Anfang Juni
Weimar. Böttiger in seinem Tagebuch
Johann Heinrich Voß aus Eutin war vom 3.-7. Juni in Weimar
Voß trat mit dem festen Vorsatz in Wielands Haus ein, durchaus niemand außer Wieland in Weimar zu sehen, weil er, sagte er, nicht gekommen sei, anzubeten. Wieland hätte gerne gleich den ersten Mittag Goethen zu sich gebeten. Aber Voß setzte sich mit aller Macht dagegen und zog sogar Wielands Frau ins Spiel, um durch diese Goethens gefürchtete Erscheinung abzuwenden. Sein Widerwille gegen Goethe kam daher, weil er sich ihn als einen aufgeblasenen Geheimen Rat dachte und es ihm durchaus nicht verzeihen konnte, daß er sich durch den Adelsbrief unehrlich gemacht habe. Lange blieb Wielands Beredsamkeit erfolglos. Vergeblich stellte Wieland seinem Gaste vor, daß Goethen vom Herzog der Adel gewissermaßen aufgedrungen worden sei, damit sein Liebling auf einer vorhabenden Reise an gewisse Höfe präsentabler sei.
Erst bei Herder am folgenden Abend lernte Goethe Vossen kennen. Aber Voß gestand auch in den letzten Stunden seines Hierseins, daß er beschämt über sein Vorurteil und gestärkt durch den Umgang mit solchen Männern, die er sich ganz anders vorgestellt habe, von hinnen scheide.
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