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2014-05-27

T.Fontane- Gedichte: Eine Linde (39)




Eine Linde

Sieh, im Winde hebt den Wipfel
Ein gebeugter Lindenbaum,
Fast als such' er mit dem Gipfel
Wieder freien Himmelsraum.

Doch vergeblich ist sein Ringen;
In den dunklen Gassen - ach,
Glückt's ihm kaum hinaufzudringen
Zu der Häuser hohem Dach.

Und er hat's auch aufgegeben
Und geschüttelt schmerzlich still.
Wie wenn einer nichts vom Leben
Weiter als noch sterben will.

Jährlich, wenn der Lenz erschienen,
Doch erst spät, im Monat Mai,
Zeigte seiner Zweige Grünen,
Das er noch am Leben sei.

Aber Blüten hat, seit Jahren
Schon, der Lenz ihm nicht erzeugt;
Spott nur ist ihm widerfahren,
Der ihn mehr und mehr gebeugt.

Weil das Licht der Sonn' und Sterne
Ihn so kümmerlich bescheint,
Hat man einer Gaslaterne
Licht dem ihren noch vereint.

Und statt Nachtigallenlieder
Bot man ihm ein Liedchen an.
Das, die Straßen auf und nieder.
Spielt der Leierkastenmann.

Winters auch um seine Rinde
Legt man Stroh und warmen Mist,
Wie zum Weihnachtsangebinde; -
Das der Baum nicht glücklich ist.

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