Morgenstern Christian
Der Traum der Magd
Am Morgen spricht die Magd ganz wild:
"Ich hab heut Nacht ein Kind gestillt -
ein Kind mit einem Käs als Kopf -
und einem Horn am Hinterschopf!
Das Horn, o denkt euch, war aus Salz
und ging zu essen, und dann -"
"Halt's -
halt's Maul!' so spricht die Frau, ,und geh
an deinen Dienst, Zä-zi-li-e!"
Christian Morgenstern
Der Hecht
Ein Hecht, vom heiligen Antón
bekehrt, beschloß, samt Frau und Sohn,
am vegetarischen Gedanken
moralisch sich emporzuranken.
Er aß seit jenem nur noch dies:
Seegras, Seerose und Seegrieß.
Doch Grieß, Gras, Rose floß, o Graus,
entsetzlich wieder hinten aus.
Der ganze Teich ward angesteckt.
Fünfhundert Fische sind verreckt.
Doch Sankt Antón, gerufen eilig,
sprach nichts als: "Heilig! heilig! heilig!"
Christian Morgenstern
Das Knie
Ein Knie geht einsam durch die Welt.
Es ist ein Knie, sonst nichts!
Es ist kein Baum! Es ist kein Zelt!
Es ist ein Knie, sonst nichts.
Im Kriege ward einmal ein Mann
erschossen um und um.
Das Knie allein blieb unverletzt -
als wär's ein Heiligtum.
Seitdem geht's einsam durch die Welt.
Es ist ein Knie, sonst nichts.
Es ist kein Baum, es ist kein Zelt.
Es ist ein Knie, sonst nichts.
Christian Morgenstern
Der Lattenzaun
Es war einmal ein Lattenzaun,
mit Zwischenraum, hindurchzuschaun.
Ein Architekt, der dieses sah,
stand eines Abends plötzlich da -
und nahm den Zwischenraum heraus
und baute draus ein großes Haus.
Der Zaun indessen stand ganz dumm
mit Latten ohne was herum,
Ein Anblick gräßlich und gemein.
Drum zog ihn der Senat auch ein.
Der Architekt jedoch entfloh
nach Afri- od- Ameriko.
Paul Scheerbart
Ein Tafelgedicht
Mit Euch an einem Tisch zu sitzen
Macht mir den größten Höllenspaß.
Ich träume schon von Euren Witzen.
Wohl dem, der mit Euch Austern aß.
Denn was Ihr trinkt
Ist pure Galle.
Und was Ihr eßt
Ein alter Quark.
Recht grob möcht Euch Allen sagen,
Daß Ihr mir nie mehr könnt behagen.
Ihr seid das Luderpack der Welt
Und habt mir manchen Tag vergällt!
Klabund
Bürgerliches Weihnachtsidyll
Was bringt der Weihnachtsmann Emilien?
Einen Strauß von Rosmarin und Lilien.
Sie geht so fleißig auf den Strich.
Oh Tochter Zions, freue dich!
Doch sieh, was wird sie bleich wie Flieder?
Vom Himmel hoch, da komm ich nieder.
Die Mutter wandelt wie im Traum.
O Tannenbaum, o Tannenbaum.
O Kind, was hast du da gemacht?
Stille Nacht, heilige Nacht.
Leis hat sie ihr ins Ohr gesungen:
Mama, es ist ein Reis entsprungen!
Papa haut ihr die Fresse breit.
O du selige Weihnachtszeit!
Erich Mühsam
Erziehung
Der Vater zu dem Sohne spricht:
Zum Herz- und Seelengleichgewicht,
zur inneren Zufriedenheit
und äußeren Behaglichkeit
und zur geregelten Verdauung
bedarf es einer Weltanschauung.
Mein Sohn, du bist nun alt genug.
Das Leben macht den Menschen klug,
die Klugheit macht den Menschen reich,
der Reichtum macht uns Herrschern gleich,
und herrschen juckt uns in den Knöcheln
vom Kindesbein bis zum Verröcheln.
Und sprichst du: Vater, es ist schwer.
Wo nehm ich Geld und Reichtum her?
So merk: Sei deines Nächsten Gast!
Pump von ihm, was du nötig hast.
Sei's selbst sein letzter Kerzenstumpen -
besinn dich nicht, auch den zu pumpen.
Vom Pumpen lebt die ganze Welt.
Glück ist und Ruhm auf Pump gestellt.
Der Reiche pumpt den Armen aus,
vom Armen pumpt auch noch die Laus,
und drängst du dich nicht früh zur Krippe,
das Fell zieht man dir vom Gerippe.
Drum pump, mein Sohn, und pumpe dreist!
Pump anderer Ehr, pump anderer Geist.
Was andere schufen, nenne dein!
Was andere haben, steck dir ein!
Greif zu, greif zu! Gott wird's dir lohnen.
Hoch wirst du ob der Menschheit thronen!
Ludwig Thoma
Rühmlicher Tod
Kennt ihr alle die Geschichte
Von Johannes Ilzebiel,
Dessen Leben ward zunichte,
Als er im Duelle fiel?
Halle hieß die Bildungsstätte,
Sein Beruf war Medizin,
Ohne daß er jemals hätte
Wirklich sich bemüht darin.
Seine Eltern waren Bauern
Mit Vermögen – Gott sei Dank! –,
Jeder muß sie heut bedauern,
Weil der Sohn das Geld vertrank.
Als aus Kasten und aus Kisten
Nirgends mehr kein Kreuzer fiel,
Fing die Not sich einzunisten
An bei Johann Ilzebiel.
Und es kam bei ihm zutage,
Daß er nicht die Arbeit kennt.
Dieses stand auch außer Frage,
Denn er war ein Korpsstudent.
Soll er selbst den Rest sich geben?
Nein! Nur das Proletentum
Drückt sich schweigend aus dem Leben.
Er begehrte andern Ruhm.
Als zu sterben er entschlossen,
Schlug er jeden auf das Ohr.
Zweie hat er selbst erschossen,
Erst der dritte kam zuvor.

Fred Endrikat
Am Montag fängt die Woche an,
am Montag ruht der brave Mann.
Das taten unsre Ahnen schon,
wir halten streng auf Tradition.
Am Dienstag hält man mit sich Rat,
man sammelt Mut und Kraft zur Tat.
Bevor man anfängt – einszweidrei
bumms – ist der Dienstag schon vorbei.
Am Mittwoch faßt man den Entschluß:
Bestimmt, es soll, es wird, es muß,
mag kommen, was da kommen mag,
ab morgen früh, am Donnerstag.
Am Donnerstag faßt man den Plan:
von heute ab, wird etwas getan.
Gedacht, getan, getan , gedacht,
inzwischen ist es wieder Nacht.
Am Freitag geht von alters her,
was man auch anfängt, stets verquer.
Drum ruh dich aus und sei belehrt:
Wer gar nichts tut, macht nichts verkehrt.
Am Samstag ist das Wochen-End,
da wird ganz gründlich ausgepennt.
Heut anzufangen lohnt sich nicht,
die Ruhe ist des Bürgers Pflicht.
Am Sonntag möcht’ man so viel tun,
am Sonntag muß man leider ruhn.
Zur Arbeit ist es nie zu spät.
Oh Kinder, wie die Zeit vergeht.
Rühmlicher Tod
Kennt ihr alle die Geschichte
Von Johannes Ilzebiel,
Dessen Leben ward zunichte,
Als er im Duelle fiel?
Halle hieß die Bildungsstätte,
Sein Beruf war Medizin,
Ohne daß er jemals hätte
Wirklich sich bemüht darin.
Seine Eltern waren Bauern
Mit Vermögen – Gott sei Dank! –,
Jeder muß sie heut bedauern,
Weil der Sohn das Geld vertrank.
Als aus Kasten und aus Kisten
Nirgends mehr kein Kreuzer fiel,
Fing die Not sich einzunisten
An bei Johann Ilzebiel.
Und es kam bei ihm zutage,
Daß er nicht die Arbeit kennt.
Dieses stand auch außer Frage,
Denn er war ein Korpsstudent.
Soll er selbst den Rest sich geben?
Nein! Nur das Proletentum
Drückt sich schweigend aus dem Leben.
Er begehrte andern Ruhm.
Als zu sterben er entschlossen,
Schlug er jeden auf das Ohr.
Zweie hat er selbst erschossen,
Erst der dritte kam zuvor.

Fred Endrikat
Am Montag fängt die Woche an,
am Montag ruht der brave Mann.
Das taten unsre Ahnen schon,
wir halten streng auf Tradition.
Am Dienstag hält man mit sich Rat,
man sammelt Mut und Kraft zur Tat.
Bevor man anfängt – einszweidrei
bumms – ist der Dienstag schon vorbei.
Am Mittwoch faßt man den Entschluß:
Bestimmt, es soll, es wird, es muß,
mag kommen, was da kommen mag,
ab morgen früh, am Donnerstag.
Am Donnerstag faßt man den Plan:
von heute ab, wird etwas getan.
Gedacht, getan, getan , gedacht,
inzwischen ist es wieder Nacht.
Am Freitag geht von alters her,
was man auch anfängt, stets verquer.
Drum ruh dich aus und sei belehrt:
Wer gar nichts tut, macht nichts verkehrt.
Am Samstag ist das Wochen-End,
da wird ganz gründlich ausgepennt.
Heut anzufangen lohnt sich nicht,
die Ruhe ist des Bürgers Pflicht.
Am Sonntag möcht’ man so viel tun,
am Sonntag muß man leider ruhn.
Zur Arbeit ist es nie zu spät.
Oh Kinder, wie die Zeit vergeht.
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