> Gedichte und Zitate für alle: Tagebücher Goethe: Oktober 1807

2014-12-22

Tagebücher Goethe: Oktober 1807



Oktober 1807




1. 10. Weimar

Geschichte her Philosophie besonders in Rücksicht aus Naturwissenschaft. Mittags allein. Abends Tee und Souper, wozu Hofrätin Schopenhauer und Prof. Fernow. Regierungsrat Voigt und seine Flau, Hofrat Meyer, ingleichen die jungen Sänger vom Theater, Hr. Heß, Morhard, Deny, Strobe, Dem. Engels und Elsermann. Wurden einige vierstimmige Sachen, als Canons und dergleichen gesungen.

2. 10. Weimar

Mittags Sophie Teller zu Tische. Abends bey der regierenden Herzogin, wo der Herzog und die Frau von Stein gegenwärtig.

3. 10. Weimar

Geschichte der Philosophie. Allgemeines Schema der Farbenlehre durchs 15. Jahrhundert. Einiges im Scaliger De subtilitate. Einiges im Aguilonius. Auf der Ausstellung, auf der Bibliothek. Mittags allein. Nach Tische Hofrat Meyer: über das Kolorit der Griechen. Im Schauspiel einen Teil von Lilla gesehen. Zu Durchlaucht dem Herzog: über den von der bayerischen Akademie vor kurzem ausgesetzten Preis auf eine deutsche Sprachlehre und sonstiges die Sprache betreffend.

4. 10. Weimar

Hypothetische Geschichte des Kolorits nach Plinius. Um 11 Uhr die Sänger. Zu Tische Legationsrat Schmidt und Rat Völkel. Manches von Petersburg, der dortigen Rangordnung und sonstigen Verhältnissen. Gegen Abend zu der Hofräthin Schopenhauer, Passow und seine Braut und die gewöhnlichen. Feuerwerk auf dem Exerzierplatze. Von da wieder zur Schopenhauer. Zu Hause Poggiana.

5. 10. Weimar

An Meyers hypothetischer Geschichte des Colorits diktiert. Mittags allein. Nach Tische einiges geordnet. Abends Hofrat Meyer: die Jenaische Literaturzeitung der vorigen Woche und einen Gesang der Parthenais gelesen. Nachher Berthollets Geschichte der Färberey.

6. 10. Weimar


Über die Verdienste der Alten im Naturwissenschaftlichen überhaupt, besonders in der Farbenlehre. Nachher auf der Bibliothek wegen Literatur dieser Geschichte. Mittags allein. Nachmittags und Abends zu Hause. Verschiednes geordnet. Journal des Savants wegen Nuguet. Bey dieser Gelegenheit verschiednes andre gelesen. Fabeln der Rabbinen bey Auslegung mehrerer biblischen Stellen, besonders über den Wagen Ezechiels.

7. 10. Weimar


Verschiedene Briefe. An Doktor Nicolaus Meyer nach Bremen. (Gratulation wegen seiner Familienvermehrung. Nachricht vom angekommenen Service.) An Hrn. Dr. Cotta nach Tübingen (mit dem Vorspiel, fürs Morgenblatt). An Hrn. Major von Knebel nach Jena (mit dem Vorspiel. An Rentamtsadministrator Kühn (wegen 55 Taler Vorschuß für Prosector Homburg).

8. 10. Weimar

Geschichte der Wissenschaften. Mittags Demoiselle Elsermann; nach Tische ihre Rolle in Rettung für Rettung vorlesen lassen. Abends die Sänger, wo ich aber nicht dabey war.

9. 10. Weimar


Baco von Verulam. Mittags Stromeyer und Sophie Teller zu Tische. Abends Hofrat Meyer: Literaturzeitung. Probe von Pinto.

10. 10. Weimar

Brief von Knebel. Verschiedene Anordnungen. Die gedruckten Bogen der Farbenlehre des 1. und 2. Teils berichtigt. Nicht weniger das sich anschließende Manuskript. Überlegung der nächsten Arbeit zur Fortsetzung. Mittag allein. Morgenblatt vom April an. Besuch von Dr. Voigt aus Jena. Abends in der Vorstellung von Pinto. Nachher das Morgenblatt weiter durchgesehen.

11. 10. Weimar

Aufgeräumt. Baron Voght von Hamburg, welcher über Leipzig, um den französischen Gesandten Baurienne zu sehen, nach Paris geht und im Vorbeygehen einspricht. Gesang. Die ersten vierstimmigen Gesänge; Arien und Duette von Paer und Himmels Lieder. Mittags allein: über Baco von Verulam und Geschichte der Wissenschaften gesprochen. Abends Ball im Hause für die jungen Leute. Bey Egloffsteins, wo Frau von Beaulieu, Fräulein Waldner, Generalin Wangenheim und der junge Herr von Beaulieu zugegen waren.

12. 10. Weimar

Baco von Verulam. Nachher Herr von Beaulieu: über Heidelberg und die dortige Art zu leben und zu studieren. Baron Voght, der mir verschiedene Autographa verehrte. Zu Mittage allein. Nachmittage Professor Fernow, der seinen Dante überbrachte. Strobe wegen der Rolle in der Camilla. Abends im Theater: die barmherzigen Brüder und die Jugend Heinrich des V. An Frau Räthin Goethe nach Frankfurt. An Hrn. Assessor Leonhard nach Hanau. Ankunft einer Sendung Kupfermünzen von Rom über München.

13. 10. Weimar

Früh im Baco gelesen. Etwas über ihn diktiert. Hofkammerrat lange wegen Theaterangelegenheiten. Demoiselle Häßler mit Destouches und Aulhorn; sang eine Scene von Beethoven und einiges andre. Zu Mittag Herr v. Beaulieu, der von Heidelberg kam und nach Hannover geht. Viel über Heidelberg und die dortigen Zustände. Abends bey der Hoheit, wo die Frau Erbstatthalterin. Erbprinzeß von Braunschweig und der regierende Hof war. Ankunft einer Cottaischen Sendung als: vier Belin-Exemplare der vier ersten Bände Morgenblatt bis August incl. nebst einigen andern Dingen, Paket von Zelter mit den Berliner Komödienzetteln.

14. 10. Weimar.

Baco von Verulam. Berliner Bildhauer, der in Paris sich 5 Jahre aufgehalten hatte und nach London geht. Mittags allein. Abends im Theater: Rettung für Rettung. Nachher bei Hofrätin Schopenhauer zum Tee und Souper. Brief an Hrn. von Hendrich nach Jena. - Besonderes Luftphänomen an der Nordwestseite, da sich aus weißen Nebelwolken, welche den Horizont bedeckten, weiße konzentrische Streifen nach den Seiten und gegen den Zenith erstreckten, sich immerfort veränderten, breiter, schmäler und kürzer wurden. Der Mond schien dabei helle, und die Erscheinung dauerte fast eine Stunde. Man ward sie gewahr, als man nach dem Kometen suchte, welcher gerade an dieser Stelle hätte stehen müssen. Es war ohngefähr abends 8 Uhr. Der Komet war nicht zu sehen.

15. 10. Weimar

Baco von Verulam. Spazieren, wo ich Durchlaucht die regierende Herzogin antraf und mit ihr eine Weile ging. Mittags Demoiselle Elsermann zu Tische. Abends Hofrat Meyer: Rom und London oder über die Beschaffenheit der nächsten Universalmonarchie.

16. 10. Weimar.

Geschichte der Wissenschaften. Um 10 Uhr Dr. Stieglitz von Leipzig und Rat Beyer von Eisenach mit ihren Frauen und dem Schwiegervater des ersten, Pfarrer von Stedtfeld. Nachher Dr. Gail und Sporzheim. Zu Tische Deny und Sophie Teller. Dr. Gail kam nach Tische wieder, wo wir über seine Lehre bis gegen Abend sprachen; da ich mich für ihn abgießen ließ. Kleines Konzert. Nachher allein und las in der Schrift Rom und London weiter.

17. 10. Weimar

Über Galls Erzählungen und Vorträge nachgedacht. Alsdann einige Briefe. An Hrn. Kriegsrat Reichard nach Gotha. An Hrn. Major von Hendrich nach Jena, mit zwey Schachteln. Mittag allein. Geschichte der Wissenschaften. Abends Rom und London oder die neuste Universalmonarchie. Im Theater ward Don Carlos gegeben.

18. 10. Weimar

Briefe geschrieben. Um 11 Uhr die Sänger. Zu Mittag Dr. Stieglitz und Frau und Schwiegervater. Varia. Nachher bey Mad. Schopenhauer mit Fernow und Hofrat Meyer über italienische Literatur, Sonette von Berni.

19. 10. Weimar

Überlegung der bevorstehenden Arbeiten. Den polemischen Teil der Farbenlehre angefangen zu lesen. Auf der Bibliothek. Das alte Gemälde von Erfurt und die Manuskripte besehen. Mittags Dem. Elsermann zu Tische. Um 4 Uhr zu Weißer. Abends im Theater: der Fähndrich und die Geschwister. Im Zwischenakt sang Mademoiselle Häßler. An Hrn. von Mannlich mit den Intelligenzblättern der Litteraturzeitung. An Hrn. von Hagen nach Berlin. Dank wegen der Nibelungen. An Hrn. Prof. Luden nach Jena, Dank für Ortis und Einladung.

20. 10. Weimar

Überlegung des achten Versuches von Newton. Kam Herr von Müffling, mit demselben über die Dresdner literarischen und philosophischen Verhältnisse: über Gentz, Adam Müller, Schubert, von Kleist etc. Mittag Madam und Demoiselle Häßler zu Tische und Demoiselle Elsermann. Abends bey der Hoheit, wo Spohr und seine Frau von Gotha, er auf der Violine, sie auf der Harfe sich hören ließen. Adresse an Madam Reinhard Nicolaus de Tonger in Cöln.

21. 10. Weimar

Fortsetzung an den nächsten Versuchen zur Polemik. Mittags allein. Nach Tische Prof. Kästner wegen einer Mineraliensammlung für die Schule. Nachmittag bey Weißern wegen der Büste. Abends im Theater: die französischen Kleinstädter. Betrachtung des erscheinenden Kometen. Fabel von Fierabras.

22. 10. Weimar

An der polemischen Farbenlehre fortgefahren. Bey Weißen wegen der Büste. Spatzieren im Park. Mittags Demoiselle Elsermann. Nach Tische Eitle Mühe der Verliebten mit ihr durchgegangen. Artikel von den Kometen in Fischers physikalischem Lexikon. Nachher die Sänger angehört.

23. 10. Weimar

Polemik, achter Versuch. Verschiedene Vorrichtungen dazu und zu verwandten Experimenten. Zu Mittag Dr. Stoll, viel über Wien und das dortige Theater. Oberforstmeister von Fritsch. Nach Tische Dr. Seebeck. Nachricht von seinen Versuchen über den Einfluß der specificirten Farben auf das Thermometer und Hornsilber. Abends Fierabras. Hanau. Assessor Leonhard mit dem v. Struvischen Manuskript.

24. 10. Weimar

Fortsetzung am 8. Versuch und neue Vorrichtungen dazu. Briefe. An Bergrat Lenz, wegen Gneuß. An Hofrat Eichstädt, wegen Leonhard. Mittags Demoiselle Elsermann zu Tische. Maler Kaaz aus Dresden mit Hofrath Meyer. Nachher bey Weißern. Abends im Theater: Gulistan oder der Hulla von Samarkand, Operette. Abends Fierabras.

25. 10. Weimar

Chromatische Experimente zum 8. Versuch. Verschiedenes andere darauf bezügliche. Attila von Werner, durch Täsche, Schauspieler von Wien, überbracht. Mittags Landschaftmaler Kaaz von Dresden mit seiner Frau, geborne Graff, zu Tische. Nach Tische Herr Leo von Seckendorf, der mit Dr. Stoll von Wien gekommen war. Über das neue Journal, das sie herausgeben wollen. Abends bey Madam Schopenhauer, die gewöhnliche Gesellschaft und die genannten Fremden. Abends die Claude Lorrains und Pouffins, in England gestochen, besehen. Sie sind meist von Vivares in den vierziger Jahren radiert; von Mason und andern später radiert und gestochen, wie es scheint einzeln und ohne Zusammenhang untereinander; zuletzt in London 1801, wahrscheinlich von einem spekulierenden Kunsthändler zusammengebracht und mit einem gedruckten Verzeichnis versehen und geheftet worden: ein für das landschaftliche Fach höchst schätzbares Werk.

26. 10. Weimar


Vollständigeres Schema zum 8. Versuch. Brief von Reinhard. Schellings Rede. Spatzieren und bey Frau von Stein. Mittags Demoiselle Elsermann zu Tische. Nach Tische im Garten. Betrachtungen über den Pariser Zustand. Hofrat Meyer; über antikes Kolorit, Aldobrandinische Hochzeit. Abends Liebesnetze zum erstenmal. Nachher Machtspruch von Ziegler zu Hause gelesen.

27. 10. Weimar.

Einiges geordnet. Sodann auf die Kirchweih nach Roßla, wo außer den Kriegsbegebenheiten des vorigen Jahres und den speziellen Unheilsgeschichten wenig Unterhaltung war. Am bedeutendsten fand ich, was der Postmeister von Auerstädt erzählte. Es wäre der Mühe wert, ihn zu einem naiven persönlichen Aufsatze zu veranlassen. Abends zurück. Die Berliner Komödienzettel mit Mamsell Elsermann durchgesehen. Nicomed von Corneille, die zwei ersten Akte.

28. 10. Weimar

Achter Versuch niedergeschrieben. Brief an Reinhard bedacht. Weniges spazieren. Auf der Bibliothek. Bestellung wegen der Werke Roger Bacons.

Mittags Leo von Seckendorf und Dr. Stoll zu Tische. Des letzteren fantastisches Drama. Über Wien: dortige Lebensart, Verhältnisse, Theater, Kunst: Wachsbüsten und Statuen. Abends Egmont. War ich mit Hofrat Meyer zu Hause. Er las die neuesten Literaturzeitungen und das Morgenblatt vor.

29. 10. Weimar.

Am 8. Versuch mit dem was dazu gehört. Ukert brachte ein Manuskript von Kant Zum ewigen Frieden, woran entsetzlich korrigiert war. Mittags allein. Abends bei der Prinzeß von Oranien. Die Cassaria von Ariost gelesen.

30. 10. Weimar

Ganz früh die Cassaria ausgelesen. Newtons 10. Experiment durchgegangen sowie sein Resumé nach demselben. Verschiedene Besuche: Herr von Göchhausen, von Seckendorf und Stoll. Mittags allein. Nach Tische bey Frau von Stein, wo ich Herrn von Einsiedel fand. Abends Probe von Zwey Worte. In den Ariostischen Lustspielen, Vergleichung der prosaischen Cassaria mit der in Versen.

31. 10. Weimar

Einige Expeditionen. An Hofrat Eichstädt mit Reußens Geologie, mit Rücksendung des Müllerschen und Schubertschen Briefes. An Hrn. Carl Friedrich Löbbeke nach Braunschweig, Manuscript der Sophonisbe. Hofkammerrath und Genast wegen Theatergeschäften. Kam Berger von Halle und speiste mit uns. Nach Tische zu Hause und verschiedenes überlegt; unter andern die Wünsche der Wiener betreffend. Abends Hofrat Meyer. Dekoration zu der Oper die Liebe auf dem Dache. Im Theater ward Iphigenie gegeben.



                                                                  

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