J.W.v.Goethe
Wanderlied
Von dem Berge zu den Hügeln,
Niederab das Tal entlang,
Da erklingt es wie von Flügeln,
Da bewegt sichs wie Gesang;
Und dem unbedingten Triebe
Folget Freude, folget Rat;
Und dein Streben, seis in Liebe,
Und dein Leben sei die Tat.
Denn die Bande sind zerrissen,
Das Vertrauen ist verletzt;
Kann ich sagen, kann ich wissen,
Welchem Zufall ausgesetzt
Ich nun scheiden, ich nun wandern,
Wie die Witwe trauervoll,
Statt dem einen, mit dem andern
Fort und fort mich wenden soll!
Bleibe nicht am Boden heften,
Frisch gewagt und frisch hinaus!
Kopf und Arm mit heitern Kräften,
Überall sind sie zu Haus;
Wo wir uns der Sonne freuen,
Sind wir jede Sorge los;
Daß wir uns in ihr zerstreuen,
Darum ist die Welt so groß.
Doch was heißt in solchen Stunden
Sich im Fernen umzuschaun?
Wer ein heimisch Glück gefunden,
Warum sucht ers dort im Blaun?
Glücklich, wer bei uns geblieben,
In der Treue sich gefällt!
Wo wir trinken, wo wir lieben,
Da ist reiche, freie Welt.
Hoffmann von Fallersleben
So scheiden wir mit Sang und Klang:
Leb wohl, du schöner Wald!
Mit deinem kühlen Schatten,
Mit deinen grünen Matten,
Du süßer Aufenthalt!
Wir singen Auf dem Heimweg noch
Ein Lied der Dankbarkeit:
Lad 'ein wie heut' wieder uns
Auf Laubesduft und Lieder
Zur schönen Maienzeit!
Schaut hin! von fern hört noch
die der Wald in Seiner Abendruh;
Die Wipfel möcht 'er Neigen,
Er rauschet mit Höhle Zweigen,
Lebt wohl! ruft er uns zu.
Ludwig Tieck
Wohlauf! es ruft der Sonnenschein
hinaus in Gottes Welt!
geht munter in die Welt hinein
und wandelt übers Feld!
Es bleibt der Strom nicht ruhig stehn,
gar lustig rauscht er fort.
Hörst Du des Windes muntres Wehn?
Es braust von Ort zu Ort.:
Es reist der Mond wohl hin und her,
die Sonne ab und auf,
guckt über'n Berg und geht ins Meer,
nie matt in ihrem Lauf.
Und Mensch, du sitzest stets daheim
und sehnst dich nach der Fern':
sei frisch und wandle durch den Hain
und sieh die Fremde gern!
Wer weiß, wo dir dein Glücke noch blüht:
so geh und such es nur!
der Abend kommt, der Morgen flieht;
betrete bald die Spur!
Soweit dich schließt der Himmel ein,
gerät der Liebe Frucht,
und jedes Herz wird glücklich sein
und finden, was es sucht.
Wilhelm Müller
Das Wandern
Das Wandern ist des Müllers Lust, das Wandern!
Das muss ein schlechter Müller sein,
dem niemals fiel das Wandern ein,
das Wandern, das Wandern, das Wandern.
Vom Wasser haben wir’s gelernt, vom Wasser!
Das hat nicht Rast bei Tag und Nacht,
ist stets auf Wanderschaft bedacht, das Wasser …
Das sehn wir auch den Rädern ab, den Rädern,
die gar nicht gerne stille stehn,
die sich mein Tag nicht müde drehn, die Räder …
Die Steine selbst, so schwer sie sind, die Steine!
Sie tanzen mit den muntern Reihn und wollen
Gar noch schneller sein, die Steine …
O Wandern, wandern, meine Lust, o Wandern!
Herr Meister und Freu Meisterin,
lasst mich in Freiden weiter ziehn und wandern …
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