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2014-12-22

Tagebücher Goethe: Mai 1808



Mai 1808







1. 05. Weimar.

Gegen 8 Uhr von Jena weggefahren. Schöne Witterung. Hofrat Meyern die erste Hälfte der Wahlverwandtschaften erzählt. Mittags allein. Nach Tische wegen der Freimäurerei Promemoria an Herrn Geh. R. Voigt. Abends Hofrat Meyer. Nachher Dem. Engels und Elsermann, Lortzing und Deny. Dem. Engels sang zur Gitarre.

2. 05.Weimar

Briefe. An August nach Heidelberg. Hofkammerrat wegen Theaterangelegenheiten. Der neue Bassist Röpke. Mittags Dr. Lichtenstein zu Tische. Gegen Abend Hofrat Meyer, Legationsrat Falk und Bertuch. Letzter wegen der Freymäurerangelegenheiten. Falk wegen Le Marquaud und andrer französischen Persönlichkeiten.

3. 05. Weimar

Nebenstehende Briefe. An Hrn. von Humboldt nach Augsburg unter der Adresse von J. und G. W. von Halder. An Bettine Brentano nach Frankfurt. An Hrn. E. d'Alton zu Ober Auerach bey Bamberg (wegen seiner Anfrage über ein Bild von Correggio). An Rat Rochlitz nach Leipzig. An Kammersekretär Werner nach Berlin (beym G.R. Kunth, Wilhelmstraße Nr. 70). An Hrn. Zelter nach Berlin. Falk und Le Marquaud. Bey Durchlaucht der Prinzeß. Mittags allein. Brief von Reinhard. Hofrat Meyer. Ankunft Rungischer Zeichnungen.

4. 05. Weimar

Eingepackt und verschiedene Geschäfte abgetan. An Hrn. von Knebel nach Jena, die zwey ersten Stücke des Prometheus. An Otteny, die Lorgnette zum Tausch. Zu General Dentzel in's Fürstenhaus. Kam derselbe nachher zu mir. Mittags allein. Nach Tische die Rungischen Zeichnungen abermals durchgesehen. Mit Hofrat Meyer besonders über die Wahlverwandtschaften. Spazierten wir im Park, wozu Fernow kam. Italienische neure Sonette.

5. 05. Weimar

Einige Expeditionen und Besorgungen wegen der Abreise. Professor Fernow. Zu Mittag Dr. Schütz. Nach Tische Friedrich Schlegel, Geheimer Regierungsrat Müller. Abends die Sänger. Zum Nachtessen im Palais bey Billain mit Wieland und einer großen Männergesellschaft. Viel über seinen Aufenthalt in Kassel und die dortige Einrichtung der Conscription.

6. 05. Weimar

Briefe. Verschiedenes besorgt. Zu dem General Dentzel. Bekanntschaft mit dessen Familie. Mit ihnen auf die Bibliothek. Vorher Friedrich Schlegel. Mittags Sophie Teller. Abends bey Durchlaucht der Herzogin. Später Herr Dr. Cotta von Tübingen.

7. 05. Weimar

Briefe. An Bergrat Lenz nach Jena mit einem Kästchen Mineralien. An Dr. Seebeck mit den Prismen. An Prof. Voigt, Diplome der naturhistorischen Gesellschaft. Vorbereitung zur Abreise. Von Beulwitz und Bertuch wegen des [Logen] Wesens. Mittags allein. Nach Tische General Dentzel mit Frau und Tochter, Prinz Bernhard und Major von Rühle. Abends bey Regierungsrat von Müller, wo von Beulwitz war nebst mehrerer Gesellschaft.

8. 05. Weimar

Verschiedenes Geschäft. Die Sänger. Regierungsrath Voigt und Frau Hofrat Schopenhauer. Rungische Zeichnungen. Mittags allein. Lortzing und Witzels Porträte. Nachmittag für mich. Abends mit Frau von Stein und Schiller im Park. Zum Abendessen die Schauspieler.

9. 05. Weimar.

Früh Vorbereitungen zur Reise. Alsdann auf dem Schloß bei Durchlaucht dem Herzog, der Herzogin, dem Erbprinzen und Major von Rühle. Spät zuTische. Abends Meyer und Falk: über französische Anmaßungen und Ungerechtigkeiten.


10. 05. Weimar

Wie gestern. Bey Prinzeß Caroline. Mittags allein. Abends ins Konzert im Schießhause.

11. 05. Weimar

Briefe. Hernach Hofkammerrath Kirms, Geh. R. Voigt und Legationsrat Bertuch. Bey der Gräfin von Henkel Abschied genommen. Mittags Dem. Elsermann und Engels zu Tische. Nach Tische Wolff, der Abschied nahm, und Haide. Abends Hofrat Meyer. Brachten Eberwein, Dem. Engels, Häßler, Deny, Strobe und Morhard ein Ständchen.

12. 05. Pößneck.

Um 1/2 4 Uhr von Weimar weggefahren bei regnichtem Wetter. Zwischen 6 und 7 in Jena. Fing das Wetter sich an aufzuhellen bis Kahla, wo wir um 3/4 auf 10 eintrafen. Die Pferde gefüttert und geruht bis nach 12 Uhr. Während dessen starker Regen. Nachmittag schönes Wetter. Gegen 1/2 5 Uhr in Pößneck, wo 80 Mann französische reitende Artillerie mit schönen Pferden einquartiert. Im Goldenen Löwen logiert. Die Szene zwischen Prometheus und Epimetheus, die Schilderung der Pandora, vollendet und vorgelesen.

13. 05. Hof.

Früh von Pößneck weggefahren. Schlechter Weg bis Schleiz. Gefrühstückt. Gegen Mittag weggefahren. In Gefell Vorspann genommen. Abends in Hof angelangt. Im Brandenburgschen Gasthofe. Zu Abend gegessen. Besuch vom Kreishauptmann von Schütz. Über die überstandenen Bedrückungen und Kontributionen. Politische Aspekten. Unterwegs de qorundam amicorum nostrorum pervers libidine. De rebus aestheticiset poeticis. De Vossii et Schlegeliorum meritis et praeiudiciis. De Fausti dramatis parte secunda et quaein ea continebuntur.

14. 05. Franzensbad

Gegen 7 Uhr aufgestanden. Um 8 Uhr weggefahren. Auf mitunter sehr schlechten Wegen über Asch, das noch so schmutzig wie sonst, nach Franzensbad, Abends dort angekommen. Den Brunnen besucht. Besonders Politica besprochen. 2 italienische Sonette, eins gegen die Corilla, welche einen Juden apostrophiert hatte um ihn zu bekehren; eins von einem italienischen Freygeist, gegen die Erlösung. Über Jean Pauls schriftstellerischen Charakter und Verdienst.

15. 05. Karlsbad

Gegen 1/2 6 von Franzensbad weggefahren. Um 9 Uhr in Maria Culm. Festtag, wozu viel Landvolk der Gegend versammelt war. Die Männer meist sehr groß und langgespalten, die Weiber klein und von dumpfer Gesichtsbildung. Wallfahrterinnerung von Zwota. Schöne Lage von Ellbogen, dessen Schloß über die Landhöhe wegsieht. Neue Chaussee. Abends in Karlsbad. Mitten in das Aufräumen gekommen. Einen Spaziergang nach der Karlsbrücke und von da zum Sprudel. Vorher Besuch von Müller. Vorsätze wegen der Farbenlehre und Hackerts Biographie besprochen. Werners Sonette. Unterweges de discrimine masculi et feminei amoris; ille enthousiazôn, hic plerumque officiosus esse solet. Exempla. Meine Sonette rezitiert und ihre Intention angegeben.

16. 05. Karlsbad

Früh an den verschiedenen Brunnen, wo nur sehr wenige Gäste. Nachher Stecknadeln eingekauft und gepackt, und Briefe. An Frau von Stein nach Weimar nebst 1 Pfund Stecknadeln. An meine Frau nebst 1 Pfund Stecknadeln, 1 Pfund Schokolade und 400 Nähnadeln. An Hrn. von Hendrich eingeschlossen. An Stoll geschrieben und den Wernerschen Aufsatz durchgegangen. Mittags zu Hause gegessen. Nach Tische an Pandorens Wiederkunft. Bankzettel eingehandelt. Gegen Abend spazieren nach dem Posthofe zu. Nachher im Handbuch der städtischen Gewerbkunde.

17. 05. Karlsbad.

Früh an den Schloßbrunn, dann an den Neubrunn, dann auf der Wiese. An Pandorens Wiederkunft. Mittags zu Hause. Nach Tische ein wenig geruht. Abends den Chotekschen Weg. Über Metamorphose und deren Sinn; Systole und Diastole des Weltgeistes, aus jener geht die Spezifikation hervor, aus dieser das Fortgehn ins Unendliche. Abends zu Hause. Die Chorjamben und den Jonicus a minori besprochen.

18. 05. Karlsbad

Früh nicht am Brunnen, da es den ganzen Morgen stark regnete. An Pandorens Wiederkunft. Mittags zu Hause. Nach Tische Vorrede zu der Übersetzung der Ciceronianischen Briefe von Wieland. An der Pandora. Abends den Chotekschen Weg. Über Wielands Art den Cicero zu beurteilen. »Es ist niemand seiner Zeit gewachsen.« Abends nach Tische aus den Briefen vorgelesen. An Hrn. Stoll nach Wien, eingeschlossen der Aufsatz über die Wernerschen Dramen.

19. 05. Karlsbad

Früh am Brunnen. Nachher den Chotekschen Weg. Zu Hause an der Pandora. Vor Tische den Galgenberg, Prager Wirtshaus, Gottels Garten vorbey bey St. Florian herunter. Mittags zu Hause. Nach Tische Pandora. Im Casti gelesen. Gegen Abend nach der Wachsbleiche, bey das Schießhaus, auf dem gewöhnlichen Weg zurück, nach Hause. Gegen 7 Uhr nochmals den Chotekschen Weg. Bey Tische die italienischen Sonette.

20. 05. Karlsbad

Früh am Schloßbrunnen. Hernach an der Pandora. Sodann den gestrigen Morgenweg. Mittags zu Hause. Nach Tische Pandora. Um 4 Uhr bey St. Florian zur Lorenz-Kapelle. Gezeichnet. Hernach nach der Pragerstraße zum Friederikenplatz. Zum Säuerling. Nach Hause. Briefe des Cicero nach Wielands Übersetzung. Stand des Silber 100 fl. Sächs. = 215. Ducaten = 9 fl. 49 Xr.

21. 05. Karlsbad

Früh am Schloßbrunnen. Pandora. Lange auf dem Spaziergang geblieben. In die 2. Etage gezogen. Nachmittag bald spatzieren, auf dem 4 Uhr Weg, bis zu Findlaters Tempel, von da zum Hirschsprung, Kreuz und Hüttchen daselbst. Einiges gezeichnet. Aus den Chotekschen Weg herunter und nach Hause. Abends Ciceronianische Briefe. Wie die vergangenen Tage schön Wetter.

22. 05. Karlsbad

Am Schloßbrunnen. Chotekscher Weg. Pandora. Einiges gezeichnet. Nach Hause. Verschiedenes arrangiert und ajustirt. Rechnung voriger Woche. Ciceros Briefe geendigt. Zu Hause geblieben und einige Umrisse weiter ausgeführt.

23. 05. Karlsbad


Wegen Regenwetters zu Hause. Pandorens Abschied. Nach Tische Schlegels Indica bis Abends. Früh Morgens war Prozession nach der Lorenz-Kapelle.

24. 05. Karlsbad

Am Schloßbrunnen. Procession den Schloßberg hinauf und zum Egertor herein. Auf dem Chotekschen Weg. Verschiedenes durchgedacht besonders auch bevorstehende Briefe. Das gestrige Pensum von Pandora diktiert. Nach Tische in Spittlers Staatengeschichte. Nachher mit der Gräfin Castell spazieren gegangen. Alsdann allein den Chotekschen Weg. Abends gezeichnet. An den Schlegelschen Indicis Ärgernis genommen.

25. 05. Karlsbad

Am Schloßbrunnen, auf dem Chotekschen Wege. Die neuen Szenen in der Pandora durchgegangen im Metrischen. Mittags zu Hause. Nach Tische die Spittlersche Staatengeschichte. Abends spatzieren auf den Chotekschen Weg. Brief von Frau von Stael und meiner Frau. Nach Tische die Spittlersche Staatengeschichte.

26. 05. Karlsbad

Früh am Schloßbrunnen. Auf den Chotekschen Weg. Pandorens Wiederkunft und einige gezeichnete landschaftliche Stellen überlegt. Hermanns Metrik. Nach Tische Staatengeschichte: Italien überhaupt und insbesondre. Wegen Gewitter Regenwetters zu Hause geblieben. Nebenstehende Briefe. An Frau von Stael nach Dresden. An Ehlers nach Wien wegen des rückständigen Postens für die Partituren. Medschnun und Leila.

27. 05. Karlsbad

Am Schloßbrunnen. Nach der oberen Kapelle. Chotekscher Weg. Sehr schöner Anblick der sinkenden und steigenden Nebel. Abschluß des 1. Teils von Pandorens Wiederkunft. Verschiedenes Rhythmisches besprochen. Nach Tische eintretendes Gewitter und Regen. Zu Hause. Staatengeschichte: Neapel, Genua und Venedig u.s.w.

28. 05. Karlsbad

Am Schloßbrunnen. Aus dem Chotekschen Weg. Vorzüglich noch Pandora. Das Gleiche noch zu Hause fortgesetzt. Nach Tische die Zimmer beym Amtmann besehen, gemalt von 2 Prager Malern. Die Arbeit hat die 6 Wintermonate gedauert. Beyde haben Freyquartier und Verköstigung gehabt. Amtmanns haben Farben und Pinsel angeschafft und die Farbenreiber bestellt und jedem der Maler täglich 1 Gulden Bank gegeben. Nachher zum Sprudel, welcher sehr schwach sprang, weil er an andern Orten sich Öffnungen gemacht. Über den Neubrunn den Chotekschen Weg nach Hause.

NB. Früh auf dem 3 Kreuzberg, auf dem ich seit 20 Jahren nicht gewesen.

29. 05. Karlsbad.

Früh am Schloßbrunnen. Angefangen an den Wahlverwandtschaften zu schematisieren. An Pandorens Wiederkunft einiges rektifiziert. Nach 12 Uhr zu Fürstbischof von Breslau, Hohenlohe, und der Gräfin Castell, seiner Begleiterin. Nach Tische Fortsetzung des Schemas von heute früh. Nachher allein auf dem Chotekschen Wege hin und wieder spaziert und mit einigen begegnenden Herren und Frauen unterhalten. Abends in Spittlers Staatengeschichte Ungarn zur Hälfte. Sehr schön Wetter. Klarer Himmel.

30. 05. Karlsbad

Das Schema zu den Wahlverwandtschaften fortgesetzt und umgeschrieben. Am Schloßbrunnen. Am Neubrunn lange mit der Gräfin Castell auf und ab gegangen. Warburton und seine Frau, die nicht ganz bey Trost ist und keine andre Sprache als englisch kann. Nach Tische bey Müller. Eine Sammlung revidiert. Nachher über den Neu-, Theresien- und Schloßbrunn aus den Chotekschen Weg, den Wahlverwandtschaften nachgedacht. Sächs. 100 f =216 f Banknote Duc. =10 f Banknote Carol. =19 f 30 Xr.

31. 05. Karlsbad

Früh am Brunnen. Nachher zu Hause, besonders an den Wahlverwandtschaften schematisiert. Staatengeschichte: Ungarn geendigt, Polen durchgelesen. Nach Tische zu Müller, der aber nicht zu Hause, und auf den Theresienplatz. Machte mir der Fürstbischof von Breslau die Gegenvisite. Ging nach dem Egerthor zu, dann auf den Terrassen des Neubrunns. Die untergehende Sonne erleuchtete höchst schön die Partien gegenüber.

                                                        

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