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2014-12-06

Tagebücher Goethe: Juni 1775

Goethe mit Bücher




1775


den 15. 06. 1775. Donnerstags morgen aufm Zürichersee.


Ohne Wein kan’s uns auf Erden

Nimmer wie dreyhundert werden
Ohne Wein u. ohne Weiber
Hohl der Teufel unsre Leiber.

Wozu sind wohl Apollos Affen
Als wie zu bouts rimes geschaffen
Sie halten oft gleich einer Laus
In Clios Haar und Pomade Schmaus.

Flieh Bruder G.. Flieh! Er stößt mit seinem Horn
Weich aus den B...sk, u. fürchte seinen Pinsel!
Sein Mund ist abgrundreich, Sein Witz ist wie ein
Dorn
Erschaft des Lachens viel und doch noch mehr
Gewinsel

Dem Wolf dem thu ich Esel bohren
Dadurch ist er gar bass geschoren
Da sizt er nun das arme Schaaf
Und fleht Erbarmung von dem Graf

Ein edles Mädchen Herz schlägt das nicht eine
Wunde?
Ein bitrer scharfer Wiz, beißt der nicht wie ein
Hunde?
Böse Laune, blödes staunen macht mich jez lahm?
Wiederstand und lachen drüber aber zahm

Unterm lieben Schweizer Himmel
Ists nicht gut zu seyn ein Limmel
Doch wie bös ist nicht die Luft?
O die macht mich bald zum Schuft.

Wolt voll Euch zeigen meinen Witz
Möchts aber nehmen vor Grütz
Darum will ihm lieber setzen Damm
Ihr wißts ja so, bin ein gutes Lamm.

Herr Göthe sollt' uns Juden mahlen
und theologische Cabalen
mit der geübten Mahlers Hand
dies sey uns seines Geistes Pfand!

Ein ieder der schreibet in dieses Buch,
Mag zum Teufel schicken mit einem Fluch,
Wenn ihn einer nicht will lassen Gahn
Nach seinem Sinn und Herzens Wahn

Ich saug an meiner Nabelschnur

Nun Nahrung aus der Welt.
Und herrlich rings ist die Natur
Die mich am Busen hält.

Die Welle wieget unsern Kahn
Im Rudertackt hinauf
Und Berge Wolcken angethan
Entgegnen unserm Lauf.

Aug mein Aug was sinckst du nieder
Goldne Träume kommt ihr wieder
Weg du Traum so Gold du bist
Hier auch Lieb und Leben ist.
Auf der Welle blincken
Tausend schwebende Sterne
Liebe Nebel trincken
Rings die türmende Ferne
Morgenwind umflügelt
Die beschattete Bucht
Und im See bespiegel
Sich die reifende Frucht

Vom Berge in die See
Vid. das Privat Archiv des Dichters
Lit. L.

Wenn ich liebe Lili dich nicht liebte

Welche Wonne gab mir dieser Blick
Und doch wenn ich Lili dich nicht liebte
Wär! Was Wär mein Glück.

am Steeg
Waldstieg auf Wasen
Teufelstein
Felsweg geht an auf
Geschener Alp.
Teufels brücke
Urner Loch
Lieblich. Thal
Drachen Thal
Wüste pp schne
Capelle

Und dem entgegnenden Priester wird sich ihr Antlitz
erhellen

doch mir stehen fest die hohen Gebeine so stehn sie
Nur dem saulgebeineten Engel in Pathmos

erscheinung.

Wie ich dir s biete so habs

Dass es der Erde so sauwohl und so weh ist zugleich.

Es ist kein sichrer Mittel die Welt für Narrn zu
halten als sich albern zu stellen

Und die ewig verderbliche Liebe

Ein Tag wie die ewigen sich selbst erwählt zu gehn

Wenn meine Gedancken Federn wären und den
Weeg ab Pergamente von Engeln auf und ab gerollt.

dass

Unmittelbaarer Ausdruck von der Natur


nie sein selbst willen

16. 06. Schwyz. Abends


3/4 auf 8 dem Schwizer hocken gegenüber. den ersten nahen schnee. Schnee gegen über. Awfull.

Tiefe Tanne im Thal.
Nachts zehn in Schwiz. Müd und munter vom Berg ab springen voll Dursts u. lachens. Gejauchtzt bis zwölf.

17. 06. Klösterli. 


Morgens der Hocken vor dem Fenster. Wolcken dran auf.

Um 1 Uhr N. M. v. Schwiz weg nach dem Rigi.
2 Uhr aufm Lauerzer See. Hoher herrlicher Sonnenschein.
Für lauter Wollust sah gar nichts (Zwey Maidle fuhren uns)
Insel ehmalige Wohnung des Zwingherrn. Jetz ein Waldbruder
/ ausgestiegen Lauerz verlohrnes Halstuch gefunden Rigi bestiegen 1/2 8 bey der Mutter Gottes zum Schnee.
3 Wirthsh. 5 Cap im Closter. im Ochsen.

18. 06. Klösterli. 


Sontags früh gezeichnet die Capellen vom Ochsen aus. um zwölf nach dem kalten Bad oder 3 schwestern Brunn dann die Höhe 1/4 3 Uhr in Wolcken und Nebel rings

die Herlichkeit der Welt.
8 Uhr wieder zurück, vor der Ochsen Thüre gebackner Fisch
u. Eier. / das Klocken gebimmel des Wasserfalls Rauschen der Brunnröhre Plätschern Waldhorn.

19. 06. Altdorf. früh 1/2 7 


aufwärts dann hinab an vier Waldstätter See. Auf dem See von Izenach nach Gersau zu Mittag im Wirthsh. am See. gegen zwey dem Grüdli über wo die 3 Tellen schwuren drauf an der Tellen Platte wo Tell aussprang. Drauf 3 Uhr in Flüely wo er eingeschifft ward. 4 Uhr in Aldorf wo er den Apfel abschoss.


20. 06. Wasen. 1/2 7 


nach dem Steeg. Fische gebachen geschmackt gebadet im Schnee Wasser. 3 Uhr fort, berg auf. Schnee Laue. Saumross. Schneehölen. Steeg. Grose Fichten. Abgrund. 1/2 28. in Wasen. Strahlen.


21. 06. Andermatt,


halb 7. aufwärts, allmächtig schröcklich. Geschten. gezeichnet. Noth und Müh und schweis. Teufelsbrücke u. der Teufel. Schwizen u. Matten u. Sincken biss ans

Urner Loch hinaus u belebung im Thal. an der Matte trefflicher Käss. Sauwohl u Projeckte.
ab 35 Min auf 4. Schnee nackter Fels u Moos u Sturmwind u Wolcken. Das Geräusch des Wasserfalls der Saumrosse Klingeln. Öde wie im Thale des Todts - mit Gebeinen besäet Nebel eine Stunde aus dem Liviner Thal ins Urseler. Das mag das Drachen Thal genannt werden - Einer der herlichsten Wasserfälle der gantzen Gegend
D .U V .D .G . v .B . s - s t .D .

Speranza - dass die Hunde ein Küssen finden die 

hier verlohren sind







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