17. Oktober
Ilmenau. Knebel an Karoline HerderIhr Urteil über die „Eugenie“ war nach der gutmütigen Art, wie Sie es genommen haben, wohl verständig. Aber wie lassen sich die Stände in einem Gedicht dieser Art von der Menschheit trennen? Überhaupt finde ich so viele moralische Widersprüche, Inkonsequenzen, Härten und, ich darf wohl sagen: Verrücktheiten in diesem Gedicht, daß ich nun fast glaube, daß man auch ein moralisch guter Mensch sein müsse, um ein vorzüglich guter Dichter oder Schriftsteller zu sein. Eugenie ist nicht menschlich gut gerettet, wie Sie zu glauben scheinen; denn der Herr Gerichtsrat sieht sie doch wohl nur als eine Speise an, und die moralische Gouvernantin ist eine Kupplerin.
Übrigens liegt mir durch dieses Stück Goethes fast unerklärlicher Charakter leider klar vor Augen.
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