Der erste Schnee
Herbstsonnenschein. Des Winters Näh'
Verrät ein Flockenpaar;
Es gleicht das erste Flöckchen Schnee
Dem ersten weißen Haar.
Noch wird - wie wohl von lieber Hand
Der erste Schnee dem Haupt -
So auch der erste Schnee dem Land
Vom Sonnenstrahl geraubt.
Doch habet Acht! mit einem Mal
Ist Haupt und Erde weiß,
Und Liebeshand und Sonnenstrahl
Sich nicht zu helfen weiß.
Hermann von Lingg
Erster Schnee und Abendschimmer
Blinkten durch die Fenster ein,
Zum Klavier erklang durchs Zimmer
Deine Stimme voll und rein.
So, so war's, in solchen Stunden
Hat der Liebe Frühlingskeim
Unsre Herzen aufgefunden,
Ganz verborgen, ganz geheim.
Durch die Stube dämmert wieder
Schneelichthelle Winterruh',
Jene Saiten klingen wieder,
Nimmer, ach, dein Lied dazu.
Jeder Ton ruft alle Schwingen
Meiner tiefsten Sehnsucht wach.
Ach, dein allerliebstes Singen
Geht mir ewig, ewig nach!
Otto Erich Hartleben
Schneeschmelze
Nun muß der Schnee vom Haupt der Berge steigen:
die Sonne gibt ihm länger keine Ruh.
Sie will dir ihre neuen Wunder zeigen
den Blütenschnee, verstreut auf allen Zweigen —
das Haupt vor solcher frohen Fülle neigen
muß nun auch du.
Schon dampft es von den Höhn zu höchsten Hallen:
ein Zauber überwebt das tiefe Blau.
Es formt sich überm See zu Riesenballen,
nicht lange mehr, da hörst du Donner schallen
und Segensströme auf den Frühling fallen
aus Wolkengrau.
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