geboren: 17.06.1810 Detmold
gestorben: 18.03.1876 Cannstadt
1825 Verlässt das Gymnasium in Detmold/ Kaufmannslehre im Geschäft eines
Verwandten
1832 Annahme einer Stelle als Korrespondent in Amsterdam
1836 Mitherausgeber des "Rheinischen Odeon" in Soest
1837/39 Kaufmann in Barmen
1842 Umzug nach St.Goar/ Gast bei Wilhelm d. II in Koblenz
1843/44 Seine Gedichte werden verboten/ Ins Exil nach Belgien
1845 Bekanntschaft mit Karl Marx/ Umsiedlung in die Schweiz
1846 In London
1848 Wieder in Deutschland/Verhaftung wegen Aufreizung zum Umsturz/
Mitarbeiter an der "Neuen Rheinischen Zeitung" mit Karl Marx
1851 Flucht nach London
1868 Nach 17 Jahren Rückkehr nach Deutschland
Werke Lyrik
1838 Gedichte
1844 Ein Glaubensbekenntnis
1846 Ca ira
1847/49 Zwischen den Garben
1849/50 Neuere politische und soziale Gedichte
1877 Neue Gedichte
Nachdichtungen von: Hugo, Shakespeare, Longfellow
Der Ruhm Freiligraths begründet sich vor allem auf seine politischen Gedichtsammlungen aus den Jahren 1844 bis 1850.
Im Jahr 1844 veröffentlichte er die Gedichtsammlung "Ein Glaubensbekenntnis" die mit einiger Wahrscheinlichkeit von seinem Freund Hoffmann von Fallersleben beeinflußt sind, dessen "Unpolitischen Lieder" gerade erschienen waren. Im Gegensatz zu der Sammlung "Ca ira" bewegen sich die Gedichte zumeist im Umfeld bürgerlicher Kritik an den herrschenden sozialen und politische Ungerechtigkeiten und nur einzelne Gedichte kritisieren das Elend der großen Masse des arbeitenden Volkes.
In der Gedichtsammlung "Ca ira" bekennt sich Freiligrath zu der Notwendigkeit einer Revolution in Deutschland. (Von unten auf)
Wegen seines Gedichtes "Die Toten an die Lebenden" wurde ihm im Revolutionsjahr 1848 der Prozess gemacht der mit einem Freispruch endete. Nachdem Marx nach England ging, die "Neue Rheinische Zeitung" war am 19.03.1849 das letzte Mal erschienen, schrieb Freiligrath den Grabgesang auf die damalig fortschrittlichste Zeitung in Deutschland.
In seinem Spätwerk verfasst Freiligrath Gedichte die die damalige nationale Beigeisterungswelle (1871) bedienen und er geht dort hinter seine Positionen aus den Jahren 1844-50 zurück.
Quelle:
Erläuterungen zur deutschen Literatur
Vormärz 1830-1848 Volk und Wissen 1977
Der Freiheit! das Recht! ( aus: "Ein Glaubensbekenntnis")
O, glaubt nicht, sie ruhe fortan bei den Toten,
O, glaubt nicht, sie meide fortan dies Geschlecht,
Weil mutigen Sprechern das Wort man verboten
Und Nichtdelatoren verweigert das Recht!
Nein, ob ins Exil auch die Eidfesten schritten,
Ob, müde der Willkühr, die endlos sie litten,
Sich andre im Kerker die Adern zerschnitten –
Doch lebt noch die Freiheit, und mit ihr das Recht!
– Die Freiheit! das Recht!
Nicht mach' uns die einzelne Schlappe verlegen!
Die fördert die Siege des Ganzen erst recht;
Die wirkt, daß wir doppelt uns rühren und regen,
Noch lauter es rufen: Die Freiheit! das Recht!
Denn ewig sind eins diese heiligen Zweie!
Sie halten zusammen in Trutz und in Treue;
Wo das Recht ist, da wohnen von selber schon Freie,
Und immer, wo Freie sind, waltet das Recht!
– Die Freiheit! das Recht!
Und auch das sei ein Trost uns: Nie flogen, wie heuer,
Die freudigen Zwei von Gefecht zu Gefecht!
Nie flutete voller ihr Odem und freier,
Durch die Seele selbst brausend dem niedrigsten Knecht!
Sie machen die Runde der Welt und der Lande,
Sie wecken und werben von Strande zu Strande,
Schon sprengten sie kühn des leibeigenen Bande,
Und sagten zu denen des Negers: Zerbrecht
!– Die Freiheit! das Recht!
!– Die Freiheit! das Recht!
Ja, ihr Banner entflattert und weht allerorten,
Daß die Unbill gesühnt sei, die Schande gerächt!
Ja, und siegen sie hier nicht, so siegen sie dorten,
Und am Ende doch siegen sie gründlich und echt!
O Gott, welch ein Kranz wird sie glorreich dann zieren!
All die Läuber, die Völker im Fahnentuch führen!
Die Olive des Griechen, das Kleeblatt des Iren,
Und vor allem germanisches Eichengeflecht!
– Die Freiheit! das Recht!
Wohl ruhn dann schon Manche, die jetzo noch leiden,
Doch ihr Schlummer ist süß, und ihr Ruhn ist gerecht!
Und licht an den Gräbern stehen die beiden,
Die wir ihnen auch danken – die Freiheit! das Recht!
Unterdess hebt die Gläser! Ihr Wohl, die da stritten!
Die da stritten und mutig ins Elend drum schritten,
Die das Recht uns verfochten und Unrecht drum litten!
Hoch ewig das Recht – und die Freiheit durchs Recht!
– Die Freiheit durchs Recht!
Trotz alledem! (aus: Ein Glaubensbekenntnis")
Ob Armut euer Los auch sei,
Hebt hoch die Stirn, trotz alledem!
Geht kühn den feigen Knecht vorbei;
Wagt's, arm zu sein trotz alledem!
Trotz alledem und alledem,
Trotz niedern Plack und alledem,
Der Rang ist das Gepräge nur,
Der Mann das Gold trotz alledem!
Und sitzt ihr auch beim kargen Mahl
In Zwilch und Lein und alledem,
Gönnt Schurken Samt und Goldpokal –
Ein Mann ist Mann trotz alledem!
Trotz alledem und alledem,
Trotz Prunk und Pracht und alledem!
Der brave Mann, wie dürftig auch,
Ist König doch trotz alledem!
Heißt »gnäd'ger Herr« das Bürschchen dort,
Man sieht's am Stolz und alledem;
Doch lenkt auch Hunderte sein Wort,
's ist nur ein Tropf trotz alledem!
Trotz alledem und alledem!
Trotz Band und Stern und alledem!
Der Mann von unabhängigem Sinn
Sieht zu und lacht zu alledem!
Ein Fürst macht Ritter wenn er spricht,
Mit Sporn und Schild und alledem:
Den braven Mann kreiert er nicht,
Der steht zu hoch trotz alledem:
Trotz alledem und alledem!
Trotz Würdenschnack und alledem –
Des innern Wertes stolz Gefühl
Läuft doch den Rang ab alledem!
Drum jeder fleh', daß es gescheh',
Wie es geschieht trotz alledem,
Daß Wert und Kern, so nah wie fern,
Den Sieg erringt trotz alledem!
Trotz alledem und alledem!
Es kommt dazu trotz alledem,
Daß rings der Mensch die Bruderhand
Dem Menschen reicht trotz alledem!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen