Ghasel (arab. verliebte Worte)
Eine im 8. Jahrhundert im islamischen Raum lyrische Gedichtform. Im 14. Jahrhundert wurde die Form von dem persischen Dichter M. Hafis vollendet. Themen sind oft Liebe oder allgemein der Lebensgenuss wie z.b. der Wein. Ein Ghasel besteht aus Langverse die in zwei Halbverse aufgeteilt sind.
Es liegt an eines Menschen Schmerz, an eines Menschen Wunde nichts,
Der Reim der beiden Halbverse des ersten Verses bleibt in den nachfolgenden Langversen erhalten.
Es liegt an eines Menschen Schmerz, an eines Menschen Wunde nichts,
Es kehrt an das, was Kranke quält, sich ewig der Gesunde nichts!
Das Reimschema lautet aa. ba, ca, ea usw. In der deutschen Dichtung wurde das Ghasel besonders von F. Schlegel, J.W.v.Goethe und A.P.v.Hallermünde gepflegt. Über die Ghaselen von Platen hat sich schon Goethe gegenüber Eckermann geäußert- Eckermann berichtet:
Ich versprach, mich daran zu versuchen.»Es ist bei den "Ghaselen" das Eigentümliche,« fuhr Goethe fort, »daß sie eine große Fülle von Gehalt verlangen; der stets wiederkehrende gleiche Reim will immer einen Vorrat ähnlicher Gedanken bereit finden. Deshalb gelingen sie nicht jedem; diese aber werden Ihnen gefallen.« Der Arzt trat herein, und ich ging.
Es liegt an eines Menschen Schmerz, an eines Menschen Wunde nichts,
Es kehrt an das, was Kranke quält, sich ewig der Gesunde nichts!
Und wäre nicht das Leben kurz, das stets der Mensch vom Menschen erbt,
So gäb's Beklagenswerteres auf diesem weiten Runde nichts!
Einförmig stellt Natur sich her, doch tausendförmig ist ihr Tod,
Es fragt die Welt nach meinem Ziel, nach deiner letzten Stunde nichts;
Und wer sich willig nicht ergiebt dem ehrnen Lose, das ihm dräut,
Der zürnt ins Grab sich rettungslos und fühlt in dessen Schlunde nichts;
Dies wissen Alle, doch vergißt es Jeder gerne jeden Tag,
So komme denn, in diesem Sinn, hinfort aus meinem Munde nichts!
Vergeßt, daß euch die Welt betrügt, und daß ihr Wunsch nur Wünsche zeugt,
Laßt eurer Liebe nichts entgehn, entschlüpfen eurer Kunde nichts!
Es hoffe Jeder, daß die Zeit ihm gebe, was sie Keinem gab,
Denn Jeder sucht ein All zu sein und Jeder ist im Grunde nichts.
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Gleichnis
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