Sturmflut
Gleichwie des Meeres Wogen dann und wann,
Den Damm zerreißend, mächtig überfluten
Erscheinen jedem Menschen auch Minuten
Wo er sein Elend nicht verschweigen kann.
Sich selber überstürzend, naht es dann,
Aufwachen Qualen, die nur scheintot ruhten,
Vernarbte Wunden fangen an zu bluten,
Und es zerbricht des Schweigens starrer Bann.
Und wie das Meer, gepeitscht, der Stürme Spiel,
Aufrast und tobt und um Erlösung schreit,
So gellt der Mensch sein namenloses Leid
Hinaus zur Welt, wenn nur der Bann erst fiel.
Und rast und tobt und eher schweigt er nicht,
Als bis er todesmatt zusammenbricht.
Karl Henckell
Sturm
Lang schon lag auf der Lauer,
Leise sausend,
Heimlicher Sturm.
Plötzlich näher und näher brausend
Überfällt er die Welt.
Frühlingsschauer
Bringt er dem atemschöpfenden Land.
Sturm!
Was in verzehrender
Sehnsucht harrte,
Schier begraben in schweigender Qual,
Was die luftspiegelnde
Hoffnung narrte,
Mit einem Mal
Hebt es die Häupter.
Und aus der lähmenden Stille
Endlich gebrochenem Bann
Schwillt des Lebens erlösender Wille
Wieder höher
Und höher an.
Denn nur Hörige dulden gelassen,
Was des Rechtes Würde verhöhnt,
Freiheitliebende Menschen hassen,
Was mit Unbill
Die Unbill krönt.
Seht, ein Sturm
Ist langsam gekommen,
Jetzo bläst er gewaltig ins Horn!
Wer hinhorchte,
Hat längst ihn vernommen ,
Städte erschüttert,
Länder reinigt sein herrlicher Zorn.
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