Hoffman von Fallersleben
Abendlied
Abend wird es wieder:
Ueber Wald und Feld
Ueber Wald und Feld
Säuselt Frieden nieder
Und es ruht die Welt.
Nur der Bach ergießet
Sich am Felsen dort,
Und er braust und fließet
Immer, immer fort.
Und kein Abend bringet
Frieden ihm und Ruh,
Keine Glocke klinget
Ihm ein Rastlied zu.
So in deinem Streben
Bist, mein Herz, auch du:
Gott nur kann dir geben
Wahre Abendruh.
Friedrich Hebbel
Abendgefühl
Friedlich bekämpfen
Nacht sich und Tag.
Wie das zu dämpfen,
Wie das zu lösen vermag!
Der mich bedrückte,
Schläfst du schon, Schmerz?
Was mich beglückte,
Sage, was war’s doch, mein Herz?
Freude, wie Kummer,
Fühl ich, zerrann,
Aber den Schlummer
Führten sie leise heran.
Und im Entschweben,
Immer empor,
Kommt mir das Leben
Ganz wie ein Schlummerlied vor.
Friedrich Rückert
Abendlied
Die ihr mit dem Odem linde
Jedes Blümchen küßt und grüßt,
Sagt mir, laue Abendwinde,
Wo ihr jetzt mein Mädchen küßt?
Ob im Spiegel eines Quelles
Sich ihr klares Bildnis malt,
Oder ob das Antlitz helles
Abendrot ihr überstrahlt?
Ob sie Nachtigallen grüßen,
Wo sie froh durch Büsche eilt,
Oder neue Blumen sprießen,
Wo ihr sanfter Fußtritt weilt?
Flattert zu ihr, laue Winde,
Sagt ihr, daß ich harre schon;
Ihr zum Führer tragt geschwinde
Mit euch meines Liedes Ton.
Durch die blauen Lüfte webet
Abenddämm'rung, ruhig, mild,
Und vom Stern der Liebe bebet
Sanfter Schimmer aufs Gefild'.
Nur wo mich ihr Arm umfasset,
Lächelt mir der schöne Stern,
Und sein hellster Glanz erblasset,
O Geliebte, bist du fern.
Conrad Ferdinand Meyer
Abendwolke
So stille ruht im Hafen
Das tiefe Wasser dort,
Die Ruder sind entschlafen,
Die Schifflein sind im Port.
Nur oben in dem Äther
Der lauen Maiennacht,
Dort segelt noch ein später
Friedfert'ger Ferge sacht.
Die Barke still und dunkel
Fährt hin in Dämmerschein
Und leisem Sterngefunkel
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