> Gedichte und Zitate für alle: Eckermann: Gespräche mit Goethe: 1.Teil: 21.01.- 29.01.1827 (25)

2014-11-19

Eckermann: Gespräche mit Goethe: 1.Teil: 21.01.- 29.01.1827 (25)




Sonntag abend, den 2 1. [?] Januar 1827


Ich ging diesen Abend halb achte zu Goethe und blieb ein Stündchen bei ihm. Er zeigte mir einen Band neuer französischer Gedichte der Demoiselle Gay und sprach darüber mit großem Lobe. »Die Franzosen«, sagte er, »machen sich heraus, und es ist der Mühe wert, daß man sich nach ihnen umsieht. Ich bin mit Fleiß darüber her, mir von dem Stande der neuesten französischen Literatur einen Begriff zu machen und, wenn es glückt, mich auch darüber auszusprechen. Es ist mir höchst interessant, zu sehen, daß diejenigen Elemente bei ihnen erst anfangen zu wirken, die bei uns längst durchgegangen sind. Das mittlere Talent ist freilich immer in der Zeit befangen und muß sich aus denjenigen Elementen nähren, die in ihr liegen. Es ist bei ihnen bis auf die neueste Frömmigkeit alles dasselbige wie bei uns, nur daß es bei ihnen ein wenig galanter und geistreicher zum Vorschein kommt.«


»Was sagen aber Eure Exzellenz zu Beranger und dem Verfasser der Stücke der Clara Gazul?«


»Diese nehme ich aus,« sagte Goethe, »das sind große Talente, die ein Fundament in sich selber haben und sich von der Gesinnungsweise des Tages frei erhalten.« - »Dieses zuhören, ist mir sehr lieb,« sagte ich, »denn ich hatte über diese beiden ungefähr dieselbige Empfindung.«


Das Gespräch wendete sich von der französischen Literatur auf die deutsche. »Da will ich Ihnen doch etwas zeigen,«sagte Goethe, »das für Sie Interesse haben wird. Reichen Sie mir doch einen der beiden Bände, die vor Ihnen liegen. Solger ist Ihnen bekannt?« - »Allerdings,« sagte ich; »ich habe ihn sogar lieb. Ich besitze seine Übersetzung des Sophokles, und sowohl diese als die Vorrede dazu gaben mir längst von ihm eine hohe Meinung.« - »Sie wissen, er ist vor mehreren Jahren gestorben,« sagte Goethe, »und man hat jetzt eine Sammlung seiner nachgelassenen Schriften und Briefe herausgegeben. In seinen philosophischen Untersuchungen, die er in der Form der Platonischen Dialoge gibt, ist er nicht so glücklich; aber seine Briefe sind vortrefflich. In einem derselben schreibt er an Tieck über die "Wahlverwandtschaften", und diesen muß ich Ihnen vorlesen, denn es ist nicht leicht etwas Besseres über jenen Roman gesagt worden.«


Goethe las mir die treffliche Abhandlung vor, und wir besprachen sie punktweise, indem wir die von einem großen Charakter zeugenden Ansichten und die Konsequenz seiner Ableitungen und Folgerungen bewunderten. Obgleich Solger zugestand, daß das Faktum in den "Wahlverwandtschaften" aus der Natur aller Charaktere hervorgehe, so tadelte er doch den Charakter des Eduard.


»Ich kann ihm nicht verdenken,« sagte Goethe, »daß er den Eduard nicht leiden mag, ich mag ihn selber nicht leiden, aber ich mußte ihn so machen, um das Faktum hervorzubringen. Er hat übrigens viele Wahrheit, denn man findet in den höheren Ständen Leute genug, bei denen ganz wie bei ihm der Eigensinn an die Stelle des Charakters tritt.«


Hoch vor allen stellte Solger den Architekten, denn wenn alle übrigen Personen des Romans sich liebend und schwach zeigten, so sei er der einzige, der sich stark und frei erhalte. Und eben das Schöne an seiner Natur sei nicht sowohl dieses, daß er in die Verirrungen der übrigen Charaktere nicht hineingerate, sondern daß der Dichter ihn so groß gemacht, daß er nicht hineingeraten könne.


Wir freuten uns über dieses Wort. »Das ist freilich sehr schön«, sagte Goethe. - »Ich habe«, sagte ich, »den Charakter des Architekten auch immer sehr bedeutend und liebenswürdig gefunden, allein daß er eben deswegen so vortrefflich sei, daß er vermöge seiner Natur in jene Verwickelungen der Liebe nicht hineingeraten könne, daran habe ich freilich nicht gedacht.« - »Wundern Sie sich darüber nicht,« sagte Goethe,»denn ich habe selber nicht daran gedacht, als ich ihn machte. Aber Solger hat recht, es liegt allerdings in ihm.


Dieser Aufsatz«, fuhr Goethe fort, »ist schon im Jahre 1809 geschrieben, und es hätte mich damals freuen können, ein so gutes Wort über die "Wahlverwandtschaften" zu hören, während man in jener Zeit und später mir eben nicht viel Angenehmes über jenen Roman erzeigte.


Solger hat, wie ich aus diesen Briefen sehe, viel Liebe zu mir gehabt; er beklagt sich in einem derselben, daß ich ihm auf den "Sophokles", den er mir zugesendet, nicht einmal geantwortet. Lieber Gott - aber wie das bei mir geht! Es ist nicht zu verwundern. Ich habe große Herren gekannt, denen man viel zusendete. Diese machten sich gewisse Formulare und Redensarten, womit sie jedes erwiderten, und so schrieben sie Briefe zu Hunderten, die sich alle gleich und alle Phrase waren. In mir aber lag dieses nie. Wenn ich nicht jemandem etwas Besonderes und Gehöriges sagen konnte, wie es in der jedesmaligen Sache lag, so schrieb ich lieber gar nicht. Oberflächliche Redensarten hielt ich für unwürdig, und so ist es denn gekommen, daß ich manchem wackern Manne, dem ich gerne geschrieben hätte, nicht antworten konnte. Sie sehen ja selbst, wie das bei mir geht und welche Zusendungen von allen Ecken und Enden täglich bei mir einlaufen, und müssen gestehen, daß dazu mehr als ein Menschenleben gehören würde, wenn man alles nur flüchtig erwidern wollte. Aber um Solger tut es mir leid; er ist gar zu vortrefflich und hätte vor vielen andern etwas Freundliches verdient.«


Ich brachte das Gespräch auf die Novelle, die ich nun zu Hause wiederholt gelesen und betrachtet hatte. »Der ganze Anfang«, sagte ich, »ist nichts als Exposition, aber es ist darin nichts vorgeführt als das Notwendige, und das Notwendige mit Anmut, so daß man nicht glaubt, es sei eines andern wegen da, sondern es wolle bloß für sich selber sein und für sich selber gelten.«


»Es ist mir lieb,« sagte Goethe, »wenn Sie dieses so finden. Doch eins muß ich noch tun. Nach den Gesetzen einer guten Exposition nämlich muß ich die Besitzer der Tiere schon vorne auftreten lassen. Wenn die Fürstin und der Oheim an der Bude vorbeireiten, müssen die Leute heraustreten und die Fürstin bitten, auch ihre Bude mit einem Besuch zu beglücken.«- »Gewiß,« sagte ich, »Sie haben recht; denn da alles übrige in der Exposition angedeutet ist, so müssen es auch diese Leute werden, und es liegt ganz in der Sache, da sie sich gewöhnlich an der Kasse aufhalten, daß sie die Fürstin nicht so unangefochten werden vorbeireiten lassen.« - »Sie sehen,«sagte Goethe, »daß man an einer solchen Arbeit, wenn sie auch schon im ganzen fertig daliegt, im einzelnen noch immerzu tun hat.«


Goethe erzählte mir sodann von einem Ausländer, der in dieser Zeit ihn hin und wieder besucht und davon gesprochen, wie er dieses und jenes von seinen Werken übersetzen wolle. »Er ist ein guter Mensch,« sagte Goethe, »doch in literarischer Hinsicht bezeigt er sich als ein wahrer Dilettant. Denn er kann noch kein Deutsch und spricht schon von Übersetzungen, die er machen, und von Porträten, die er ihnen will Vordrucken lassen. Das ist aber eben das Wesen der Dilettanten, daß sie die Schwierigkeiten nicht kennen, die in einer Sache liegen, und daß sie immer etwas unternehmen wollen, wozu sie keine Kräfte haben.«
Donnerstag abend, den 29. [25.] Januar 1827


Begleitet von dem Manuskript der Novelle und einer Ausgabe des Beranger ging ich gegen sieben Uhr zu Goethe. Ich fand Herrn Soret bei ihm in Gesprächen über die neue französische Literatur. Ich hörte mit Interesse zu, und es kam zur Sprache, daß die neuesten Talente hinsichtlich guter Verse sehr viel von Delille gelernt. Da Herrn Soret, als einem geborenen Genfer, das Deutsche nicht ganz geläufig war, Goethe aber im Französischen sich ziemlich bequem ausdrückt, so ging die Unterhaltung französisch, und nur an solchen Stellen deutsch, wo ich mich in das Gespräch mischte. Ich zog den Beranger aus der Tasche und überreichte ihn Goethe, der diese trefflichen Lieder von neuem zu lesen wünschte. Das den Gedichten vorstehende Porträt fand Herr Soret nicht ähnlich. Goethe freute sich, die zierliche Ausgabe in Händen zu halten.»Diese Lieder«, sagte er, »sind vollkommen und als das Beste in ihrer Art anzusehen, besonders wenn man sich das Gejodel des Refrains hinzudenkt, denn sonst sind sie als Lieder fast zu ernst, zu geistreich, zu epigrammatisch. Ich werde durch Beranger immer an den Horaz und Hafis erinnert, die beide auch über ihrer Zeit standen und die Sittenverderbnis spottend und spielend zur Sprache brachten. Beranger hat zu seiner Umgebung dieselbige Stellung. Weil er aber aus niederem Stande heraufgekommen, so ist ihm das Liederliche und Gemeine nicht allzu verhaßt, und er behandelt es noch mit einer gewissen Neigung.«


Viel Ähnliches ward noch über Beranger und andere neuern Franzosen hin und her gesprochen, bis Herr Soret an den Hof ging und ich mit Goethe alleine blieb.


Ein versiegeltes Paket lag auf dem Tisch. Goethe legte seine Hand darauf. »Was ist das?« sagte er. »Es ist die "Helena",die an Cotta zum Druck abgeht.« Ich empfand bei diesen Worten mehr, als ich sagen konnte, ich fühlte die Bedeutung des Augenblickes. Denn wie bei einem neuerbauten Schiff, das zuerst in die See geht und wovon man nicht weiß, welche Schicksale es erleben wird, so ist es auch mit dem Gedankenwerk eines großen Meisters, das zuerst in die Welt hinaustritt, um für viele Zeiten zu wirken und mannigfaltige Schicksale zu erzeugen und zu erleben.


»Ich habe«, sagte Goethe, »bis jetzt immer noch Kleinigkeiten daran zu tun und nachzuhelfen gefunden. Endlich aber muß es genug sein, und ich bin nun froh, daß es zur Post geht und ich mich mit befreiter Seele zu etwas anderem wenden kann. Es mag nun seine Schicksale erleben! Was mich tröstet, ist, daß die Kultur in Deutschland doch jetzt unglaublich hoch steht und man also nicht zu fürchten hat, daß eine solche Produktion lange unverstanden und ohne Wirkung bleiben werde.«


»Es steckt ein ganzes Altertum darin«, sagte ich. - »Ja,«sagte Goethe, »die Philologen werden daran zu tun finden.«- »Für den antiken Teil«, sagte ich, »fürchte ich nicht, denn es ist da das große Detail, die gründlichste Entfaltung des einzelnen, wo jedes geradezu das sagt, was es sagen soll. Allein der moderne, romantische Teil ist sehr schwer, denn eine halbe Weltgeschichte steckt dahinter; die Behandlung ist bei so großem Stoff nur andeutend und macht sehr große Ansprüche an den Leser.« - »Aber doch«, sagte Goethe, »ist alles sinnlich und wird, auf dem Theater gedacht, jedem gut in die Augen fallen. Und mehr habe ich nicht gewollt. Wenn es nur so ist, daß die Menge der Zuschauer Freude an der Erscheinung hat; dem Eingeweihten wird zugleich der höhere Sinn nicht entgehen, wie es ja auch bei der "Zauberflöte" und andern Dingen der Fall ist.«


»Es wird«, sagte ich, »auf der Bühne einen ungewohnten Eindruck machen, daß ein Stück als Tragödie anfängt und als Oper endigt. Doch es gehört etwas dazu, die Großheit dieser Personen darzustellen und die erhabenen Reden und Verse zu sprechen.« - »Der erste Teil«, sagte Goethe, »erfordert die ersten Künstler der Tragödie, sowie nachher im Teile der Oper die Rollen mit den ersten Sängern und Sängerinnen besetzt werden müssen. Die Rolle der Helena kann nicht von einer, sondern sie muß von zwei großen Künstlerinnen gespielt werden; denn es ist ein seltener Fall, daß eine Sängerin zugleich als tragische Künstlerin von hinlänglicher Bedeutung ist.«


»Das Ganze«, sagte ich, »wird zu großer Pracht und Mannigfaltigkeit in Dekorationen und Garderobe Anlaß geben, und ich kann nicht leugnen, ich freue mich darauf, es auf der Bühne zu sehen. Wenn nur ein recht großer Komponist sich daran machte!« - »Es müßte einer sein,« sagte Goethe, »der wie Meyerbeer lange in Italien gelebt hat, so daß er seine deutsche Natur mit der italienischen Art und Weise verbände. Doch das wird sich schon finden, und ich habe keinen Zweifel; ich freue mich nur, daß ich es los bin. Auf den Gedanken, daß der Chor nicht wieder in die Unterwelt hinab will, sondern auf der heiteren Oberfläche der Erde sich den Elementen zuwirft, tue ich mir wirklich etwas zugute.« - »Es ist eine neue Art von Unsterblichkeit«, sagte ich.»Nun,« fuhr Goethe fort, »wie steht es mit der Novelle?« -»Ich habe sie mitgebracht«, sagte ich. »Nachdem ich sie nochmals gelesen, finde ich, daß Eure Exzellenz die intendierte Änderung nicht machen dürfen. Es tut gar gute Wirkung, wenn die Leute beim getöteten Tiger zuerst als durchaus fremde neue Wesen mit ihren abweichenden wunderlichen Kleidungen und Manieren hervortreten und sich als Besitzer der Tiere ankündigen. Brächten Sie sie aber schon früher, in der Exposition, so würde diese Wirkung gänzlich geschwächt, ja vernichtet werden.«


»Sie haben recht,« sagte Goethe, »ich muß es lassen, wie es ist. Ohne Frage, Sie haben ganz recht. Es muß auch beim ersten Entwurf in mir gelegen haben, die Leute nicht früher zu bringen, eben weil ich sie ausgelassen. Diese intendierte Änderung war eine Forderung des Verstandes, und ich wäre dadurch bald zu einem Fehler verleitet worden. Es ist aber dieses ein merkwürdiger ästhetischer Fall, daß man von einer Regel abweichen muß, um keinen Fehler zu begehen.«


Es kam sodann zur Sprache, welchen Titel man der Novelle geben solle; wir taten manche Vorschläge, einige waren gut für den Anfang, andere für das Ende, doch fand sich keiner, der für das Ganze passend und also der rechte gewesen wäre.»Wissen Sie was,« sagte Goethe, »wir wollen es die "Novelle" nennen; denn was ist eine Novelle anders als eine sich ereignete, unerhörte Begebenheit. Dies ist der eigentliche Begriff, und so vieles, was in Deutschland unter dem Titel Novelle geht, ist gar keine Novelle, sondern bloß Erzählung oder was Sie sonst wollen. In jenem ursprünglichen Sinne einer unerhörten Begebenheit kommt auch die Novelle in den "Wahlverwandtschaften" vor.«


»Wenn man es recht bedenkt,« sagte ich, »so entsteht doch ein Gedicht immer ohne Titel und ist ohne Titel das, was es ist, so daß man also glauben sollte, der Titel gehöre gar nicht zur Sache.« - »Er gehört auch nicht dazu«, sagte Goethe;»die alten Gedichte hatten gar keine Titel, es ist dies ein Gebrauch der Neuern, von denen auch die Gedichte der Alten erst in einer späteren Zeit Titel erhalten haben. Doch dieser Gebrauch ist von der Notwendigkeit herbeigeführt, bei einer ausgebreiteten Literatur die Sachen zu nennen und voneinander zu unterscheiden.


»Hier«, sagte Goethe, »haben Sie etwas Neues; lesen Sie.«Mit diesen Worten reichte er mir eine Übersetzung eines serbischen Gedichtes von Herrn Gerhard. Ich las mit großem Vergnügen, denn das Gedicht war sehr schön und die Übersetzung so einfach und klar, daß man im Anschauen des Gegenstandes nie gestört wurde. Das Gedicht führte den Titel "Die GefängnisschlüsseI" Ich sage hier nichts von dem Gang der Handlung; der Schluß indes kam mir abgerissen und ein wenig unbefriedigend vor.


»Das ist«, sagte Goethe, »eben das Schöne; denn dadurch läßt es einen Stachel im Herzen zurück, und die Phantasie des Lesers ist angeregt, sich selbst alle Möglichkeiten auszubilden, die nun folgen können. Der Schluß hinterläßt den Stoff zu einem ganzen Trauerspiele, allein er ist von der Art, wie schon vieles dagewesen ist. Dagegen das im Gedicht Dargestellte ist das eigentlich Neue und Schöne, und der Dichter verfuhr sehr weise, daß er nur dieses ausbildete und das andere dem Leser überließ. Ich teilte das Gedicht gerne in "Kunst und Altertum" mit, allein es ist zu lang; dagegen habe ich mir diese drei gereimten von Gerhard ausgebeten, die ich im nächsten Heft werde abdrucken lassen. Was sagen Sie zu diesem ? Hören Sie.«


Goethe las nun zuerst das Lied vom Alten, der ein junges Mädchen liebt, sodann das Trinklied der Weiber, und zuletzt das energische "Tanz uns vor, Theodor". Jedes las er in einem anderen Tone und andern Schwunge, vortrefflich, so daß man nicht leicht etwas Vollkommneres hören konnte.


Wir mußten Herrn Gerhard loben, daß er die jedesmaligen Versarten und Refrains durchaus glücklich und im Charakter gewählt und alles leicht und vollkommen ausgeführt hatte, so daß man nicht wußte, wie er es hätte besser machen sollen.»Da sieht man,« sagte Goethe, »was bei einem solchen Talent wie Gerhard die große technische Übung tut. Und dann kommt ihm zugute, daß er kein eigentlich gelehrtes Metier, sondern ein solches treibt, das ihn täglich aufs praktische Leben weiset. Auch hat er die vielen Reisen in England und andern Ländern gemacht, wodurch er denn bei seinem auf das Reale gehenden Sinn über unsere gelehrten jungen Dichter manche Avantagen hat. Wenn er sich immer an gute Überlieferungen hält und nur diese bearbeitet, so wird er nicht leicht etwas Schlechtes machen. Alle eigenen Erfindungen dagegen erfordern sehr viel und sind eine schwere Sache.«


Hieran knüpften sich manche Betrachtungen über die Produktionen unserer neuesten jungen Dichter, und es ward bemerkt, daß fast keiner von ihnen mit einer guten Prosa aufgetreten.


»Die Sache ist sehr einfach«, sagte Goethe. »Um Prosa zuschreiben, muß man etwas zu sagen haben; wer aber nichts zu sagen hat, der kann doch Verse und Reime machen, wo denn ein Wort das andere gibt und zuletzt etwas herauskommt, das zwar nichts ist, aber doch aussieht, als wäre es was.«

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