> Gedichte und Zitate für alle: Gedichte von Ludwig Rubiner: Die Engel (3)

2021-03-15

Gedichte von Ludwig Rubiner: Die Engel (3)



Die Engel

Führer, du stehst klein, eine zuckende Blutsäule auf der schmalen Tribüne,
Dein Mund ist eine rund gebogene Armbrust, du wirst schwingend
abgeschnellt.
Deine Augen werfen im Horizontflug leuchtende Flügel ins Grüne,
Deine Ringerarme kreisen weit hinein ins feindliche Menschenfeld.

Du schwächliche Säule, Gottes Stoß hat deine Krummnase in die zitternden
Massen geschwungen,
Deine Ohren hohl beflügelt schweben wie leichte Vögel rosig auf bleiernem
Volksschrei,
Die hellen Flügel tragen den Thron deines Kopfes sanft über Steinwürfe und
graue Beleidigungen,
Dein Kopf schüttelt wie Wolkengefieder goldblitzende Himmelskuppeln auf
die Menschenschultern herbei.

O Engel, ihr fliegt im leuchtenden Ball des Hauptes durch blauen Raum,
Augen, ihr Engel, pfeilt zu den schwirrenden Brüdern im Kreis;
O Zunge, Arme, Gliedersäulen, Engel, ihr umschlingt euch wie Zweige im
wehenden Baum.
Führer, sprich! Um dich ringen die Engel auf kristallenen Bergen
hochstrahlend und heiß.

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