O trockene Lippen, sechzigjährig, trauernd schlaff umstoppelt, die sich flach
öffnen, weil vor dem Tod Einer bekennt.
O irre rote Zungenglut hinter weißen Negerzähnen, die Stimme gurgelt im
Glücksgesang.
O Mund, rundes schallendes Tor, Hall und Lust, Volkschoral, daß der Saal
mitschwang.
O bitterer Nähmädchenmund, der nach Gerechtigkeit klagt und schrill
Groschen und Wiegpfunde zählt.
O faltiger Rednermund, der auf und nieder wie Eulenaug geht, und Effekte
wählt.
O Mann im blauen Hemd, der in Fabrikpausen hastig Propaganda treibt.
O sorgfältiger Beamter, der nach allen Poststationen Briefe und Werbelisten
schreibt.
O Demütiger, verlegenes Herz, der nur einmal einem Guten die Hand drücken
mocht.
O Stummer, der zum erstenmal spricht, und in einem Satz sich prasselnd
verkocht.
Eine Stimme flammt über Europas gehetzten Menschen, über krummen
schweigsamen Kulis im Australischen Strauch.
O Münder, wie viele warten auf Euch, Ihr schallt, und sie öffnen sich auch!
Auf der runden Erde floß das Meer im Wind über den Strand und zurück.
Schlapphutredner im Lichtstrahl, hinter Pulten, bei geheimen
Zusammenkünften, an nassen Kneiptischen, sprachen geläufig immer
dasselbe Stück.
Schwindler warben um Geld. Fastende Heilige schmuggelten verbotene
Zeitungen über die Grenzen,
Gymnasiasten in ihren Aufsätzen wollten zum Zorn der Lehrer mit neuem
Wissen glänzen.
Einsame wurden über die runde Erdkugel hin von Worten getroffen wie
Hafenstädte von aufgefischten Flaschenposten.
In allen Häusern drängen Frauenleiber ans Fenster, um das vorbeifliegende
Abendlicht zu kosten.
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