Zitronenfalter im April
Grausame Frühlingssonne,
Du weckst mich vor der Zeit,
Dem nur in Maienwonne
Die zarte Kost gedeiht.
Ist nicht ein liebes Mädchen hier,
Das auf der Rosenlippe mir
Ein Tröpfchen Honig beut,
So muss ich jämmerlich vergehn
Und wird der Mai mich nimmer sehn
Die Kinder schreien »Vivat hoch!«
In die blaue Luft hinein,
Den Frühling setzen sie auf den Thron,
Der soll ihr König sein.
Die Kinder haben die Veilchen gepflückt,
All, all, die da blühten am Mühlengraben.
Der Lenz ist da, sie wollen ihn fest
In ihren kleinen Fäusten haben.
Friedrich Hagedorn
Der erste Mai
Der erste Tag im Monat Mai
Ist mir der glücklichste von allen.
Dich sah ich und gestand dir frei,
Denn ersten Tag im Monat Mai,
Dass dir mein Herz ergeben sein,
Wenn mein Geständnis dir gefallen,
So ist der erste Tage im Mai für mich
der glücklichste von allen.
Theodor Storm
Über die Heide
Über die Heide hallet mein Schritt;
Dumpf aus der Erde wandert es mit.
Herbst ist gekommen, Frühling ist weit -
Gab es denn einmal selige Zeit?
Brauende Nebel geistern umher;
Schwarz ist das Kraut und der Himmel so leer.
Wär ich hier nur nicht gegangen im Mai!
Leben und Liebe - wie flog es vorbei!
Theodor Storm
Der Kuckuck und der Esel
Der Kuckuck und der Esel,
Die hatten großen Streit,
Wer wohl am besten sänge
Zur schönen Maienzeit
Wer wohl am besten sänge
Zur schönen Maienzeit
Der Kuckuck sprach: „Das kann ich!“
Und hub gleich an zu schreien.
Ich aber kann es besser!
Fiel gleich der Esel ein.
Ich aber kann es besser!
Fiel gleich der Esel ein.
Das klang so schön und lieblich,
So schön von fern und nah;
Sie sangen alle beide
Kuckuck, Kuckuck, i-a!
Sie sangen alle beide
Kuckuck, Kuckuck, i-a!
Hoffmann von Fallersleben
Tiefe Sehnsucht
Maienkätzchen, erster Gruß,
Ich breche euch und stecke euch
Maienkätzchen, erster Gruß,
Einst brach ich euch und steckte
Der Liebsten an den Hut.
Detlev von Liliencron
Am Berg wärmt die Sonne das Maiengrün
Und selbst der alltägliche Himmel will blühn.
Er wird stündlich größer und tiefer und kühn,
Zieht Bäume und Menschen zu sich hinauf.
Aller Sehnsucht fällt wie ein Schuss aus dem Lauf,
Und Keiner hält mehr die Liebe auf.
Die Kränze, die du dir als Kind gebunden,
Sie sind verwelkt und längst zu Staub verschwunden;
Doch blühn wie damals noch Jasmin und Flieder,
Und Kinder binden deine Kränze wieder.
Max Dauthendey
Der Mai ist auf dem Wege
Der Mai ist auf dem Wege,
Der Mai ist vor der Tür;
Im Garten, auf der Wiese,
Ihr Blümlein, kommt herfür!
Da hab' ich den Stab genommen,
Da hab' ich das Bündel geschnürt,
Zieh' weiter und immer weiter,
Wohin die Straße mich führt.
Und über mir ziehen die Vögel,
Sie ziehen in lustigen Reih'n,
Sie zwitschern und trillern und flöten -,
Als ging's in den Himmel hinein.
Der Wandrer geht alleine,
Geht schweigend seinen Gang;
Das Bündel will ihn drücken;
Der Weg wird ihm zu lang.
Ja, wenn wir all' zusammen
So zögen ins Land hinein!
Und wenn auch das nicht wäre,
Könnt' eine nur mit mir sein!
Johann Ludwig Wilhelm Müller
An ein Maienlüftchen
Auf, Maienlüftchen, aus den Blumenbeeten!
Wo deine Küsse Florens Töchter röten,
Wo du so liebetraulich allen heuchelst
Und Duft entschmeichelst.
Erhebe dich mit allen süßen Raube
Nach jener dämmernden Holunderlaube!
Dort lauschet Lina. Laß sie deines süßen
Geruchs genießen!
Mit hat das Glück noch keinen Kuß bescheret.
Dir aber, Liebchen, wird ja nichts verwehret.
Nimm drei für einen! Komm zurück! Nur einer
Davon sei meiner!
Gottfried August Bürger
Mailied
Wie herrlich leuchtet
Mir die Natur!
Wie glänzt die Sonne,
Wie lacht die Flur!
Es dringen Blüten
Aus jedem Zweig
Und tausend Stimmen
Aus dem Gesträuch
Und Freud` und Wonne
Aus jeder Brust.
O Erd`, o Sonne!
O Glück, o Lust!
O Lieb`, o Liebe!
So golden schön,
Wie Morgenwolken
Auf jenen Höh`n!
Du segnest herrlich
Das frische Feld,
Im Blütendampfe
Die volle Welt.
O Mädchen, Mädchen,
Wie lieb` ich dich!
Wie blickt dein Auge!
Wie liebst du mich!
So liebt die Lerche
Gesang und Luft,
Und Morgenblumen
Den Himmelsduft,
Weil ich dich liebe
Mit warmem Blut,
Die du mir Jugend
Und Freud` und Mut
Zu neuen Liedern
Und Tänzen gibst.
Sei ewig glücklich,
Wie du mich liebst!
Johann Wolfgang von Goethe
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