> Gedichte und Zitate für alle: Das Thema Wald im Spiegel deutscher Gedichte 12

2013-08-02

Das Thema Wald im Spiegel deutscher Gedichte 12





Louise Otto

Wie ist der Wald zur heil'gen Feier
Des Frühlings festlich neu geschmückt,
Und grüßt ihn rauschend als Befreier,
Den Siegeskranz aufs Haupt gedrückt.

Als sei ein Zauber ausgegossen
Herabgeströmt vom Himmelszelt!
So, duft- und gold- und glanzumflossen
Erscheint die neu verjüngte Welt!

Und schön gesellt solch neues Werden
Zur Blumenpracht den Blütenbaum,
Und Lerch' und Nachtigall Gefährten
Und Tag und Nacht ein Wonnetraum!

All überall ein reiches Leben,
Ein Jubelfest in Wald und Flur,
Die schönste Form, das kühnste Streben
Umfließt ein sonniger Azur.

All überall Verklärungsschimmer
Auf jeder Höh', in jedem Thal,
Im Mondenlicht, im Sterngeflimmer
So wie im goldnen Sonnenstrahl.

In diese Wonneflut zu tauchen,
Zu trinken Duft und Maienthau –
Der Seele Sehnen auszuhauchen
In diese Lüfte süß und lau. –

Kann mehr ein Sterblicher begehren
Als so in Mailust zu vergehn? –
Der herrlichen Natur zu Ehren
In Blüten wieder zu erstehn!
Adolf Friedrich von Schack

Wald, der oftmals mein Gelächter
In der Freunde Kreis vernahm,
Zeuge meiner frohen Träume!
Düster schütteln deine Bäume
Nun ihr Haupt, wie Totenwächter,
Ueber mir und meinem Gram!

Lust'ge Bücher, einst gelesen
In der alten muntern Zeit,
Wag' ich nun, euch aufzuschlagen;
Ach! nur von vergangnen Tagen,
Nur von dem, was ich gewesen,
Sprecht ihr mir in dumpfem Leid!

Saal, wo wir uns einst versammelt,
Oede stehst du nun und leer!
Nie mehr fliegt in heitrer Stunde
Das Gespräch von Mund zu Munde,
Und nur eine Stimme stammelt
Schluchzend: Nimmer-, nimmermehr!
Friederike Kempner

Es grünen die Bäume des Waldes,
Es kündigt der Frühling sich an,
Hinweg mit dem frostigen Winter,
Der Frühling ist ein sanfter Mann!

Die langen goldnen Strahlen,
Sie sind wie ein langes Haar!
Die Veilchen im tiefen Grase
Sind blau, wie ein Augenpaar!
Heinrich Seidel

Waldeinsamkeit

Es steht der Wald im Mittagsduft
In blassem Dunst die fernen Gipfel,
Und trinkend still die Sonnenluft
Rührt sich kein Blatt im Meer der Wipfel.
In Sommermittagsgluth verlor'n
Liegt Wald und Feld im Bann der Schwüle,
Da ruht sich's gut, wo Quell und Born
Hinrieselt durch die Schattenkühle.

Hast du gehört in solcher Zeit
Wie Harfenton ein fernes Klingen?
Hin schwebt es durch die Einsamkeit
Durchschwimmt die Luft auf Bienenschwingen.
Du weisst es nicht, woher es kam,
Noch was es holdes mag verkünden
Von einem Märchen wundersam,
Das heimlich blüht in Waldesgründen.

Im tiefen Wald, wo nur allein
Der Häher schreit, die Spechte klopfen,
Da rinnt ein Quell aus Feldgestein,
Aus feuchtem Moos die Wasser tropfen.
Es rinnt und quillt und fliesst gemach
Von einer Schale zu der andern,
Derweil durch's dichte Blätterdach
Die Sonnenlichter tanzend wandern.

Sahst du am Quell das schlanke Weib
Von holder Schönheit Glanz umflossen?
Sahst du den schimmernd schönen Leib
Von sel'ger Ruhe ganz durchgossen?
Zuweilen rührt mit weisser Hand
Wie träumend sie die goldnen Saiten –
Es leuchtet warm die Felsenwand –
Es rinnt der Quell, die Wasser gleiten.

O süßes Bild der Einsamkeit
Du selig Weib im Felsengrunde,
Wer dich geschaut, trägt alle Zeit
Im Herzen still die holde Kunde.
O selig, wer aus Schall und Rauch
Dich Holde, Reine hat gefunden,
Und wer, in deinem frischen Hauch
Die Seele badend, darf gesunden!

Keine Kommentare: