> Gedichte und Zitate für alle: Ringelnatz, George und Greiner- Gedichte zum Regen (15)

2013-09-12

Ringelnatz, George und Greiner- Gedichte zum Regen (15)






 Leo Greiner

Regenabend

Wenn kalt der Regen um die Fenster stiebt,
Der Nebel wankend übern Berg gefunden,
Der Sumpf die Schatten meiner Wiesen trübt,
Spür' ich: in diesen grau-verschlafnen Stunden
Nimmt vieles Abschied, das ich sehr geliebt,
Ich kann die Wanderstimmen nicht erkennen,
Die dunkle Worte rufen über Feld,
Das Sterben nicht mit Namen nennen,
Das jetzt verhüllt durchwandert meine Welt.
Ich weiß nur: irgendwo im Sternenschein
Neigt ein geliebtes Haupt sich dunkler Sünde,
Ein Herz wird kalt, ein Baum verlischt im Winde,
In einem Becher welkt der kühle Wein,
Und alles geht und winkt und schwindet fern,
Im Grau verrieselt auch der letzte Stern.
Stefan George

Regenlandschaft

Der regen · dunkel · der mond in verdichteten wolken
Ertränkt die elektrischen augen im kühlen bad –
Schlaf-wandelnden jungfrauen gleich in wehenden hemden
Irrt luftiger nebel auf nasser hügel pfad.

Ein haus steht geheimnisvoll am fuss eines hügels
Ohne schutz ohne klang ohne licht ohne lied ·
Die läden sanken herab auf seine fenster
Wie auf ein träumendes auge das müde lid.

Der regen weint gleich der reifen frauenseele ·
Ist ihre heliotropische liebe vorbei –
Die ganze welt ist bedeckt mit feuchtender schwüle ·
Wird finster und ruht nach abgebrochenem schrei.

Ein wesen sonderbar gehüllt ganz in schleier
Pocht heimlich wie eine maus an dem schweigenden haus
Und wartet · pocht wieder und wartet gekauert
Und giesst sich · ein trüber fleck · in die dämmerung aus.
Joachim Ringelnatz

REGENSCHAUER

Der erste dicke Tropfen schlug —
Es war wie Blut — mir auf die Hand.
Da ich den Himmel und das Laub verstand,
Schien nur das Publikum mir wie Betrug.

Ein Tropfenwitz traf meinen Wein.
Das Publikum mit fetten Torten
Floh unter neckisch dünnen Worten
Vom Garten in das Haus hinein.
Ich Dummplikum blieb ganz allein.

Erst als der Kellner mir das Tischtuch kündigte,
Bemerkte ich, wo falsch, wo echt ich sündigte,
Ging auch ins Haus und übersann vergnügt:

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