Bin ich doch der alte.

Zwei Kinder

Erstes
Wir sind zwei Kinder hier vom Haus
Und folgen mit Bedachte
Dem kleinen Gotte, der Mama
So unendlich glücklich machte.

Zweites
Ja, lachet nur! Wir kommen auch
In seinen Rosentempel.
Die älteste Schwester hat schon gezeigt,
Die Kinder nehmen Exempel.

Ein Bettelkind

Zürnt mir nicht, verehrte Frau,
Dass auch ich Euch gratuliere!
Armut ist ein schlechter Gast,
Furchtsam tret ich in die Türe.

Draußen stand ich, und ich sah
Alle Fenster hell erleuchtet;
Und ich dachte, wie so oft
Ihr mir milde Gabe reichtet.

Gönnt nur einen Augenblick,
Mich an Eurem Glück zu weiden!
Schwester weint zu Haus nach Brot -
Ach, wir haben wenig Freuden.

Der Bettelvogt

Zum Jubilar
Verzeihen Sie, Herr Bürgermeister!
So sehr man seine Pflichten kennt,
Das Bettelvolk wird immer dreister,
Sosehr man vigiliert und rennt.

Soeben sah ich solchen Rangen
Verdächtig schleichen an den Treppen;
Wenn es vergönnt, ihn einzufangen,
Werd ich ihn sacht zu Loche schleppen.

Der Narr

Der Narr macht seine Reverenz,
Der gute derbe Geselle!
Ihr hörtet wohl von weitem schon
Das Rauschen seiner Schelle.

Als alter Hausfreund bin ich ja
Notwendig bei dem Feste;
Denn hörtet ihr die Klapper nicht,
Euch fehlte doch das Beste.

Ein tücht'ger Kerl hat seinen Sparrn!
Das ist unwiderleglich;
Und hat das Haus nicht seinen Narrn,
So wird es öd und kläglich.

Hier war ich manchen guten Tag
Gastfreundlich aufgenommen;
Heil diesem vielbeglückten Haus,
Wo auch der Narr willkommen!

Theodor Storm

Bildquelle: Sandra Schmitz / pixelio.de;

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