"Habe Mut, dich deines Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung."
I.Kant in "Was ist Aufklärung"
"Selbst unsere kurze Geschichte beweist es daher schon klar, daß mit der wachsenden wahren Aufklärung der Völker die menschenfeindlichen, sinnlosen Zerstörungen derselben sich glücklich vermindert haben."
J. G. Herder-Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit
Für Herder und andere Denker der Aufklärung, war das Streben nach Vernunft, das benutzen des Verstandes, die Voraussetzung für die Durchsetzung ihrer humanistischen Ziele um so die Unmündigkeit der Völker zu überwinden. Die Epoche der Aufklärung ist eine geistige Bewegung die in ganz Europa das um Emanzipation kämpfende Bürgertum erfasst, und mit der Durchsetzung ökonomischer und gesellschaftlicher Ziele einher geht. Unterstützt von technischen Fortschritt und wissenschaftlichen Entdeckungen wird das Bürgertum langsam zur gesellschaftlich bestimmenden Kraft. Durch die Zersplitterung Deutschlandes, in viele kleine Staaten wird hier diese Entwicklung verzögert bzw. sie nimmt einen territorial abhängigen Verlauf.
Die Frühaufklärung ist die eigentliche Geburtsstunde der Naturlyrik in der deutschen Literatur. B. H. Brockes war einer der ersten Dichter die sich mit dem Thema poetisch auseinandersetzten. War in der Barockzeit die Natur mehr oder weniger nur Mittel zum Zweck, so stellt Brockes die Natur viel genauer und vordergründiger dar als seine Vorgänger. Allerdings überwindet auch er nicht die allegorische Darstellung und die Verbindung Natur-Gott-Schöpfung ist ähnlich den Dichtern der Barockzeit. Brockes ist ein guter Beobachter und seine Naturbeschreibungen sind detailliert und genau geschildert. Auch die kleinen Dinge finden seine Aufmerksamkeit (Käfer, Kürbis, Fliege usw.) und werden in einem liebevollen Ton poetisch verarbeitet.
Brockes ist ein Könner in der Gegenüberstellung von harten und weichen Vokalen die man in fast allen seinen Gedichten vorfindet. Brockes Lyrik setzt auf den Klang und in dieser Hinsicht sind seine Gedichte meisterlich.
Die Trauben
Gewiß, es wird ein Mensch kaum glauben,
Wie manche Farbe sich auf reifen Trauben
Mit Licht und Schatten mischt,
Und ein drauf achtend Aug’ erfrischt........................
Wenn bei Brockes auch noch vieles im Lehrhaften stecken bleibt so ist seine Naturlyrik doch ein großer Fortschritt gegenüber der Barockzeit.
Leseprobe:
Der gestirnte Baum
Die Frösche
Auch Albert Haller kann in die frühe Zeit der Aufklärung eingeordnet werden und mit seinen epischen Gedicht "Die Alpen" gelingt es ihm die Bergwelt in künstlerisch sprachkräftigen Bildern zu beschreiben. Ähnlich wie bei Brockes wird die Natur detailliert dargestellt doch Haller schildert mit größerer poetischer Kraft. Die Alpen sind nicht nur ein großartiges Landschaftsgemälde sondern der Dichter versucht seine Ansichten über Welt und Menschen in das Gedicht einfließen zu lassen.
Gegenübergestellt werden die einfachen Menschen der Alpen die in einer kargen und harten Natur leben müssen während die Bewohner in den Städten und an den Höfen im Überfluss lebend ihre Zeit vergeuden. Haller schildert das Leben in den Alpen im Verlauf eines Jahres und mit poetisch kräftigen Bildern wird die Verbindung Mensch- Natur der Alpenbewohner dargestellt. Haller, ein bekannter Naturforscher seiner Zeit, betrachtet die Natur mit den Augen eines Wissenschaftlers was wohl dazu beiträgt das seine Schilderungen so genau sind und das Gedicht insgesamt nicht akademisch wirkt weil Haller tatsächlich Erlebtes und Gesehenes wiedergibt. (Alpenreise des Dichters) Die vorherrschenden feudale und städtische Gesellschaft wird von Haller abgelehnt und statt dessen das einfache Leben in und mit der Natur gepriesen. Das Gedicht in seiner Gesamtheit enthält in sozialer, moralischer und ethischer Hinsicht Elemente wie sie zuvor in der deutschen Lyrik noch nicht dargestellt wurden.
Klopstock, der Wegbereiter der deutschen Klassik hat sein Schaffen fast vollständig dem christlichen Gedanken untergeordnet. Der Dichter, ein tief gläubiger Mensch feiert in seinen Naturoden die Schöpfung und versucht so, die seiner Meinung nach von der Religion entfremdeten Menschen, Gott und Natur, die ja sein Werk ist, näher zu bringen und so ihren Glauben zu stärken. Klopstocks Talent und seine poetischen Möglichkeiten in Ausdruck und Sprache sind ungleich höher als die anderer Aufklärer und so entstehen Naturbilder von monumentaler Größe. Nicht mehr die detaillierte Schilderung der Natur stehen im Vordergrund sondern Klopstock versucht, im christlichen Sinne, die großen Zusammenhänge Kosmos-Natur-Gott herzustellen. Diese Herangehensweise lässt die detailgenaue Schilderung einzelner Naturerscheinungen nicht mehr zu eröffnet aber neue Möglichkeiten in der Auseinandersetzung mit der Thematik. Das Gedicht die "Frühlingsfeier" ist in freien Rhythmen geschrieben und beinhaltet 29 Strophen die in 3 Teile aufgeteilt werden können. Die ersten beiden Teile heben sich vom 3. Teil dahingehend ab, das sie vom Charakter her eher betrachtend sind und den 3. Teil mit der Schilderung eines Gewitters vorbereiten. Der 3.Teil ist schon von der Anzahl der Strophen her der umfangreichste und bildet den eigentlichen Mittelpunkt der Dichtung. Die Darstellung des Gewitters ist monumental und das Naturschauspiel wird von seiner Entstehung bis zu seiner Entfaltung mit fast gewaltsamen Worten geschildert. In den letzten 3 Strophen geht Klopstock vom ICH zum WIR über und der Dichter tritt gewissermaßen aus dem Gedicht heraus (sein lyrisches ICH) und der humanistisches Charakter seiner Dichtung wird klar weil er das Gewitter nicht als eine Strafe Gottes ansieht sondern den Regen als ein Segen für den trockenen Boden, der nach Wasser verlangt, deutet. Natur-Mensch und Schöpfer (Gott) werden nicht als Gegensätze betrachtet sondern bilden eine einheitliche und gesetzliche Ordnung.
Das Gedicht ist in der bis dahin veröffentlichten deutschen Naturlyrik als ein Höhepunkt zu betrachten denn niemals zuvor hat ein Dichter deutscher Zunge Naturereignisse so eindringlich und in so hohen dichterischen Qualität geschaffen. Die ethische und moralische Aussagekraft wird von keinem Dichter der Aufklärung erreicht.
Leseprobe:
Mein Wäldchen
Der Zürchersee
Zusammenfassung: In der Epoche der Aufklärung erhält die Natur einen Eigenwert und wird viel differenzierter dargestellt als im Barock. Viele Dichter lassen eigene Erfahrungen und Erlebtes in ihr Werk einfließen was insgesamt zu einer lebendigen und glaubhaften Darstellung von Naturschilderungen bzw. Naturereignissen führt. Tendenziell wird versucht objektiv genaue Beschreibungen der Natur wiederzugeben jedoch sind in den meisten Werken christlich-allgorische Aspekte enthalten und Gott wird als der Schöpfer der Welt gefeiert. Die Naturlyrik der Aufklärung erfährt mit Klopstock in sprachlicher wir formaler Hinsicht seinen Höhepunkt. Den nächsten Schritt macht erst Goethe mit seinem um 1773 entstandenen Gedicht "Prometheus" indem er Gott als den Schöpfer der Welt verbannt und den Menschen als selbstbestimmtes Wesen erkennt.
Quellenverzeichnis:
Rudolf Haller: Geschichte der deutschen Lyrik von Ausgang des Mittelalters bis zu Goethes Tod-Francke Verlag Bern und München 1967
Aufklärung- Erläuterungen zur deutschen Literatur-Volk und Wissen 1971
Königs Erläuterungen-Naturlyrik vom Mittelalter bis zur Gegenwart-Bange Verlag 2012-ISBN: 978-3-8044-3031-0
Aufklärung- Erläuterungen zur deutschen Literatur-Volk und Wissen 1971
Königs Erläuterungen-Naturlyrik vom Mittelalter bis zur Gegenwart-Bange Verlag 2012-ISBN: 978-3-8044-3031-0
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