Erich Mühsam
Mein Heimweg ist nicht lang.
Er läßt mir grade Zeit
Zu einem Lobgesang
Auf meine Tüchtigkeit.
Ich sass beim Alkohol
Und schwätzte angenehm
Von Kunst und Menschenwohl:
Ich weiß nicht mehr zu wem.
Jetzt aber geh ich heim
Und lobe meinen Fleiß,
Der stets mit einem Reim
Sich zu bestätigen weiß.
Obwohl du Margot heißt, muss ich dich preisen.
Obwohl du Margot heißt, muss ich dich preisen.
Gewöhnlich sind die Margot, Gerda, Ellen
Mir allzu linienhaft zum Beigesellen
und zu empfindsam um damit zu reisen.
Verlieb ich mich schon in ein Mädchen sterblich,
So heiß' es Trude, Miezl, Käthi, Anchen.
Die Namen Margot, Ingrid und noch manchen
Find zu ästhetisch ich, zu kunstgewerblich.
Man redet Liebe, küsst sich mit den Psychen
bei Helga, Irmgard, Edith und Elfriede.
Du bist, mein Schatz, fürs Körperlich-Solide,
und darum, Margot, nenn' ich dich Mariechen.
Der Revoluzzer
War einmal ein Revoluzzer,
im Zivilstand Lampenputzer,
ging im Revoluzzerschritt
mit den Revoluzzern mit.
Und er schrie: «Ich revolüzze!»
Und die Revoluzzermütze
schob er auf das linke Ohr,
kam sich höchst gefährlich vor.
Doch die Revoluzzer schritten
mitten in der Strassen Mitten,
wo er sonsten unverdrutzt
alle Gaslaternen putzt.
Sie vom Boden zu entfernen
rupfte man die Gaslaternen
aus dem Strassenpflaster aus,
zwecks des Barrikadenbaus.
Aber unser Revoluzzer
schrie: «Ich bin der Lampenputzer
dieses guten Leuchtelichts.
bitte, bitte, tut ihm nichts!
Wenn wir ihn' das Licht ausdrehen,
kann kein Bürger nichts mehr sehen.
Lasst die Lampen stehn, ich bitt! –
Denn sonst spiel ich nicht mehr mit.»
Doch die Revoluzzer lachten,
und die Gaslaternen krachten,
und der Lampenputzer schlich
fort und weinte bitterlich.
Dann ist er zu Haus geblieben
und hat dort ein Buch geschrieben:
nämlich, wie man revoluzzt
und dabei doch Lampen putzt.
Klabund
Winterschlaf
Indem man sich zum Winter wendet,
Hat es der Dichter schwer,
Der Sommer ist geendet,
Und eine Blume wächst nicht mehr.
Was soll man da besingen?
Die meisten Requisiten sind vereist.
Man muß schon in die eigene Seele dringen
Jedoch, da hapert's meist.
Man sitzt besorgt auf seinem Hintern.
Man sinnt und sitzt sich seine Hose durch,
Da hilft das eben nichts, da muß man eben überwintern
Wie Frosch und Lurch.
Als Gott der Herr auf Erden ging
Als Gott der Herr auf Erden ging,
Da freute sich ein jedes Ding;
Ein jedes Ding, ob groß, ob klein,
Es wollte doch gesegnet sein.
Die Kreatur in ihrer Not,
Der Mensch in Kümmernis und Tod,
Der breite Strom, das weite Land,
Sie fühlten Gottes Gnadenhand.
Es hört der Frosch zu quaken auf,
Der Hund hält inn in seinem Lauf,
Der Regen hätt geregnet nicht,
Bevor ihn Gott gesegnet nicht.
Der hohe Turm verneigte sich,
Die Antilope zeigte sich.
Und Efeulaub und Wiesengrün
Erkannten und lobpriesen ihn.
Von aller Art der Mensch allein
Geriet in Schand und Sündenpein.
Hätt er nicht Gott so oft verkannt,
Er ging noch heute durch das Land.
Hätt er nicht Gott so oft gesteint,
Wir wären noch mit ihm vereint.
Die Erde wär das Himmelreich
Und jeder Mensch ein Engel gleich.
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