Trennung von einer Sächsin
Ich kann dir alles verzeihn.
Aber du mußt mir die Freiheit lassen,
Mich nicht mehr mit dir zu befassen.
Sächsische Quengelein,
Auch wenn man ihrer nur träumt,
Sind etwas, womit man die Zeit versäumt.
Du hast viel warmes Gemüt
Und lügst oft aus Höflichkeit.
Und auf diesem Boden blüht
Und gedeiht die Geschmacklosigkeit.
Ich weiß das genau. Denn ich bin
In Sachsen erwachsen. Das zu verschweigen
Oder deswegen mokant sich zu zeigen,
Hätte nicht – – oder nur sächsischen Sinn.
Ich kann deiner Falschheit nicht trauen.
Geh jetzt zur Ruh!
Blondhaarig mit schwarzen Brauen,
So schönes Mädchen du!
Aussichten sind unendlich weit.
Aber Sächsisch in dieser Zeit,
Eins, Neun, Zwo, Acht – – –
Gute Nacht.
Als sie dann traurig ging,
Ward mir so bang und kalt.
Gab ich ihr keinen Halt.
Armes Ding!
Joachim Ringelnatz
Trennung
Wink wink. Auf Wiedersehn!
Ausnand ist nicht Vergehn.
Wie Lokomotivenrauch
Wildweich zerstiebt —
Dereinst doch, noch, auch ohne Hauch,
Liebt sich, was wirklich sich liebt.
Jetzt ist es Nachmittag.
Horch! — Klingt's wie tote Lieder?
Klingt es wie Trauertrommelschlag?
Sonja ade! — Salü!
Ach! – Aber morgen wieder,
Morgen ist's wieder früh!
Täteretä! Kükeriküh!
Kurt Tucholsky
Aus!
Einmal müssen zwei auseinandergehn;
einmal will einer den andern nicht mehr verstehn ,
einmal gabelt sich jeder Weg – und jeder geht allein ,
wer ist daran schuld?
Es gibt keine Schuld. Es gibt nur den Ablauf der Zeit.
Solche Straßen schneiden sich in der Unendlichkeit.
Jeder trägt den andern mit sich herum –
etwas bleibt immer zurück.
Einmal hat es euch zusammengespült,
ihr habt euch erhitzt, seid zusammengeschmolzen, und dann erkühlt –
Ihr wart euer Kind. Jede Hälfte sinkt nun herab –:
ein neuer Mensch.
Jeder geht seinem kleinen Schicksal zu.
Leben ist Wandlung. Jedes Ich sucht ein Du.
Jeder sucht seine Zukunft. Und geht mit stockendem Fuß,
vorwärtsgerissen vom Willen, ohne Erklärung und Gruß
in ein fernes Land.
Rudolf G. Binding
Morgendliche Trennung
Dämmerung. Frühgrau. Es tropfen die Bäume.
Tief duftet die Welt von der Liebe der Nacht.
Noch schaust du mir nach von der Pforte des Gartens.
Doch da ich mich wende verschlingt dich das Grau.
O heimliche Morgen der wahrhaft Geliebten.
O tieferer Duft deiner Liebe in mir.
Ich gehe dahin so leicht wie ein Seliger.
Mein Atem ist süß und mein Auge ist weit.
Schon schweben die Adler besonnt in der Reine:
So ende denn Nacht! so beginne denn Tag!
Ich will deine Liebe dem Morgen zutragen
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