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2013-08-24

Bei einem beinah alten Mann- Gedichte zum Thema Mann 10



Teil 10



Wilhelm Busch

Das Bild des Mann's in nackter Jugendkraft

 Das Bild des Mann's in nackter Jugendkraft,
So stolz in Ruhe und bewegt so edel,
Wohl ist's ein Anblick, der Bewundrung schafft;
Drum Licht herbei! Und merke dir's, o Schädel!

Jedoch ein Weib, ein unverhülltes Weib –
Da wird dir's doch ganz anders, alter Junge.
Bewundrung zieht sich durch den ganzen Leib
Und greift mit Wonneschreck an Herz und Lunge

Und plötzlich jagt das losgelassne Blut
Durch alle Gassen, wie die Feuerreiter.
Der ganze Kerl ist eine helle Glut;
Er sieht nichts mehr und tappt nur noch so weiter.
Otto Julius Bierbaum

Bei einem beinah alten Mann

 Bei einem beinah alten Mann
Meldete sich klein Amor an
(Ein Mädchen wars in einer Hosenrolle).
Der Überraschte fragte, was er wolle.
»Dich prüfen will ich,« sprach das liebe Ding
(Halb Gassenbub, halb Schmetterling),
»Ob du noch brennen kannst« und küßt ihn so,
Das augenblicks er Feuer fing.
Darüber war der Mann natürlich froh.
Denn allzulange war er wie ein Besen,
Zwar dürr, doch ohne Glut gewesen.
Wie aber dann der Kleine wieder ging,
Da trat herein zur Türe groß
Madam Vernunft, setzt schwer sich auf den Schoß
Noch warm von Amors Hinterteilchen
Und sprach: Herr Lichterloh, glaubt nicht dem Mädel,
Das jetzt zu Euch in Amors Maske kam
Und augenblicks Besitz von Euerm Schädel,
Von Euerm Torenschädel nahm,
Denn es vertrieb sich bloß ein Langeweilchen.
Da bot der Mann Madam Vernunft den Arm
Und führte sie zur Tür und sprach: Au revoir,
Ihr sprecht wahrscheinlich wie gewöhnlich wahr,
Doch allzukühle, und ich bin von Herzen
Froh, daß mir endlich wieder einmal warm
Zumute ist. Der Liebe helle Kerzen
Lösch ich nicht aus. Wer weiß, wie bald ein Wind
Sie niederweht und ich im Finstern träume
Von hellen Kerzen, die erloschen sind.
Paul Scheerbart

Der große Mann und der Schlaukopp oder
Der gegenseitige Kultus

 »Mein Freund, Du bist der größte Mann!
Es zweifelt keine Seele dran!
Ich lese jedes Wort von Dir.
Die Andern liefern nur Geschmier
Du bist der Einz'ge, der was kann!
O glaub's, Du bist der größte Mann!
Was Andre reden, ist nur Quatsch.
Drum reich mir freundlich Deine Patsch!
Wir gründen einen Männerbund
Und hauen los auf jeden Schund!
Damit man endlich doch mal seh,
Worin die wahre Kunst besteh!
Und will einmal ein Schweinehund
Verhöhnen unsern Männerbund,
So kommen wir mit Knüppeln an
Und zeigen, was ein Mann noch kann.
Vor uns muß Jeder tief sich bücken
Und dabei weg sein vor Entzücken!«
So sang voll Hohn ein Bösewicht
Dem Freunde Süßes ins Gesicht.
Und dieser Gute merkte nicht,
Wie leicht das Süße an Gewicht.
»Der größte Mann«, rief er voll Stolz,
»Der sei jetzt länger nicht von Holz!«
Und er begann vergnügt zu zechen
Und mußte schrecklich dabei blechen.
Der Bösewicht, der freut sich drob,
Er wird beim zwölften Glase grob.
Jedoch der größte Mann vergisst,
Daß ihm sein Freund oft lästig ist.
Er freut sich seines großen Ruhms,
Gedenkt nicht seines Eigentums.
Bald ist sein Hab und Gut verschwendet.
Der Bösewicht sich von ihm wendet.
Denn große Männer ohne Geld
Sind doch das Schlimmste in der Welt.
So geht's dem Dummen, der gemütlich
Des Freundes Lob hält für sehr gütlich!
Der Schmeichler ist ein Bösewicht –
Oh, kluger Mensch, vergiß das nicht!
Auch arme Menschen sollen lächeln,
Wenn sie ein Schmeichler will umfächeln.
Verrate deine Größe nie!

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