Nun säume nicht die gaben zu erhaschen
Nun säume nicht die gaben zu erhaschen
Des scheidenden gepränges vor der wende ·
Die grauen wolken sammeln sich behende ·
Die nebel können bald uns überraschen.
Ein schwaches flöten von zerpflücktem aste
Verkündet dir dass lezte güte weise
Das land (eh es im nahen sturm vereise)
Noch hülle mit beglänzendem damaste.
Die wespen mit den goldengrünen schuppen
Sind von verschlossnen kelchen fortgeflogen ·
Wir fahren mit dem kahn in weitem bogen
Um bronzebraunen laubes inselgruppen.
Joachim Ringelnatz
Zu einem Geschenk
Ich wollte dir was dedizieren,
Nein schenken; was nicht zuviel kostet.
Aber was aus Blech ist, rostet,
Und die Messinggegenstände oxydieren.
Und was kosten soll es eben doch.
Denn aus Mühe mach’ ich extra noch
Was hinzu, auch kleine Witze.
Wär’ bei dem, was ich besitze,
Etwas Altertümliches dabei – –
Doch was nützt dir eine Lanzenspitze!
An dem Bierkrug sind die beiden
Löwenköpfe schon entzwei.
Und den Buddha mag ich selber leiden.
Und du sammelst keine Schmetterlinge,
Die mein Freund aus China mitgebracht.
Nein – das Sofa und so große Dinge
Kommen überhaupt nicht in Betracht.
Außerdem gehören sie nicht mir.
Ach, ich hab’ die ganze letzte Nacht
Rumgegrübelt, was ich dir
Geben könnte. Schlief deshalb nur eine,
Allerhöchstens zwei von sieben Stunden,
Und zum Schluß hab’ ich doch nur dies kleine,
Lumpige, beschißne Ding gefunden.
Aber gern hab’ ich für dich gewacht.
Was ich nicht vermochte, tu du’s: Drücke du
Nun ein Auge zu.
Und bedenke,
Daß ich dir fünf Stunden Wache schenke.
Laß mich auch in Zukunft nicht in Ruh.
Joachim Ringelnatz
Schenken
Schenke groß oder klein,
Aber immer gediegen.
Wenn die Bedachten
Die Gaben wiegen,
Sei dein Gewissen rein.
Schenke herzlich und frei.
Schenke dabei
Was in dir wohnt
An Meinung, Geschmack und Humor,
So daß die eigene Freude zuvor
Dich reichlich belohnt.
Schenke mit Geist ohne List.
Sei eingedenk,
Daß dein Geschenk
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen