3. November
Darmstadt. Merck an Nicolai
Sosehr ich mit Goethe Zusammenhänge, so hab ich nie mein Urteil über Sie ein einzig Mal geändert, so wie ich’s von Goethe nie gegen Sie ändern werde. Ich hab ihn neuerlich auf Wartburg besucht, und wir haben zehn Tage zusammen wie die Kinder gelebt. Mich freut’s, daß ich von Angesicht gesehen habe, was an seiner Situation ist. Das Beste von allem ist der Herzog, den die Esel zu einem schwachen Menschen gebrandmarkt haben und der ein eisenfester Charakter ist. Ich würde aus Liebe zu ihm ebendas tun, was Goethe tut... Ich sage Ihnen aufrichtig, der Herzog ist einer der respektabelsten und gescheutesten Menschen, die ich je gesehen habe — und überlegen Sie dabei, ein Fürst und ein Mensch von zwanzig Jahren.
Ich dächte, Goethes Gesellschaft, wenn man nicht mutwillig voraussetzen will, er sei ein Schurke, sollte doch mit der Zeit auch ein wenig guten Einfluß haben. — Das Geträtsche, daß er sich nach Goethe bilde, ist so unleidlich unwahr als etwas; denn es ist ihm niemand unausstehlicher als Goethes Affen.
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