Anna Ritter
Ein Vöglein singt im Wald
Ein Vöglein singt im Wald,
singt Lieb' und Leiden,
ich weine für mich hin -
Du willst ja scheiden.
Viel Rosen blühen rot -
ich pflücke keine,
brauch weder Schmuck noch Zier,
so ganz alleine.
Hab' dich so lieb gehabt
und willst doch wandern,
suchst nun dein Fröhlichkeit,
dein Glück bei Andern.
Rainer Maria Rilke
Du wacher Wald
Du wacher Wald, inmitten wehen Wintern ,
hast du ein Frühlingsfühlen dir erkühnt,
und leise lässest du dein Silber sintern,
damit ich seh, wie deine Sehnsucht grünt.
Und wie mich weiter deine Wege führen,
erkenn ich kein Wohin und kein Woher
und weiß: vor deinen Tiefen waren Türen-
und sind nicht mehr.
Rainer Maria Rilke
Lauschende Wolke über dem Wald
Lauschende Wolke über dem Wald.
Wie wir sie lieben lernten,
seit wir wissen wie wunderbald
sie als weckender Regen prallt
an die träumenden Ernten.
Leo Greiner
Der Wald
Ob ich, du Finstrer, einzutreten wage?
Wirst du nicht zürnen der Vermessenheit,
Daß ich den unruhvollen Funken Zeit
Unter das Dach des ewigen Schattens trage?
Wird nicht das Rauschen in verdorrtem Laub
Dich aus versteinerter Erhebung schrecken,
Wenn meine Füße deinen eigenen Staub,
Uralte Herbste, aus dem Schlafe wecken?
Du starrst gedächtnislos aus hohlen Kronen
Hinab auf deinen hundertfachen Tod
Und schauderst nicht, und deine Wipfel wohnen
Der Erde fern im kalten Abendrot.
Ich aber bin der Mensch, des Todes Raub,
Bin Zeit und Glut, bin Schmerz und wilde Blüten!
In dunkler Brust den Funken will ich hüten,
Sonst brächst du brennend hinter mir in Staub.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen