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2013-08-02

Gottfried Keller-Gedichte zum Thema Wald 11





Gottfried Keller 

Waldlied

Arm in Arm und Kron’ an Krone steht der Eichenwald verschlungen,
heut hat er bei guter Laune mir sein altes Lied gesungen.
Fern am Rande fing ein junges Bäumchen an sich sacht zu wiegen,
und dann ging es immer weiter an ein Sausen, an ein Biegen;
kam es her im mächt’gem Zuge, schwoll es an zu breiten Wogen,
hoch sich durch die Wipfel wälzend kam die Sturmesflut gezogen.

Und nun sang und pfif es graulich in den Kronen, in den Lüften,
und dazwischen knarrt und dröhnt es unten in den Wurzelgrüften.
Manchmal schwang die höchste Eiche gellend ihren Schaft alleine
donnernder erscholl nur immer drauf der Chor vom ganzen Haine!
Einer wilden Meeresbrandung hat das schöne Spiel geglichen;
alles Laub war, weißlich schimmernd, nach Nordosten hin gestrichen.

Also streicht die alte Geige Pan, der Alte, laut und leise,
unterrichtend seine Wälder in der alten Weltenweise.
In den sieben Tönen schweift er unerschöpflich auf und nieder,
in den sieben alten Tönen, die umfassen alle Lieder.
Und es lauschen still die jungen Dichter und die jungen Finken,
kauernd in den dunklen Büschen sie die Melodien trinken.
Gottfried Keller

 Im Herbst, wenn sich der Wald entlaubt,

 Im Herbst, wenn sich der Wald entlaubt,
Nachdenklich wird und schweigend,
Mit Reif bestreut sein dunkles Haupt,
Fromm sich dem Sturme neigend:

Da geht das Dichterjahr zu End,
Da wird mir ernst zu Mute,
Im Herbst nehm ich das Sakrament
In jungem Traubenblute.

Da bin ich stets beim Abendrot
Allein im Feld zu finden,
Da denk ich fleißig an den Tod
Und auch an meine Sünden!

Ich richte mir den Beichtstuhl ein
Auf ödem Heideplatze,
Der Mond, er muß mein Pfaffe sein
Mit seiner Silberglatze.

Und wenn er grämlich zögern will,
Der Last mich zu entheben,
Dann ruf ich: »Alter, schweige still!
Es ist mir schon vergeben!

Ich habe heimlich mit dem Tod
Ein Wörtlein schon gesprochen!«
Dann wird mein Pfaff vor Ärger rot
Und hat sich bald verkrochen.
Auguste Kurs

Nur eine Stunde im grünen Wald

Nur eine Stunde von Menschen fern,
nur eine einzige Stunde!
Statt der tönenden Worte des Waldes Schweigen,
statt des wirbelnden Tanzes der Elfen Reigen,
statt der leuchtenden Kerzen den Abendstern,
nur eine Stunde von Menschen fern!

Nur eine Stunde im grünen Wald,
nur eine einzige Stunde!
Auf dem schwellenden Moos umhaucht von Düften,
gekühlt von den reinen balsamischen Lüften,
wo von Ferne leise das Echo schallt,
nur eine Stunde im grünen Wald!

Nur eine Stunde im grünen Wald,
nur eine einzige Stunde!
Wo die Halme und Blüten sich flüsternd neigen,
wo die Vögel sich wiegen auf schwankenden Zweigen,
wo die Quelle rauscht aus dem Felsenspalt,
nur eine Stunde im grünen Wald!

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