12. September
Weimar. Karoline Herder an ihren Mann... etwas von der Kochberger Fahrt... Den 5., früh 6 Uhr, fuhren wir ab, Goethe, die kleine Schardt, ich und Fritz [von Stein]. Der schönste Himmel war’s, kein Wölkchen den ganzen Tag; wir waren alle gleich heiter gestimmt. Die Schardt ward über ihre Zuneigung zu den Engländern sehr railliert. Goethe hat ihr vornehmes und borniertes Wesen detailliert, ist über das Betragen des Hofs gegen sie ziemlich pikiert und hat offen und sehr vernünftig darüber geredet.
Um halb 11 Uhr hatten wir den stößigen Weg geendigt. Lotte Lengefeld kam zuerst, uns zu empfangen; dann die Frau von Stein, die uns alle freundlich empfing, doch ihn ohne Herz. Das verstimmte ihn den ganzen Tag. Wir sahen Zeichnungen, die er mitgebracht. Nachmittag schlief er, und abends las ich ihr Stellen aus Deinen Briefen vor ...
Der andre Tag war in allem diesem gleich, nur daß Goethe einiges las, das er in den „Merkur“ geben will, etwas über die Kunst, Beobachtungen über die Witterung und von der heiligen Rosalia in Palermo. Der Abend ward mit einem Spaziergang geendigt, und der Mond war lieblich ...
Den Sonntag ging’s nach Rudolstadt ins Lengefeldische Haus ... Schiller war auch da; Goethe betrug sich gut gegen ihn, und es war eine gute Stimmung. Die Gegend ist schön. Abends nach Kochberg im Mondschein. Goethe sagte das Gedicht über die Rosenkreuzer und erzählte aus dem „Tasso“.
Den andern Tag ging’s wieder nach Hause über Orlamünde und Jena in dem unvergleichlichen Saaltal und schönsten Wetter. Durch Schillers Gedicht im „Merkur“ über die Götter [Griechenlands] ... kam Goethe auf die Eigenschaften, die die Alten in ihren Göttern und Helden in der Kunst dargestellt haben; wie es ihm geglückt sei, den Faden des Wie hierin gefunden zu haben. Er hat hierüber mit Dir, da ich auch zuhörte, viel gesprochen. Die ganze Idee liegt, wie es mir dünkt, wie ein großer Beruf in seinem Gemüt. Er sagte endlich, wenn Ludwig XIV. noch lebte, so glaubte er, durch seine Unterstützung die ganze Sache ausführen zu können; er hätte einen Sinn für das Große gehabt. Mit 10- bis 12000 Talern des Jahres könnte er’s in zehn Jahren — in Rom allein, versteht sich’s — ausführen.
Der moralische Sinn darinnen hat mich sehr gerührt. Ihr beide geht wie zwei Genien der Menschheit zu einem Ziel. Gar schön war’s, wie er sagte, daß ein einzelner Mensch nie einen Charakter in dem höchsten Ausdruck haben könne; er würde nicht leben können; er müsse vermischte Eigenschaften haben, um zu existieren. Er war in der Stunde, da er dies alles sprach, recht in seinem Himmel, und wir haben ihm endlich versprechen müssen, mit niemand davon zu reden.
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