> Gedichte und Zitate für alle: J.D.Falk: Goethe a. nähern persönlichen Umgange dargestellt: 5. Von Einsiedel (11)

2015-06-04

J.D.Falk: Goethe a. nähern persönlichen Umgange dargestellt: 5. Von Einsiedel (11)




5. Von Einsiedel

Von Einsiedel ist nicht nur der gelehrten Welt durch seine Bearbeitung der „Brüder“ des Terenz rühmlich bekannt, sondern auch im „Dschinnistan“ von Wieland haben mehrere artige Märchen ihn zum Verfasser. Er besaß manche höchst originelle Eigentümlichkeit. So konnte er zum Beispiel durchaus kein Bier leiden. Einst sagte jemand zu ihm, es widerstehe ihm nichts so sehr, als wenn er frühmorgens in ein Haus käme, wo noch die von gestern abend halbangefüllten Gläser und Flaschen auf dem Tische herumständen. „Halten’s zu Gnaden“, fiel ihm hier Einsiedel hitzig ins Wort, „wenn mir dergleichen jemals begegnete, in solch ein verwünschtes Haus würde ich zeitlebens nicht wieder einen Fuß setzen.“

Ein andermal versicherte jemand, der das Bier auch nicht leiden konnte: nicht nur, daß er zeitlebens keinen Tropfen Bier genossen, nicht einmal das Wort Bier habe er in seinen Mund genommen.

„Halten’s zu Gnaden“, entgegnete Einsiedel diesem aufs heftigste, „und ich habe es zeitlebens noch gar nicht gar nicht einmal geschrieben.“

Er schrieb eine sehr unleserliche Hand und war dabei ebenso geistreich als zerstreut. Mit großem Eifer brachte er einmal ein mächtiges Paket Manuskript zu einem Freunde in die Stube, das er ihm mit den Worten übergab: „Das ist ein Roman, den ich vor sechs Jahren geschrieben habe; es sind herrliche Sachen darin, aber der Teufel mag’s lesen! Sieh zu, was du herausbringst!“ Herr von Einsiedel vereinte hohe Liebenswürdigkeit und Anmut des Wesens mit einnehmendem äußern Betragen; Vorzüge, die nur durch seine Aufrichtigkeit und Herzensgüte übertroffen wurden. Als Kammerherr am Hofe der verwitweten Frau Herzogin Amalie war er einer der ersten und ältesten Freunde Wielands, der ihn ausnehmend hochschätzte.


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