Eine lyrische Frucht seines Aufenhalts in Italien sind die "Römischen Elegien" in denen Goethe, zusammenhängend in einem Zyklus Land, Leute, Kultur und Kunst Italiens schildert. Entstanden ist der Zyklus nach seiner Reise in den Jahren 1788-90. Die Elegien erschienen 1795 in Schillers "Horen" wobei die vier erotischen Elegien nicht veröffentlicht wurden. Die Hauptgestalt der Elegien ist Faustine die aber reine Fiktion ist.
Obwohl damals große Teile der heute zu sehenden Bauten noch nicht ausgegraben waren ist Goethe tief beeindruckt:
Saget, Steine, mir an, o sprecht, ihr hohen Paläste!
Straßen, redet ein Wort! Genius, regst du dich nicht?
Ja, es ist alles beseelt in deinen heiligen Mauern,
Ewige Roma; nur mir schweiget noch alles so still.
In Italien fühlte sich Goethe befreit vom Druck der deutschen Verhältnisse und bald findet der Dichter auch Erfüllung in der Liebe.
Eine Welt zwar bist du, o Rom; doch ohne die Liebe
Wäre die Welt nicht die Welt, wäre denn Rom auch nicht
Rom.
Die Erlebnisse mit der Geliebten werden in kräftigen Farben geschildert und die erotischen Szenen lösten in der damaligen "guten Gesellschaft" einen gewissen Skandal aus. Weite Teile der Elegien sind von erotischen Szenen geprägt und Goethe greift hier das Thema und die Gestaltungsweise antiker Autoren wie Ovid oder Properz auf. Zugleich verarbeitet er seine aufkeimende Liebe zu Christiane Vulpius als auch sein Abenteuer in Italien.
In den Elegien schildert der Dichter die menschliche Schönheit und die Schönheit antiker Bauten und Formen und stellt sie gegenüber. Beim lesen entsteht der Eindruck als würden im Kopf des Dichters beides verschmelzen:
Und belehr’ ich mich nicht, indem ich des lieblichen Busens
Formen spähe, die Hand leite die Hüften hinab ?
Dann versteh’ ich den Marmor erst recht: ich denk’ und
vergleiche,
Sehe mit fühlendem Aug’, fühle mit sehender Hand.
Raubt die Liebste denn gleich mir einige Stunden des Tages,
Gibt sie Stunden der Nacht mir zur Entschädigung hin.
In Italien wendet sich Goethe endgültig den Klassizismus zu und die sogenannte "freie Antike" wird ihm ein Vorbild gegen den engstirnigen Nationalismus und den unechten Gefühlen der deutschen Romantiker. ( Goethes, bei richtiger Leseweise nicht ganz zu unrecht gemachte Aussage: "Klassik ist das Gesunde, die Romantik dagegen das Kranke")
O wie fühl’ ich in Rom mich so froh! gedenk’ ich der
Zeiten,
Da mich ein graulicher Tag hinten im Norden umfing,
Trübe der Himmel und schwer auf meine Scheitel sich
senkte,
Farb- und gestaltlos die Welt um den Ermatteten lag,
Und ich über mein Ich, des unbefriedigten Geistes
Düstre Wege zu spähn, still in Betrachtung versank.
Nun umleuchtet der Glanz des helleren Äthers die Stirne;
Phöbus rufet, der Gott, Formen und Farben hervor.
Sternhell glänzet die Nacht, sie klingt von weichen Gesängen,
Und mir leuchtet der Mond heller als nordischer Tag.
Sowohl Sprache als auch Form der "Römischen Elegien" orientieren sich am Vorbild der Antike. Die Elegien sind allerhöchste Sprachkultur, eine Sprache wie gemeißelt, und das ganze Werk ist wie aus einem Guß. Das Werk ist wie die antiken Vorbilder in Distichen verfasst und daher klar und rein in der Form aber frei in der Thematik.
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