14. Juli
Wandsbek. Voß an seine Braut Ernestine von Boie
Nach den Erzählungen in Klopstocks Kreise.
In Weimar wäre ohnehin nichts mit des Grafen [ Stolberg] Beförderung gewesen. Es geht da erschrecklich zu. Der Herzog läuft mit Goethen wie ein wilder Pursche auf den Dörfern herum; er besäuft sich und genießet brüderlich einerlei Mädchen mit ihm. Ein Minister, der’s gewagt hat, ihm seiner Gesundheit halben die Ausschweifungen abzuraten, hat zur Antwort gekriegt, er müßte es tun, sich zu stärken. Er ist sehr schwach von Körper, und sein Vater ist vom Trinken gestorben.
Klopstock hat desfalls an Goethe geschrieben und ihm seinen Wandel vorgerückt, daß er sich an dem Herzoge, seinem Freunde, seiner Gemahlin, seiner Mutter, dem ganzen Lande und der ganzen Gelehrtenrepublik versündigte, weil kein Fürst künftig einen Dichter zu seiner Gesellschaft wählen würde. Goethe verbat sich in seinem und des Herzogs Namen solche Anmahnungen, die ihnen das süße Leben verbitterten, und Klopstock schrieb ihm darauf, daß er seiner Freundschaft unwürdig sei. Die Briefe sind sehr merkwürdig, und ich hoffe noch, Dir eine Abschrift davon schicken zu können.
Klopstock glaubt, es werde ein blutiges Ende für Goethe nehmen, denn der Adel ist aufs äußerste gegen ihn erbittert.
Karl Augusts Vater war 1758, noch nicht 21 Jahre alt, an der Schwindsucht gestorben.
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