Oktoberlied
Der Nebel steigt, es fällt das Laub;
Schenk ein den Wein, den holden!
Wir wollen uns den grauen Tag
Vergolden, ja vergolden!
Und geht es draußen noch so toll,
Unchristlich oder christlich,
Ist doch die Welt, die schöne Welt,
So gänzlich unverwüstlich!
Und wimmert auch einmal das Herz –
Stoß an und laß es klingen!
Wir wissen's doch, ein rechtes Herz
Ist gar nicht umzubringen.
Der Nebel steigt, es fällt das Laub;
Schenk ein den Wein, den holden!
Wir wollen uns den grauen Tag
Vergolden, ja vergolden!
Wohl ist es Herbst; doch warte nur,
Doch warte nur ein Weilchen!
Der Frühling kommt, der Himmel lacht,
Es steht die Welt in Veilchen.
Die blauen Tage brechen an,
Und ehe sie verfließen,
Wir wollen sie, mein wackrer Freund,
Genießen, ja genießen!
Christian Morgenstern
Oktobersturm
Schwankende Bäume
im Abendrot -
Lebenssturmträume
vor purpurnem Tod -
Blättergeplauder -
wirbelnder Hauf -
nachtkalte Schauder
rauschen herauf.
Rudolf G. Binding
Oktober
Großes Jahr! In jedem Fass
schwillt der Wein zu süßer Schwere.
Herbst berauscht ohn Unterlass
wo ich liebe und begehre.
Weiß ich noch von Lieb und Hass
wenn ich herbstlich so sie büße?
Licht! Oh, Licht wird niemals blass
wo ich liebe, wo ich grüße.
Oktober
Zaudernde Nebel gehen ums Haus,
Der Herbsttag kleidet die Bäume aus.
Werde nicht bang, Geliebte mein,
Die Liebe schläft nicht mit den Bäumen ein.
Verlöschen im Garten die Blumen wie Funken,
Sind die Gärten wie Spuk versunken,
Werden die Tage dunkel und scheuer,
Dir wächst in meiner Kammer unersättliches Feuer.
In langen Nächten küßt es sich gut,
Verliebte haben den Sommer im Blut.
Trug manch Lied auf meiner Zung',
Hob den Kopf mit Flügelschwung;
Grünverliebt war rings der Wald
Und mein Herz nur Tage alt.
Konnt' die Wurzeln nicht begreifen,
Die nur schwer vom Flecke gehn,
Und die Bäume all die steifen,
Die schon, hundert Jahr dastehn.
Blumen machten mich erstaunen
Wuchsen auf wie bunte Launen;
Lachten ein paar Wochen hin
Und verrieten nie den Sinn.
Nahm manch Mädchen in den Arm,
Mädchen sind so bang und warm;
Habe ich auch reich geküßt,
Wußt' doch nie, was Liebe ist.
Liebe ist der eine Kuß,
Dran dein Herze seufzen muß;
Stiller wird dein Atem gehn,
Ist dir dieser Kuß geschehn.
Abends tut's in den Gassen spuken,
Weingeruch kommt aus den Kellerluken.
Der kluge Wein der alles weiß,
Er macht die kalten Keller heiß,
Er lehrt den Leuten sein bestes Lachen;
Mich kann er nicht mehr heißer machen,
Ich kehrte bei der Liebe ein,
Ihr Keller liegt unterm Herzgrundstein.
Dort sitzt mein Schatz mit jungem Mund/
Die Lippe ist des Herzens Spund;
Augen, durchsichtig wie die Weinbeeren,
Machen mich toller wie Rebensaftgären.
Jeder Bluttropfen will seinen Rausch,
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