Louise Hensel
Laßt mich allein
O, laßt in stiller Klause
Mein Auge einsam weinen;
Ich will nicht im Gebrause
Der Welt fortan erscheinen.
Mein Herz, ihr Lieben, sehnet
Sich nicht nach ihren Freuden;
Mein düstres Auge thränet
Auch nicht ob ihrer Leiden.
Sie bot mir ihre Freuden –
Ich habe sie verlassen.
Wohl kenn' ich ihre Leiden
Und muß sie ewig hassen.
Laß nun in stiller Zelle
Mein Herz zu Dem sich heben,
Der einzig ist die Quelle
Von Liebe, Licht und Leben. –
Er läßt im stillen Grabe
Wohl bald mich Ruhe finden.
Was ich gelitten habe,
Kann Er allein ergründen. –
Herr! laß in ew'gem Frieden
Mich dann in Dir erfreuen.
Was ich gefehlt hienieden,
Herr! Du wirst es verzeihen.
Theodor Storm
In seinem Garten wandelt er allein
In seinem Garten wandelt er allein;
In alle Bäume gräbt er immer wieder
Gedankenschwer den einz'gen Namen ein,
Und in dem Namen klagen seine Lieder.
Sanft blaut der Himmel, milde Rosen webt
Die Sommerzeit durch mächt'ge Blättermassen.
Er schaut sie nicht; die Zeit, in der er lebt,
Ist alt, verblüht, von allen längst verlassen.
Ada Christen
Nur Du allein
1.
Nur Du allein, Du schautest wie ich litt,
Nur Du allein hast meiner Qual geglaubt,
Du schirmtest die Gedanken mir im Haupt –
Als Nacht mit Licht in meiner Seele stritt.
Nur Du allein, Du lieh'st mir Deine Hand,
Als ich einst kam, geschmähet und bedroht –
Als sich kein heimathlicher Heerd mir bot,
Als ich allein auf weiter Erde stand ...
Nur Du allein, Du hast mich nie betrübt,
Seit Du erschaut, wie ich so tiefverarmt –
Nur Du allein hast Dich einst mein erbarmt,
Hast mich beschützt – und hast mich nie geliebt
2.
Sag' nicht, ich soll Dich meiden
Und nimmer sehn,
Wollt' ich Dich auch verlassen,
Wohin sollt' ich gehn? –
Du weißt es ja, ich habe
Keine Heimath dann –
Kein Glück – und keine Stätte,
Wo ich ruhen kann …
Ada Christen
Allein!
Einsam stand ich auf den Bergen,
Wo der Falke kreischend flog,
Über schneebedecktem Gipfel
Seine stillen Kreise zog.
Einsam lag ich auf der Haide
Wenn die Sonne untersank,
Und der dürre glüh'nde Boden
Gierig feuchte Nebel trank.
Einsam saß ich oft am Meere,
Dessen alter Klaggesang
Bald wild-zornig, bald süß-traurig,
Bald wie dumpfes Schluchzen klang.
Einsam irrt ich durch die Wälder,
Nur die Eul' am Felsenriff
War mein krächzender Gefährte
Und der Wind, der wimmernd pfiff.
Einsam litt ich – aber tröstend
War die hehre Einsamkeit –
Nicht allein trug ich mein Elend,
Die Natur verstand mein Leid!
Doch allein – so ganz alleine –
Abgrundtief von Euch entfernt,
Fand ich mich in Euren Sälen –
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