Sonnenwende
Nun die Sonne soll vollenden
Ihre längste, schönste Bahn,
Wie sie zögert, sich zu wenden
Nach dem stillen Ozean!
Ihrer Göttin Jugendneige
Fühlt die ahnende Natur,
Und mir dünkt, bedeutsam schweige
Rings die abendliche Flur.
Nur die Wachtel, die sonst immer
Frühe schmälend weckt den Tag,
Schlägt dem überwachten Schimmer
Jetzt noch einen Weckeschlag;
Und die Lerche steigt im Singen
Hochauf aus dem duft'gen Tal,
Einen Blick noch zu erschwingen
In den schon versunknen Strahl.
Franz Grillparzer
An die Sonne
Sonne, göttliches Licht! Schaffende, nährende
Himmelstochter! Du spendest uns
Wonne, Segen und Lust, Früchte den lockenden
Fluren, zeugest den Traubensaft.
Kaum entfaltet der Tag jugendlich heiter sich,
Sieh! Da singet ein Vögelchor
Hymnen, Schöpferin dir, alles belebendes,
Alles stärkendes Götterkind.
Sieh! Da glänzt das Gebüsch, Felder und duftende
Haine blitzend von kühlem Tau,
Der die Gewächse erfrischt, nähret, und stärkere
Wohlgerüche zum Himmel schickt.
Du verscheuchest den Schlaf, der mit allmächtigen
Schwingen jeglichen Menschen deckt,
Der im quälenden Traum foltert den Erdensohn,
Den du gütig der Qual entreißt.
Dankbar gegen die Huld deiner erquickenden
Güte, zollet der Afrer dir
Weihrauch, dankbar ertönt starrender Lappen Lied
Auf den eisigten Ebenen.
O dein strahlendes Haupt gibt mir ein Wonnegefühl!
Macht den Schöpfer mich ahnden. Da
Stürz ich nieder vor dir, bete die gütige
Allmacht hocherfreut, innig an.


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