Mein Wald, mein Leben
Ich sah den Wald im Sonnenglanz,
vom Abendrot beleuchtet,
belebt von düstrer Nebel Tanz,
vom Morgentau befeuchtet;
stets blieb er ernst, stets blieb er schön,
und stets musst’ ich ihn lieben.
Die Freud’ an ihm bleibt mir besteh’n,
die andern all zerstieben.
Ich sah den Wald im Sturmgebraus,
vom Winter tief umnachtet,
die Tannen sein in wirrem Graus
vom Nord dahingeschlachtet;
und lieben musst’ ich ihn noch mehr,
ihn meiden könnt’ ich nimmer.
Schön ist er, düsterschön und hehr,
und Heimat bleibt er immer.
Ich sah mit hellen Augen ihn,
und auch mit tränenvollen;
bald hob er meinen frohen Sinn,
bald sänftigt’ er mein Grollen.
In Sommersglut, in Winterfrost, -
konnt’ er mir mehr nicht geben, -
so gab er meinem Herzen Trost;
und drum: Mein Wald, mein Leben!
Hugo Salus
Sehnsucht nach dem Wald
Herbst liegt seit Tagen mir schwer in den Gliedern.
Wenn auch die Sonne noch niederlacht,
Fehlt mir der Mut, ihren Gruß zu erwidern,
Weil meine Herbstangst mich traurig macht.
Heuer mein Sommer war Waldesdunkel,
Freundlich als Bruder mich grüßender Wald,
Der durch sein schönstes Blättergefunkel
Meine zärtliche Liebe vergalt.
Hier in der Stadt treibt mein Waldgedenken,
Zwingt mich des drohenden Herbstes Weh,
Immer wieder die Schritte zu lenken
In den Vorstadtwald, in die Allee ...
Herbstblätter flattern schon müde nieder.
Waldtraum, Allee, ist in dir wie in mir.
Gönnt mir den Wald der Himmel wieder,
Bring' ich ihm Brudergrüße von dir!
Maria Luise Weissmann
Wald
Die Toten meiner Jahrtausende
Sind auferstanden. Meiner Väter Blick
Ging über mich, es wandelte
Leicht die Nähe der Erwachenden.
Im Abend aber entschliefen sie
Plötzlich; aus ihren Augenhöhlen
Brachen Blumen, ihres Atems Stille griff
Nach meinem Herzen, eine blaue Hand.
Arno Holz
Noch stellt der Wald sich taub und tot,
Noch blühen die Primeln nicht,
Doch schlägt mein Herz schon so roth, so rot,
Und meine Seele jauchzt: Licht!
Ja Licht, ja Licht, bis das Eis zerstiebt
Und die Welt in Blüthen versinkt
Und mein rothrothes Herzblut verliebt, verliebt
Die Sonne, die Sonne trinkt!
Klabund
Gang durch den herbstlichen Wald
Es kommt der Herbst. Die Luft saust kalt.
Kein lieber Gott geht durch den Wald.
Ein alter Mann von siebenzig
Sucht Feuerung für den Winter sich.
Auch unser Herz ist ausgeloht
Und etwas Feuerung täte not.
Wie runzlig blickt das ganze Land
Und riecht nach Fäulnis penetrant.
Im Sand verrinnen allgemach
Der Wittels- und der Fechenbach.
Im Moor, dort, wo man stach den Torf,
Verfällt das alte Ludendorff.
Mit Halali und mit Geheil
Nimmt an der Ebertjagd man teil.
Wer jetzt nicht liebt Sang, Weib und Wein –
Fest steht und treu der Schacht am Rhein.
Man leert die Hosentaschen aus.
Kein Rentenpfennig drin, o Graus.
Versuchs und stell' dich auf den Kopf:
Ach, kein Gedanke drin, du Tropf!
Verdreckt, verreckt, verhurt, verlumpt
– Wer, der uns noch 'nen Taler pumpt?
Es bringt der allgemeine Dalles
Noch Deutschland, Deutschland unter alles.
Du kleines Köhlermädchen, sei
Im Moose meine Herbstesfei.
Der Regen rinnt. Es weint der Wind,
Weil wir so schrecklich einsam sind.
Es kommt der Herbst. Die Luft saust kalt.
Ein Schauer streicht durch Welt und Wald.
Gib mir den Mund. Komm zu mir her.
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