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2019-02-08

Gedichte von Justus Christian Gottlieb König: Am langen Tag der Juden (1)

Justus Christian Gottlieb König


Am langen Tag der Juden

Jedes Wölkchen, das am Himmel strahlet,
Jedes Lüftchen, das schon kühler weht,
Jeden Strahl, der noch die Erde mahlet,
Bis die liebe Sonne untergeht.

Jeden Glockenschlag, der's lehrt, dass eine Stunde
Dieses Tages nun vorüber sey,
Zählt der Arme, der dem Vaterbunde,
Sey's auch Aberglauben,-ist getreu.

Keinen Labetrunk genießen, keine Speise,
Eingehüllt im weißen Sterbekleid,
Laut zu beten, nach der Väter Weise
Und das, eine solche lange Zeit.

Immer heischrer wird die raue Kehle;
Immer mehrt sich Durst und Hungerspein;
Ach! der Arme sehnt mit ganzer Seele
Sich nach mildem Sterne-Schein.

Ach! du wähnst, du hättest diesen Tage
Deiner Pflichten höchste nun gethan,
Lieber Mann! mich jammert deine Plage,
Möchte gern dir nehmen diesen Wahn.

Bist ein Mensch!-Wie sollte ich dich hassen,
Weil mein Weg nicht auch der deine ist?
Ziehe friedlich ferner deine Strassen,
Bist ein Mensch!-sey Jude oder Christ.

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