> Gedichte und Zitate für alle: W. Bode: Goethe in vertraulichen Briefen...07.03.1789 Herder an seine Frau (484)

2015-11-24

W. Bode: Goethe in vertraulichen Briefen...07.03.1789 Herder an seine Frau (484)



07. März

Rom. Herder an seine Frau

Goethens Gedichte sind hier angekommen; er hat ein Exemplar, noch ohne Titel, an die Angelika geschickt. Ich kenne die meisten, und es sind unglaublich schöne Stücke darunter. Alles aber, wie es da ist, hätte er nicht sollen drucken lassen. Nicht nur, daß er den Kritikern das Maul darüber aufreißt, sondern auch, weil die jugendlichen Fratzen und Späße doch niemals recht für den Druck sind. 

Was Du, gutes Herz, zu seiner Entschuldigung sagst, reicht meinem Gefühl nicht zu. Hole der Henker den Gott, um den alles ringsumher eine Fratze sein soll, die er nach seinem Gefallen brauchet! Oder gelinder zu sagen: ich drücke mich weg von dem großen Künstler, dem einzigen rückstrahlenden All im All der Natur, der auch seine Freunde und was ihm vorkommt, bloß als Papier ansieht, auf welches er schreibt, oder als Farbe des Paletts, mit dem er malet. 

Lobpreisungen solcher Art, wie sie Moritz macht, müssen verwöhnen, wenn man sie nicht verachtet... Gott sei Lob und Dank, daß er mich nicht zu einem so hellstrahlenden Spiegel des Universums gemacht hat! Ich mag gern eine dunkle Scherbe bleiben.

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