Ernst Moritz Arndt
Allein
Ich bin allein, in weiter Welt allein,
All meine Sterne schlossen ihren Himmel,
Im dichten Menschenstrudel ganz allein,
Allein im bunten, wilden Erdgewimmel –
Allein? Wie furchtbar tönst du, Schreckenswort!
Zum Ozean des Nichts wie treibst du fort!
Allein! So schloß sich schwarz der Himmel zu,
Der meine jungen Tage einst umglänzte?
So flüchtig, süße Freude, warest du,
Die meinen Frühling einst mit Rosen kränzte?
Allein? Allein? O gräßlich düstres Wort!
Einsam der Mensch und ohne Heim und Ort?
Einsam der Mensch? Du faselst, dunkler Tor –
Lockt nicht die Sonne mit den alten Strahlen?
Lockt nicht die Wiese mit dem Blumenflor,
Ein zweites Eden vor dir hinzumalen?
Spricht Gott nicht in dem Stein und Gras und Strauch,
Im Sternenschimmer und im Blütenhauch?
Spricht Gott in dir nicht? Ja, wenn Kerkernacht
Im Moder fern von Sonn' und Mond dich hielte,
Und wenn des Satans schärfste Höllenmacht
Mit allen Zweifelsschüssen auf dich zielte,
Wo Gott und Liebe spricht, wie könnt' es sein?
Mit Gott und Liebe bleibt kein Mensch allein.
Mit Gott und Liebe – o das Freudenwort!
Gleich fliegen her die Myriaden Geister
Und jagen alle düstern Spuke fort
Und werden aller bösen Träume Meister,
Und fröhlich tagt's wie junger Morgenschein:
Mit Gott und Liebe bleibt kein Mensch allein.
O Gott und Liebe! O du Liebesheld!
Du Stiller alles Jammers, aller Klagen!
Du Helfer und Befreier aller Welt,
Der auch für mich den Dornenkranz getragen –
Bescheinst du mich, du höchster Liebesschein,
Ist alle Erde, aller Himmel mein.
Anastasius Grün
Dir allein!
Möchte Jedem gern die Stelle zeigen,
Wo mein Herz so schwer verwundet worden:
Aber dir möcht' ich mein Leid verschweigen,
Doch nur dir! denn du allein
Hast den Dolch, der mich vermag zu morden.
Möchte Keinem meine Leiden klagen,
Aber dir enthüllen alle Wunden,
Die gar tief mein Herz sich hat geschlagen;
Doch nur dir! denn du allein
Hast den Balsam, der mich macht gesunden.
Emanuel Geibel
Oftmals, wenn ich ganz allein
Oftmals, wenn ich ganz allein
Brüte nachtumgeben,
Fließt's wie sanfter Mondenschein
Plötzlich in mein Leben.
Jeden Druck, den ich empfand
Schmerzlich und beklommen,
Fühl' ich wie von Engelshand
Sacht hinweggenommen.
Süßer Jugendschauer quillt
Über mein Gemüte,
Und es dehnt sich tief gestillt,
Wie im Tau die Blüte.
Staunend sinn' ich, was geschehn,
So den Schmerz zu bannen?
Dieses Friedens himmlisch Wehn,
Dieser Glanz, von wannen?
Und ein Ahnen will zuletzt
In mein Herz sich senken,
Daß geliebte Tote jetzt
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