> Gedichte und Zitate für alle: J.W.v.Goethe-Urfaust-7.Szene- Allee

2015-10-04

J.W.v.Goethe-Urfaust-7.Szene- Allee




Allee

Faust in Gedanken auf und abgehend, zu ihm
Mephistopheles.

MEPH.
Bei aller verschmähten Lieb! Beim höllischen
Element!
Ich wollt, ich wüßt was Ärgers, daß ich's fluchen
könnt.
FAUST. Was hast? was petzt dich dann so sehr?
So kein Gesicht sah ich in meinem Leben.
MEPH. Ich möcht mich gleich dem Teufel übergeben,
Wenn ich nur selbst kein Teufel wär.
FAUST. Hat sich dir was im Kopf verschoben?
Es kleidt dich gut, das Rasen und das Toben.
MEPHISTOPHELES.
Denkt nur, den Schmuck, den ich Margreten
schafft',
Den hat ein Pfaff hinweggerafft.
Hätt einer auch Engelsblut im Leibe,
Er würde da zum Heringsweibe!
Die Mutter kriegt das Ding zu schauen,
Es fängt ihr heimlich an zu grauen.
Die Frau hat gar einen feinen Geruch,
Schnüffelt immer im Gebetbuch
Und riecht's einem jeden Möbel an,
Ist das Ding heilig oder profan.
Und an dem Schmuck da spürt sie's klar,
Daß dabei nit viel Segen war.
»Mein Kind«, rief sie, »ungerechtes Gut
Befängt die Seel, zehrt auf das Blut.
Wollens der Mutter Gottes weihn,
Wird uns mit Himmels-Mann' erfreun.«
Margretlein zog ein schiefes Maul,
Ist halt, dacht sie, ein geschenkter Gaul,
Und wahrlich gottlos ist nicht der,
Der ihn so fein gebracht hierher.
Die Mutter ließ einen Pfaffen kommen;
Der hatte kaum den Spaß vernommen,
Ließ sich den Anblick wohl behagen,
Er sprach: »Ach christlich so gesinnt!
Wer überwindet, der gewinnt.
Die Kirche hat einen guten Magen,
Hat ganze Länder aufgefressen
Und doch noch nie sich übergessen;
Die Kirch allein, meine lieben Frauen,
Kann ungerechtes Gut verdauen.«
FAUST. Das ist ein allgemeiner Brauch,
Ein Jud und König kann es auch.
MEPHISTOPHELES.
Strich drauf ein Spange, Kett und Ring,
Als wären's eben Pfifferling
Dankt' nicht weniger und nicht mehr,
Als wenn's ein Korb voll Nüsse wär,
Versprach ihnen allen himmlischen Lohn -
Sie waren sehr erbaut davon.
FAUST. Und Gretchen?
MEPHISTOPHELES. Sitzt nun unruhvoll,
Weiß weder was sie will noch soll,
Denkt ans Geschmeide Tag und Nacht,
Noch mehr an den, der's ihr gebracht.
FAUST. Des Liebchens Kummer tut mir leid
Schaff du ihr gleich ein neu Geschmeid!
Am ersten war ja so nicht viel.
MEPHISTOPHELES.
O ja, dem Herrn ist alles Kinderspiel.
FAUST. Und mach, und richt's nach meinem Sinn,
Häng dich an ihre Nachbarin!
Sei, Teufel, doch nur nicht wie Brei
Und schaff einen neuen Schmuck herbei!
MEPHISTOPHELES.
Ja, gnäd'ger Herr, von Herzen gerne.

(Faust ab.)

MEPHISTOPHELES. So ein verliebter Tor verpufft
Euch Sonne, Mond und alle Sterne
Zum Zeitvertreib dem Liebchen in die Luft. (Ab.)


Goethe auf meiner Seite                                                                   zur achten Szene

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