> Gedichte und Zitate für alle: An die Natur- Naturgedichte von L.Bechstein und G. Weerth (7)

2013-10-26

An die Natur- Naturgedichte von L.Bechstein und G. Weerth (7)







Georg Weerth

Die Natur

 Natur, mit deinen strahlenden Kolossen,
Die du die Ewigkeit zur Dauer nahmst:
Nur zur Vollendung bist du erst ersprossen,
Seit du im Menschen zum Bewußtsein kamst,
Im Menschen nur, des stürmende Gedanken
Der Freiheit wunderbarstes Gut geraubt,
Der auf den Trümmern jetzt von Trug und Schranken,
Sein eigner Gott, an dich, an sich nur glaubt.

Wohl mag sein Auge keck den Himmel fragen,
Wenn Sonn an Sonne wirbelnd sich bewegt:
»Ihr andern Welten, habt ihr je getragen
Ein solches Kleinod, wie die Erde trägt?
Trugt Menschen ihr, die trotz der grausen Zweifel,
Die wild zersplittert ihre beste Kraft,
Doch stets zum Kampfe mit dem alten Teufel,
Dem Wahne, kühn zusammen sich gerafft?

Und die gesiegt!« – Wohlan, Sieg und Triumphe
Laßt schmettern eurer Krieger vollsten Chor!
Es trug der Mensch aus tausendjähr'gem Sumpfe
Die Freiheit jubelnd an das Licht empor.
Was frühe Völker ahnend vorempfunden,
Er freut sich dessen in bacchant'scher Lust;
Er hat den größten Riesen überwunden,
Vertilgt den Zweifel seiner eignen Brust!

Der einst dem Feuer seine Kniee beugte,
Der Hekatomben opfernd niederschlug,
Der einen Gott auf Sinai erzeugte –
Triumph! – der hat jetzt an sich selbst genug!
Und wie der Kranich liebt die Wolkenbahnen,
Und wie der Löwe liebt der Wüste Spur:
So liebt der Mensch die Fluren seiner Ahnen
Und weilt entzückt auf seiner Erde nur.

Ob Millionen wandeln auch im Dunkeln –
Das Jahr entrollt! – Es leuchtet sonder Wahl
Der Stern der neuen Zeit, hell wird er funkeln
Auch ihren Seelen mit gewalt'gem Strahl.
Die Priester dieser Tage fordern Knechte
Und Sklaven nicht – sie fordern laut und frei,
Daß jeder, treu dem angestammten Rechte,
Hinfort ein Mensch mit freien Menschen sei.
Ludwig Bechstein

An die Natur

Dir, heilige Natur, dir soll mein Loblied schallen, 
Das ich dem Sängerchor des Haines abgelauscht. 
Anbetend tret' ich ein in deine Tempelhallen, 
Vom Blüthenduft umweht, von Waldesgrün umrauscht.

Wie feierlich und schön! Es weht durch alle Räume 
Der Lieder süßer Klang, der Quellen Murmellaut! 
Und hebt so hoch die Brust, als rauschten Edens Bäume 
Vom Sonnenstrahl beglänzt und perlenüberthaut.

Schon vor Jahrtausenden sang auf dem Purpurthrone 
Ein königlicher Held von deiner Herrlichkeit. 
Die goldne Harfe klingt, und von Isais Sohne 
Wird ein unsterblich Lied dir, o Natur, geweiht.

Und Lieder sind dir schon zu Tausenden erklungen, 
Die Kindlein singen dir, dich rühmen Mann und Greis. 
Wer hätte je zuviel von deiner Pracht gesungen? 
Wer hätte sich erschöpft, Natur, in deinem Preis?

Der Mutter bist du gleich, die Kinder lieb umfangen, 
Die brünstig an die Brust den trauten Liebling drückt; 
Der Mutter Segenskuß färbt höher ihre Wangen, 
Und durch ihr Lächeln sind die Fröhlichen beglückt.

Dein frommer Segen gilt den Menschenkindern allen; 
Wenn dein Erwachen ruft zum Jubel Flur und Hain, 
Muß jedes Herz erfüllt mit reinem Wohlgefallen,
Muß jede Brust durchglüht von Himmelsahnung sein.

Der Frühling schmückt sich dir mit maiengrünen Lauben, 
Der heiße Sommer reift, was in der Blüthe lag, 
Dir bringt der reiche Herbst die Fülle süßer Trauben, 
Der Winter aber ist dem stiller Feiertag.

Wer nicht in dir den Geist, der alle Räume füllet, 
In tiefer Brust gefühlt, ihn andachtvoll genannt. 
Wem der Allliebende sich nicht in dir enthüllet, 
Der sage frevelnd nie: ich habe Gott erkannt.

Herbei ihr Trauernden, die schmerzliches Entsagen, 
Die stiller Kummer drückt, die bittre Täuschung preßt, 
Im Schooße der Natur verstummen eure Klagen, 
Ihr weint euch aus, und dann vergebt ihr, und vergeßt.

Wer dir, ja dir Natur, sein ganzes Sein ergeben, 
Der fühlt das herbe Weh der armen Erde kaum; 
Du lebst in ihm, er lebt in dir ein sel'ges Leben, 
Und diese Seligkeit ist mehr als flüchtger Traum.

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