AUF EINEM HOHEN
BERGGIPFEL, IM GRUNDE EINE RUINE.
HOFFEGUT (von der einen Seite oben auf dem Felsen).
O gefährlicher Stieg! o unglückseliger Weg!
TREUFREUND (auf der andern Seite in der Höhe ungesehn).
Still! Ich hör ihn wieder.—Houp!
HOFFEGUT (antwortend). Houpl
TREUFREUND. Auf welche Klippe hast du dich verirrt?
HOFFEGUT. Weh mir! o weh!
TREUFREUND. Geduldig, mein Freundl
HOFFEGUT. Ich stecke in Dornen.
TREUFREUND. Nur gelassen!
HOFFEGUT. Auf dem feuchten betrügrischen Moos
schwindl ich am Abhang des Felsens!
TREUFREUND. Immer ruhig!—Mach dich herunter! Da
seh ich ein Wieschen!
HOFFEGUT. Ich fall, ich falle!
TREUFREUND. Nur sachte! ich komme gleich!
HOFFEGUT. Au, au, ich liege schon unten!
TREUFREUND. Wart, ich will dich aufheben!
HOFFEGUT (auf der Erde liegend). O daß den bösen
Verführer, den landstreicherischen Gesellen, den wagehalsigen
Kletterer die Götter verderblich verdürben!
TREUFREUND. Was schreist du?
HOFFEGUT. Ich verwünsche dich!
TREUFREUND (den man oben auf dem Felsen auf allen
vieren erblickt). Hier ist der Muscus cyperoides polytrichocarpomanidoides
Hoffegut. Er bringt mich um.
Treufreund. Hier ist der Lichen canescens pigerrimus, welch eine traurige Figur!
Hoffegut. Mir sind alle Gebeine zerschellt.
Treufreund. Siehst du, was die Wissenschaft für ein Nothanker ist! In den höchsten Lüften auf den rauhsten Felsen findet der unterrichtete Mensch Unterhaltung.
Hoffegut. Ich wollte, du müßtest im tiefsten Meergrund' ein Conchiliencabinet zusammen lesen, und ich wäre, wo ich herkomme!
Treufreund. Ist dir's nicht wohl? Es ist so eine reine Luft da oben.
Hoffegut. Ich spür's am Athem!
Treufreund. Hast du dich umgesehen? Welche treffliche Aussicht!
Hoffegut. Die kann mir nichts helfen.
Treufreund. Du bist wie ein Stein –
Hoffegut. Wenn die Kälte ausschlägt! ich schwitze über und über.
Treufreund (herunter kommend). Das ist heilsam; und ich versichere dich, wir sind am rechten Ort –
Hoffegut. Ich wollte, wir wären wieder unten –
Treufreund. Und sind den nächsten Weg gegangen.
Hoffegut. Ja, grad' auf, aber ein Paar Stunden länger. Ich kann kein Glied rühren, von der Müh' und vom Fall. Weh!
TREUFREUND (hebt ihn auf). Nu, nu, du hängst ja noch
zusammen.
HOFFEGUT. O müss es allen denen so ergehen, die zu
Hause unzufrieden sind!
TREUFREUND. Faß dich, faß dich!
HOFFEGUT. Wir hatten wenigstens zu essen und zu
trinken—
TREUFREUND. Wenn uns jemand borgte oder es was
zu schmarutzen gab.
HOFFEGUT. Warm im Winter—
TREUFREUND. Solange wir im Bette lagen.
HOFFEGUT. Keine Strapazen; und es waren gewiß
Leute schlimmer dran als wir, die wir wie unsinnig in
die Welt hineinrennen und was Tolles auf die tollste Art
aufsuchen.
TREUFREUND (gegen die Zuschauer). Unsere Geschichte
ist mit wenigen Worten diese: Wir konnten`s in der Stadt
nicht mehr aushalten. Denn, ob wir gleich nicht viel verlangten,
so kriegten wir doch immer weniger, als wir hofften;
was wir taten, wurde gut bezahlt, und wir hatten
immer weniger, als wir brauchten; wir schränkten uns
auf alle mögliche Weise ein und konnten niemals auskommen.
Wir lebten gern auf unsere Weise und konnten
selten eine Gesellschaft finden, die für uns paßte. Kurz,
wir sehnten uns nach einem neuen Lande, wo`s eben anders
zuginge.
HOFFEGUT. Und haben uns auf dem Weg vortrefflich
verbessert.
TREUFREUND. Der Ausgang gibt den Taten ihre Titel. —
Große Verdienste bleiben in den neuern Zeiten selten
verborgen; es gibt Journale, wo man jede edle Handlung
gleich verewigt. Wir haben gehört, daß auf dem Gipfel
dieses überhohen Berges ein Schuhu wohnt, der mit nichts
zufrieden ist, und dem wir deswegen große Kenntnisse zuschreiben.
Sie nennen ihn im ganzen Lande den Kritikus.
Er sitzt den Tag über zu Hause und denkt alles durch,
was die Leute gestern getan haben, und ist immer noch
einmal so gescheit als einer, der vom Rathaus kommt.
Wir vermuten, daß er alle Städte, obwohl nur bei Nacht,
wie der hinkende Teufel,' wird gesehen haben und daß
er uns wird einen Ort anzeigen können, wo wir mit Vergnügen
unser Leben zubringen mögen. Sieh doch, sieh
das schöne Gemäuer dahinten! Ists doch, als wenn die
Feen es hingehext hätten.
HOFFEGUT. Entzückst du dich wieder über die alten Steine.-
TREUFREUND. Gewiß dahinten wohnt er. Heda, he!
Schuhu! he! hei Herr Schuhu! Ist niemand zu Hause?
PAPAGEI (tritt auf und spricht schnarrend). Herren,
meine Herren! Wie haben wir die Elire? Wo kommen
Sie her? Welch eine angenehme Überraschung!
TREUFREUND. Wir kommen, den Herrn Schuhu hier
oben aufzusuchen.
HOFFEGUT. Und haben fast die Hälse gebrochen, um
die Ehre zu haben, ihm aufzuwarten.
PAPAGEI. Was tut man nicht, um die Bekanntschaft eines
großen Mannes zu gewinnen! Sie werden meinem Herrn
willkommen sein. Wenn er gleich kein freundlich Gesicht
macht, so sieht ers doch gern, wenn man ihn besucht.
TREUFREUND. Sind Sie sein Diener?
PAPAGEI. Ja, so lang, als mir`s denkt.
HOFFEGUT. Wie ist denn Ihr Name?
PAPAGEI. Man heißt mich den Leser.
TREUFREUND. Den Leser!
PAPAGEI. Und von Geschlecht bin ich ein Papagei.
HOFFEGUT. Das hätt ich Ihnen eher angesehen.
TREUFREUND. Seid Ihr denn mit Euerm Herrn zufrieden?
PAPAGEL Ach ja, ja. Wir schicken uns recht füreinander.
Er denkt den ganzen Tag, und ich denke gar nichts;
er urteilt über alles, und das ist mir sehr recht, da brauch
ich`s nicht zu tun. Wenn mir so was recht in der Seele
wohl tut, wenn ichs auswendig gelernt habe, ich mich
den ganzen Tag mit trage, da geh ich eben des Abends
hin und frage ihn, ob`s auch was taugt?
TREUFREUND. Ihr müßt aber hier jämmerliche Langeweile
haben.
PAPAGEL Glaubt das nicht; wir sind von allem unterrichtet.
HOFFEGUT. Was tut und treibt ihr aber den ganzen Tag?
PAPAGEI. Je nun, wir warten eben, bis der Abend
kommt.
TREUFREUND. Ihr habt aber wahrscheinlich noch besondere
Liebhabereien?
PAPAGEL Ich bin ein erklärter Freund von Nachtigallen,
Lerchen und andern dergleichen Singvögeln. Ganze
Stunden lang bei Tag und Nacht kann ich stehen und
ihnen zuhören und so entzückt sein, so selig sein, daß ich
manchmal meine, die Federn müßten mir vom Leibe
fließen. Zum Unglück ist mein Herr auch sehr auf diese
Tierchen gestellt, nur von einer andern Seite; wo er ein
habhaft werden kann, schnaps! hat er`s beim Kopfe und
rupft's. Kaum ein Paar hat er auf mein inständiges
Schuhu. Das bekümmert mich nicht.
Treufreund. Daß wir nicht nachgedruckt werden.
Schuhu. Das geht mich nichts an.
Hoffegut. Eine Stadt, wo Vater und Mutter nicht gleich so gräßliche Gesichter schnitten, wenn man sich ihren liebenswürdigen Töchtern nähert.
Schuhu. Wie?
Treufreund. So eine Stadt, wo Ehemänner einen Begriff von dem bedrängten Zustande eines unverheiratheten wohlgesinnten Jünglings hätten.
Schuhu. Was?
Hoffegut. Eine Stadt, wo ein glücklicher Autor
(Treufreund kriegt den Schuhu und Hoffegut den
HOFFEGUT. Was soll ich weiter holen? Es geht verflucht
langsam mit unserer Verschanzung im Angesicht
der Feinde.
TREUFREUND. Sei nur still, das ist homerisch.
(Die nachbenannten Gerätschaften müssen kolossalisch und
in die Augen fallend sein, besonders die Feder und das Tintenfaß)
Nimm zuerst diesen knotigen Prügel, womit der Kritikus
alles junge Geziefer auf der Stelle breitzuschlagen pflegt!
Nimm diese Peitschen, mit denen er, sich gegen den
Mutwillen waffnend, die Ungezogenheit noch ungezogener
macht! Nimm die Blasröhre, womit er ehrwürdigen Leuten,
die er nicht erreichen kann, Lettenkugeln in die
Perücken schießt—und so wehre dich gegen jeden in
seiner Art! Hier, nimm das Tintenfaß und die große Feder
und beschmiere damit dem ersten, der mit buntem Gefieder
herankommt, die Flügel! Denn wer die Gefahr nicht
scheut, fürchtet doch, verunziert zu werden. Halte dich
wohl! fürchte nichts! und wenn du Schläge kriegst, so
denke, daß sie dem Tapfern wie dem Feigen von den
Göttern zugemessen sind.
HOFFEGUT. Ich bin ein lebendiges Herz.
CHOR. Pickt und kratzt und krammt und hacket.
Bohrt und krallet den verwegnen.
Den verfluchten Vogelstellern
Ungesäumt die Augen aus!
PAPAGEI. Bedenkt, meine Freunde! hört das Wort der
ERSTER VOGEL. Bist du auch hier? Zerreißt den Verräter
zuerst.
ZWEITER VOGEL. Er hat sie eingeführt, er muß mit
ihnen sterben.
DRITTER VOGEL. Du verfluchter Sprecher!
(Sie hacken auf den Papagei und treiben ihn fort)
TREUFREUND. Sie scheinen geteilt. Man muß sie nicht
zu Atem kommen lassen.
HOFFEGUT. Nur immer zu!
TREUFREUND. Diese Nation ist in ihrer Kindheit. Ich
habe von den Seefahrern gehört, daß man dergleichen
Völker durch Honnetetät am ersten betrügen kann. Ich
werde diese Stöcke wegwerfen, wirf die Peitsche aus der
Hand! Siehst du, wie sie achtgeben und sich verwundern?
HOFFEGUT. Ich sehe, wie sie ihre Schnäbel auf uns
richten und uns grimmig zu zerhacken drohen.
TREUFREUND. Ich entäußere mich dieser Feder, ich
setze das Tintenfaß beiseite, ich demoliere die Festung.
TREUFREUND. Ich glaube an Menschheit.
HOFFEGUT. Unter den Vögeln?
TREUFREUND. Am ersten.
HOFFEGUT. Was wird das werden!
TREUFREUND. Weißt du nicht, daß die Gegenwart
eines großen Mannes ihm alle seine Feinde versöhnt?
HOFFEGUT. Wenn sie Narren sind.
TREUFREUND. Das ist eben, was wir versuchen wollen.
HOFFEGUT. Nun, so mach deine Sache!
TREUFREUND (tritt vor). Nur einen Augenblick euern
raschen, auf unser Verderben gerichteten Entschluß mit
Überlegung zurückzuhalten, wird euch zum ewigen Ruhm
gereichen, geflügelte Völker! die ihr vor andern eures Geschlechts
so ausgezeichnet seid, daß ihr nicht bloß mit
Gekrakse und Geschrei in den Lüften hin und her fahret,
sondern durch die himmlische Gabe der Rede und vernehmlicher
Worte euch zu versammeln und gemeinschaftlich
zu handeln vermöget! Großes Geschenk der alten
Parze! Etwas zum Schaden Bekannter oder Unbekannter
vornehmen, kann uns der größte Vorwurf werden;
Treufreund. Aber vergebens! Wir, im Herzen
BERGGIPFEL, IM GRUNDE EINE RUINE.
HOFFEGUT (von der einen Seite oben auf dem Felsen).
O gefährlicher Stieg! o unglückseliger Weg!
TREUFREUND (auf der andern Seite in der Höhe ungesehn).
Still! Ich hör ihn wieder.—Houp!
HOFFEGUT (antwortend). Houpl
TREUFREUND. Auf welche Klippe hast du dich verirrt?
HOFFEGUT. Weh mir! o weh!
TREUFREUND. Geduldig, mein Freundl
HOFFEGUT. Ich stecke in Dornen.
TREUFREUND. Nur gelassen!
HOFFEGUT. Auf dem feuchten betrügrischen Moos
schwindl ich am Abhang des Felsens!
TREUFREUND. Immer ruhig!—Mach dich herunter! Da
seh ich ein Wieschen!
HOFFEGUT. Ich fall, ich falle!
TREUFREUND. Nur sachte! ich komme gleich!
HOFFEGUT. Au, au, ich liege schon unten!
TREUFREUND. Wart, ich will dich aufheben!
HOFFEGUT (auf der Erde liegend). O daß den bösen
Verführer, den landstreicherischen Gesellen, den wagehalsigen
Kletterer die Götter verderblich verdürben!
TREUFREUND. Was schreist du?
HOFFEGUT. Ich verwünsche dich!
TREUFREUND (den man oben auf dem Felsen auf allen
vieren erblickt). Hier ist der Muscus cyperoides polytrichocarpomanidoides
Hoffegut. Er bringt mich um.
Treufreund. Hier ist der Lichen canescens pigerrimus, welch eine traurige Figur!
Hoffegut. Mir sind alle Gebeine zerschellt.
Treufreund. Siehst du, was die Wissenschaft für ein Nothanker ist! In den höchsten Lüften auf den rauhsten Felsen findet der unterrichtete Mensch Unterhaltung.
Hoffegut. Ich wollte, du müßtest im tiefsten Meergrund' ein Conchiliencabinet zusammen lesen, und ich wäre, wo ich herkomme!
Treufreund. Ist dir's nicht wohl? Es ist so eine reine Luft da oben.
Hoffegut. Ich spür's am Athem!
Treufreund. Hast du dich umgesehen? Welche treffliche Aussicht!
Hoffegut. Die kann mir nichts helfen.
Treufreund. Du bist wie ein Stein –
Hoffegut. Wenn die Kälte ausschlägt! ich schwitze über und über.
Treufreund (herunter kommend). Das ist heilsam; und ich versichere dich, wir sind am rechten Ort –
Hoffegut. Ich wollte, wir wären wieder unten –
Treufreund. Und sind den nächsten Weg gegangen.
Hoffegut. Ja, grad' auf, aber ein Paar Stunden länger. Ich kann kein Glied rühren, von der Müh' und vom Fall. Weh!
TREUFREUND (hebt ihn auf). Nu, nu, du hängst ja noch
zusammen.
HOFFEGUT. O müss es allen denen so ergehen, die zu
Hause unzufrieden sind!
TREUFREUND. Faß dich, faß dich!
HOFFEGUT. Wir hatten wenigstens zu essen und zu
trinken—
TREUFREUND. Wenn uns jemand borgte oder es was
zu schmarutzen gab.
HOFFEGUT. Warm im Winter—
TREUFREUND. Solange wir im Bette lagen.
HOFFEGUT. Keine Strapazen; und es waren gewiß
Leute schlimmer dran als wir, die wir wie unsinnig in
die Welt hineinrennen und was Tolles auf die tollste Art
aufsuchen.
TREUFREUND (gegen die Zuschauer). Unsere Geschichte
ist mit wenigen Worten diese: Wir konnten`s in der Stadt
nicht mehr aushalten. Denn, ob wir gleich nicht viel verlangten,
so kriegten wir doch immer weniger, als wir hofften;
was wir taten, wurde gut bezahlt, und wir hatten
immer weniger, als wir brauchten; wir schränkten uns
auf alle mögliche Weise ein und konnten niemals auskommen.
Wir lebten gern auf unsere Weise und konnten
selten eine Gesellschaft finden, die für uns paßte. Kurz,
wir sehnten uns nach einem neuen Lande, wo`s eben anders
zuginge.
HOFFEGUT. Und haben uns auf dem Weg vortrefflich
verbessert.
TREUFREUND. Der Ausgang gibt den Taten ihre Titel. —
Große Verdienste bleiben in den neuern Zeiten selten
verborgen; es gibt Journale, wo man jede edle Handlung
gleich verewigt. Wir haben gehört, daß auf dem Gipfel
dieses überhohen Berges ein Schuhu wohnt, der mit nichts
zufrieden ist, und dem wir deswegen große Kenntnisse zuschreiben.
Sie nennen ihn im ganzen Lande den Kritikus.
Er sitzt den Tag über zu Hause und denkt alles durch,
was die Leute gestern getan haben, und ist immer noch
einmal so gescheit als einer, der vom Rathaus kommt.
Wir vermuten, daß er alle Städte, obwohl nur bei Nacht,
wie der hinkende Teufel,' wird gesehen haben und daß
er uns wird einen Ort anzeigen können, wo wir mit Vergnügen
unser Leben zubringen mögen. Sieh doch, sieh
das schöne Gemäuer dahinten! Ists doch, als wenn die
Feen es hingehext hätten.
HOFFEGUT. Entzückst du dich wieder über die alten Steine.-
TREUFREUND. Gewiß dahinten wohnt er. Heda, he!
Schuhu! he! hei Herr Schuhu! Ist niemand zu Hause?
PAPAGEI (tritt auf und spricht schnarrend). Herren,
meine Herren! Wie haben wir die Elire? Wo kommen
Sie her? Welch eine angenehme Überraschung!
TREUFREUND. Wir kommen, den Herrn Schuhu hier
oben aufzusuchen.
HOFFEGUT. Und haben fast die Hälse gebrochen, um
die Ehre zu haben, ihm aufzuwarten.
PAPAGEI. Was tut man nicht, um die Bekanntschaft eines
großen Mannes zu gewinnen! Sie werden meinem Herrn
willkommen sein. Wenn er gleich kein freundlich Gesicht
macht, so sieht ers doch gern, wenn man ihn besucht.
TREUFREUND. Sind Sie sein Diener?
PAPAGEI. Ja, so lang, als mir`s denkt.
HOFFEGUT. Wie ist denn Ihr Name?
PAPAGEI. Man heißt mich den Leser.
TREUFREUND. Den Leser!
PAPAGEI. Und von Geschlecht bin ich ein Papagei.
HOFFEGUT. Das hätt ich Ihnen eher angesehen.
TREUFREUND. Seid Ihr denn mit Euerm Herrn zufrieden?
PAPAGEL Ach ja, ja. Wir schicken uns recht füreinander.
Er denkt den ganzen Tag, und ich denke gar nichts;
er urteilt über alles, und das ist mir sehr recht, da brauch
ich`s nicht zu tun. Wenn mir so was recht in der Seele
wohl tut, wenn ichs auswendig gelernt habe, ich mich
den ganzen Tag mit trage, da geh ich eben des Abends
hin und frage ihn, ob`s auch was taugt?
TREUFREUND. Ihr müßt aber hier jämmerliche Langeweile
haben.
PAPAGEL Glaubt das nicht; wir sind von allem unterrichtet.
HOFFEGUT. Was tut und treibt ihr aber den ganzen Tag?
PAPAGEI. Je nun, wir warten eben, bis der Abend
kommt.
TREUFREUND. Ihr habt aber wahrscheinlich noch besondere
Liebhabereien?
PAPAGEL Ich bin ein erklärter Freund von Nachtigallen,
Lerchen und andern dergleichen Singvögeln. Ganze
Stunden lang bei Tag und Nacht kann ich stehen und
ihnen zuhören und so entzückt sein, so selig sein, daß ich
manchmal meine, die Federn müßten mir vom Leibe
fließen. Zum Unglück ist mein Herr auch sehr auf diese
Tierchen gestellt, nur von einer andern Seite; wo er ein
habhaft werden kann, schnaps! hat er`s beim Kopfe und
rupft's. Kaum ein Paar hat er auf mein inständiges
Bitten hier oben leben lassen, und just nicht die besten.
Treufreund. Ihr solltet ihm remonstriren.
Papagey. Das hilft nichts, wenn er hungrig ist.
Hoffegut. Ihr solltet ihm anders Futter unterschieben.
Papagey. Das geschieht auch, solang's möglich ist,
Treufreund. Ihr solltet ihm remonstriren.
Papagey. Das hilft nichts, wenn er hungrig ist.
Hoffegut. Ihr solltet ihm anders Futter unterschieben.
Papagey. Das geschieht auch, solang's möglich ist,
und das ist eben mein Leidwesen. Wenn's nur
immer Mäuse gäbe. Denn Mäuse find't er so
delicieux wie Lerchen. und die schönste
Lerche schnabelirt er wie eine Maus.
Hoffegut. Warum dient ihr ihm denn aber?
Papagey. Er ist nun einmahl Herr.
Hoffegut. Ich ließ' ihn hier oben in seiner
Hoffegut. Warum dient ihr ihm denn aber?
Papagey. Er ist nun einmahl Herr.
Hoffegut. Ich ließ' ihn hier oben in seiner
Wüste, und suchte mir dort unten so ein
schönes, allerliebstes, dichtes, feuchtliches
Hölzchen, das voller Nachtigallen wäre,
und wo die Lerchen über dem Felde dran
zu Hunderten in der Luft herum sängen;
da wollte ich mir's recht wohl werden lassen!
Papagey. Ach wenn's nur schon so wäre!
Treufreund. Nun so macht, daß ihr von ihm los kommt.
Papagey. Wie soll ich's anfangen?
Hoffegut. Gibt er euch denn so gute Nahrung, daß ihr's wo anders nicht besser haben könnt?
Papagey. Behüte Gott! Ich muß mir mein Bißchen selbst suchen. Ja, wenn ich Gebeine und Gerippe fressen könnte; das ist Alles, was er von seinen Mahlzeiten übrig läßt.
Treufreund. Das heiße ich ein Attachement! Macht doch, daß wir einen Herrn kennen lernen, der so einen treuen Diener verdient.
Papagey. Nur stille, stille, daß ihr ihn nicht
Papagey. Ach wenn's nur schon so wäre!
Treufreund. Nun so macht, daß ihr von ihm los kommt.
Papagey. Wie soll ich's anfangen?
Hoffegut. Gibt er euch denn so gute Nahrung, daß ihr's wo anders nicht besser haben könnt?
Papagey. Behüte Gott! Ich muß mir mein Bißchen selbst suchen. Ja, wenn ich Gebeine und Gerippe fressen könnte; das ist Alles, was er von seinen Mahlzeiten übrig läßt.
Treufreund. Das heiße ich ein Attachement! Macht doch, daß wir einen Herrn kennen lernen, der so einen treuen Diener verdient.
Papagey. Nur stille, stille, daß ihr ihn nicht
aufweckt! denn wenn man ihn aus den Träumen
stört, da ist er so unartig wie ein Kind;
sonst ist er ein recht gesetzter Mann.
Doch ich höre, daß er eben von seinem
Mittagsschläfchen erwacht, sich schüttelt;
da ist er am freundlichsten; ich will euch melden. –
Mein theurer Herr, ich bitte euch, hier sind ein
Paar liebenswürdige Fremde! Der Himmel ist
bedeckt, es wird euern Augen nichts schaden.
Schuhu (tritt auf.) Über was verlangen die Herrn mein Urtheil?
Treufreund. Nicht sowohl Urtheil als guten Rath.
Papagey. Das ist eben recht seine Sache. Ich habe noch nicht gesehen, daß Einer etwas gemacht hat, den er nicht hinterdrein mit der Nase auf's Beßre gestoßen hätte.
Schuhu. Einen guten Rath, meine Herren?
Hoffegut. Oder auch eine Nachricht, wie Sie's nehmen wollen.
Papagey. Damit wird er Ihnen auch dienen können; denn er ist von Allem unterrichtet.
Schuhu. Ja, ich habe Correspondenz mit allen
Schuhu (tritt auf.) Über was verlangen die Herrn mein Urtheil?
Treufreund. Nicht sowohl Urtheil als guten Rath.
Papagey. Das ist eben recht seine Sache. Ich habe noch nicht gesehen, daß Einer etwas gemacht hat, den er nicht hinterdrein mit der Nase auf's Beßre gestoßen hätte.
Schuhu. Einen guten Rath, meine Herren?
Hoffegut. Oder auch eine Nachricht, wie Sie's nehmen wollen.
Papagey. Damit wird er Ihnen auch dienen können; denn er ist von Allem unterrichtet.
Schuhu. Ja, ich habe Correspondenz mit allen
Malcontenten in der ganzen Welt; da erhalte
ich die geheimsten Nachrichten,
Papiere und Documente; und wenn man
mit Leuten spricht, die unzufrieden sind,
da erfährt man recht die Wahrheit.
Treufreund. Ganz natürlich!
Hoffegut. Ohne Zweifel.
Papagey. O gewiß!
Treufreund. Ganz natürlich!
Hoffegut. Ohne Zweifel.
Papagey. O gewiß!
SCHUHU. Ich habe meine rechte Freude, allen Vögeln
bange zu machen. Es wird keinem wohl, wenn er mich nur
von weitem wittert. Sie führen ein Gekreische und Gekrächze
und Gekrakse und können, wie ein schimpfendes altes
Weib, gar von dem Orte nicht wegkommen, wo man sie
ärgert. Es ist aber auch einer oder der andere sich bewußt,
daß ich ihm seine Jungen anatomiert habe, um ihm
zu zeigen, wie er ihnen hätte sollen schärfere Schnäbel,
rüstigere Flügel und wohlgebautere Beine anschaffen.
TREUFREUND. Wir haben uns also an die rechte Schmiede
gewendet; denn wir suchen eine Stadt, einen Staat, wo
wir uns besser befänden als da, wo wir herkommen.
SCHUHU. Wenn Sie Nachricht haben wollten von einem,
wos schlimmer hergeht, damit könnt ich eher dienen.
Sein Sie versichert, kein Volk in der Welt weiß sich aufzuführen
und kein König zu regieren.
HOFFEGUT. Und sie leben doch alle.
SCHUHU. Das ist eben das Schlimmste. Aber was vertreibt
Sie aus Ihrem Vaterlande.?
TREUFREUND. Die ganz unerträgliche Einrichtung.
Bedenken Sie, wenn wir zu Hause saßen und ein Pfeifchen
Tabak rauchten oder ins Wirtshaus gingen und uns
ein Gläschen Wein schmecken ließen, wollte uns kein
Mensch für unsere Mühe bezahlen. Was wir am liebsten
taten, war am strengsten verboten, und wenn wir es ja
einmal doch probierten, wurden wir für unsere gute Meinung
noch dazu gestraft.
SCHUHU. Sie scheinen seltsame Begriffe zu haben.
HOFFEGUT. O nein, unsere meisten Freunde sind so
gesinnt.
SCHUHU. Allein, was für eine Stadt suchen Sie eigentlich?
TREUFREUND. O eine ganz unvergleichliche! so eine
weiche, wohlgepolsterte—so eine, wo`s einem immer wohl
wäre.
SCHUHU. Es gibt verschiedene Arten von Wohlsein.
TREUFREUND. Eine Stadt, wo es einem nicht fehlen
könnte, alle Tage an eine wohlbesetzte Tafel geladen zu
werden.
SCHUHU. Hm!
HOFFEGUT. So eine Stadt, wo vornehme Leute die Vorteile
ihres Standes mit uns Geringern zu teilen bereit wären.
SCHUHU. He!
TREUFREUND. Eben eine Stadt, wo die Regenten fühlten,
wie es dem Volk, wie es einem armen Teufel zumute ist.
SCHUHU. Gut!
HOFFEGUT. Ja, eine Stadt, wo reiche Leute Zinsen
gäben, damit man ihnen nur das Geld abnähme und verwahrte.
SCHUHU. So!
TREUFREUND. Eine Stadt, wo Enthusiasmus lebte, wo
ein Mann, der eine edle Tat getan, der ein gutes Buch
geschrieben hätte, gleich auf zeitlebens in allem freigehalten
würde.
SCHUHU. Sind Sie ein Schriftsteller?
TREUFREUND. Ei wohl!
SCHUHU. Sie auch?
HOFFEGUT. Freilich! wie alle meine Landsleute.
SCHUHU. Da gehören Sie vor meinen Stuhl.
HOFFEGUT. Wenn Sie was dazu beitragen können, so
sorgen Sie, daß wir besser bezahlt werden.
Treufreund. Daß wir nicht nachgedruckt werden.
Schuhu. Das geht mich nichts an.
Hoffegut. Eine Stadt, wo Vater und Mutter nicht gleich so gräßliche Gesichter schnitten, wenn man sich ihren liebenswürdigen Töchtern nähert.
Schuhu. Wie?
Treufreund. So eine Stadt, wo Ehemänner einen Begriff von dem bedrängten Zustande eines unverheiratheten wohlgesinnten Jünglings hätten.
Schuhu. Was?
Hoffegut. Eine Stadt, wo ein glücklicher Autor
weder Schuster noch Schneider, weder Fleischer
noch Wirth zu bezahlen brauchte, da wo mir
selbst ein niedliches Schätzchen ihre
Annehmlichkeiten gratis aufdränge,
weil ich einmahl gewußt habe, ihr Herz zu rühren.
Schuhu. Zu wem, denkt ihr, daß ihr gekommen seyd?
Treufreund. Wie so?
Schuhu. Wo finde ich Worte, die eure Ungezogenheit ausdrücken?
Hoffegut. Sonst habt ihr deren doch einen guten Vorrath.
Schuhu. Schändlich! und was schlimmer ist, abscheulich! und was schlimmer ist, gottlos! und was schlimmer ist, abgeschmackt!
Treufreund. Er hat die Leiter erstiegen.
Schuhu. Für euch ist kein Weg als in's Zucht- oder in's Tollhaus. (Ab.)
Papagey. Aber um Gottes willen! was macht ihr, ihr Herren? Ihr scheint ja so vernünftige Leute, und mein Herr ist so ein vernünftiger Herr!
Treufreund. Das macht, daß just vernünftige Leute sich unter einander am wenigsten vertragen können.
Papagey. So einen ernsthaften Mann, den Vogel der Vögel!
Treufreund. O ja! er gleicht dem Wiedehopf, denn er macht sein Nest aus Quark.
Hoffegut. Oder dem Guckguck, denn er legt seine Eyer in fremde Nester.
Papagey. Meine Herren, ich leide ganz erbärmlich!
Treufreund. Wir auch – an Hunger und Durst.
Papagey. Ach, meine Leiden sind viel grausamer,
Schuhu. Zu wem, denkt ihr, daß ihr gekommen seyd?
Treufreund. Wie so?
Schuhu. Wo finde ich Worte, die eure Ungezogenheit ausdrücken?
Hoffegut. Sonst habt ihr deren doch einen guten Vorrath.
Schuhu. Schändlich! und was schlimmer ist, abscheulich! und was schlimmer ist, gottlos! und was schlimmer ist, abgeschmackt!
Treufreund. Er hat die Leiter erstiegen.
Schuhu. Für euch ist kein Weg als in's Zucht- oder in's Tollhaus. (Ab.)
Papagey. Aber um Gottes willen! was macht ihr, ihr Herren? Ihr scheint ja so vernünftige Leute, und mein Herr ist so ein vernünftiger Herr!
Treufreund. Das macht, daß just vernünftige Leute sich unter einander am wenigsten vertragen können.
Papagey. So einen ernsthaften Mann, den Vogel der Vögel!
Treufreund. O ja! er gleicht dem Wiedehopf, denn er macht sein Nest aus Quark.
Hoffegut. Oder dem Guckguck, denn er legt seine Eyer in fremde Nester.
Papagey. Meine Herren, ich leide ganz erbärmlich!
Treufreund. Wir auch – an Hunger und Durst.
Papagey. Ach, meine Leiden sind viel grausamer,
es sind Seelenleiden. Ist's denn nicht möglich.
daß treffliche, mit so vielen Gaben ausgerüstete
und ausgezeichnete Männer auf Einen Zweck
wirken, und vereint das Gute, das Vollkommene erschaffen können?
Hoffegut. Es wird sich schon finden. Ich dächte, ihr rettetet indeß die Hausehre und gäbt uns was zum Besten.
Papagey. Die Herren scheinen sonderliche Kenner zu seyn. Erlauben Sie nicht, daß ich Ihnen meine Nachtigallen und meine Lerchen producire?
Hoffegut. Schaum und Wind!
Papagey. Nun sollt ihr sie hören, meine lieblichen, allerliebsten, unsere Stunden mit ewiger Freude umkränzenden Sängerinnen.
Hoffegut. Es wird sich schon finden. Ich dächte, ihr rettetet indeß die Hausehre und gäbt uns was zum Besten.
Papagey. Die Herren scheinen sonderliche Kenner zu seyn. Erlauben Sie nicht, daß ich Ihnen meine Nachtigallen und meine Lerchen producire?
Hoffegut. Schaum und Wind!
Papagey. Nun sollt ihr sie hören, meine lieblichen, allerliebsten, unsere Stunden mit ewiger Freude umkränzenden Sängerinnen.
TREUFREUND. Leser, lieber Leser!
PAPAGEI. O du kleine, leichtbewegliche, aufspringende,
schwirrende, schmetternde, hellklingende Lerche, du Gast
der frischgepflügten Erde, laß deine Stimme hören und
schaffe neue Bewunderung und Freude!
TREUFREUND. Der wäre vortrefflich, eine Ode auf eine
mittelmäßige Actrice zu machen.
(Die Lerche hinter der Szene singt während der Zeit der
Papagei sein unendliches Entzücken und die Zuhörer ihre
Verwunderung äußern.)
PAPAGEI. Dank dir, heißen Dank!
TREUFREUND. Hunger, heißen Hunger!
HOFFEGUT. Durst, heißen Durst! Ist nicht irgendeine
Quelle hier in der Nachbarschaft?
TREUFREUND. Gibts keine Heidelbeeren, Himbeeren,
Mehlbeeren, Brombeeren hier oben, daß ich dem Scheidewasser
meines Magens nur etwas zur Nahrung einfüllen
könnte?
PAPAGEI. Ihr sollt meine Nachtigall hören, die sanftzaubernde
Huldin, die Beseelerin der Nächte!—Wecke,
rufe hervor jedes schlummernde Gefühlchenl belebe mit
Wollust jeden Flaum und mache mich von der Kralle
bis zum Schnabel ganz zur Empfindung!
HOFFEGUT. Wenn sie sich nur kurz faßt!
TREUFREUND. Das ist gar ihre Art nicht. Wenn so
eine Nachtigall einmal ins Schlagen kommt, da muß man
ihr den Hals umdrehen, wenn sie aufhören soll.
(Nachtigall hinter der Szene, eine lange zärtliche Arie nach
Belieben)
PAPAGEI. Brav! brav! Das ist ein Ausdruck! eine Mannigfaltigkeit!
TREUFREUND. Mir ist`s, als war ich in der deutschen
Komödie, es will gar kein Ende nehmen.
HOFFEGUT. Sie hat eine hübsche Stimme, ich möchte
sie doch in der Nähe sehen.
PAPAGEI. Nun noch zu guter Letzt ein Rondo von der
allerliebsten Lerche; sie hat so was Humoristisches in
ihrem Gesänge.
(Rondo von der Lerche, während dessen Treufreund den
Takt tritt und zuletzt Bewegungen macht wie einer der
tanzen will.)
PAPAGEI. Um Gottes willen, wer wird den Takt treten?
Merkt doch auf den Ausdruck!
TREUFREUND. Der Takt ist das einzige, was ich von
der Musik höre; da fährts einem so recht in die Beine.
(Das Rondo geht fort. Treufreund fängt an, für sich zu
tanzen)
TREUFREUND. Ich glaube, ich werde toll vor Hunger.
(Hoffegut wird auch angesteckt. Der Schuhu kommt und
ruft)
SCHUHU. Soll denn des Gelärms noch kein Ende werden?
Papagey zu fassen, und nöthigen sie zu tanzen.
Wie das Rondeau zu Ende ist, klatschen
Treufreund und Hoffegut in die Hände und
rufen: Bravo! bravo! – Hinter der Scene entsteht ein Getümmel.)
Hoffegut. Nun ja!
Treufreund. Kein großer Mann muß eines natürlichen Todes sterben.
Hoffegut. Hättest du mir das eher gesagt!
Treufreund. Es ist noch immer Zeit
Hoffegut. Hast du mir darum solche
Lauter neue Bücher, die er nach dem Gerüche rezensiert
hat! Hier sind die großen Lexika, die großen Krambuden
der Literatur, wo jeder einzeln sein Bedürfnis pfennigweise
nach dem Alphabet abholen kann!—Nun wären wir
von unten auf gesichert, denn jene verfluchten kleinen
Kröten scheinen uns von gefährlichen Seiten angreifen zu
wollen. Halt hier! halt fest!
HOFFEGUT. Was hör ich? welch ein Geschrei? welch
ein Geräusch?
TREUFREUND. Die Äste werden lebendig.
HOFFEGUT. Ich höre piepsen und kraksen und sehe
eine Versammlung unzähliger Vögel.
(Die Vögel kommen nach und nach herein)
TREUFREUND. Welch ein buntes, abgeschmacktes Gefieder!
Lauter Tagvögel! Sie spüren ihren nächtlichen
Feind, den mächtigen Kritikus.
HOFFEGUT. Welch ein abenteuerlicher Kamm! Wie
das Tier sich verwundert!
TREUFREUND. Dieser hat sich noch ärger ausgeputzt
und sieht noch alberner aus.
HOFFEGUT. Sieh den dritten, wie er wichtig tut! Sie
beratschlagen sich untereinander.
TREUFREUND. Bis sie einig werden, haben wir gute
Zeit.
HOFFEGUT. O weh mir! Der Haufe vermehrt sich.
Sieh diese kleine Brut, diesen gefährlichen Anflug! Wie's
trippelt, wie's stutzt, wie's hüpft, scheut und wiederkommt!
Weh uns! weh!—O welche Wolke von scheußlichen
Kreaturen! Welch ein schändlicher Tod droht uns von
abscheulichen Feinden!
TREUFREUND. Warum nicht gar! Ich habe Appetit,
sie zu fressen.
HOFFEGUT. Ein Wagehals nimmt kein gutes Ende; davon
haben wir die Exempel in der Historie. Du wirst
umkommen, und ich werde umkommen, und ich werde
nicht das mindeste Vergnügen davon gehabt haben.
TREUFREUND. Hast du die Geschichte des Regulus
gelesen?
HOFFEGUT. Leider!
TREUFREUND. Des Cicero?
Treufreund. Kein großer Mann muß eines natürlichen Todes sterben.
Hoffegut. Hättest du mir das eher gesagt!
Treufreund. Es ist noch immer Zeit
Hoffegut. Hast du mir darum solche
Lehren gegeben? mir immer vorgesagt,
daß ein Mensch leben müsse, als wenn
er hundert Jahr alt werden wollte;
daß er sich ordentlich, mäßig, keusch
und in allen Dingen sparsam erzeigen müsse?
Hast du mir nicht eine brave, niedliche
Frau versprochen, wenn ich mich aufführte,
wie sich unsere jungen Leute nicht aufführen? –
und nun soll ich so schändlich untergehen!
Hätt' ich das eher gewußt, ich hätte mir
wollen mein Bißchen junges Leben zu Nutze machen.
Treufreund. Laß dich deine Tugend nicht gereuen!
Hoffegut. Sie schmieden einen Anschlag, sie wetzen ihre Schnäbel, sie schließen sich in Reihen; sie fallen uns an!
Treufreund. Halte den Rücken frei, drücke
Treufreund. Laß dich deine Tugend nicht gereuen!
Hoffegut. Sie schmieden einen Anschlag, sie wetzen ihre Schnäbel, sie schließen sich in Reihen; sie fallen uns an!
Treufreund. Halte den Rücken frei, drücke
den Schlapphut in's Gesicht, und wehre
dich mit dem Ärmel! Jedem Thier und
jedem Narren haben die Götter seine
Vertheidigungswaffen gegeben.
Erster Vogel. Versäumt keinen Augenblick! Sie sind's! unsere gefährlichsten Feinde! Es sind Menschen!
Zweyter Vogel. Vogelsteller? Verschonet keinen! Fallet sie an mit vereinten Kräften, mit schneller Gewalt!
Chor der Vögel. Pickt und kratzt und krammt und hacket,
Bohrt und krallet den verwegnen
Den verfluchten Vogelstellern
Ungesäumt die Augen aus!
Schlagt und klatscht dann mit den Flügeln
Ihre Wangen, ihre Lippen,
Die uns zum Verderben pfeifen,
Ihre mordgesinnten Schläfe;
Das sie taumelnd niederstürzen!
Und dann zerrt und reißt euch gierig,
Keiner sie dem Andern gönnend,
Um die vielgeliebten Augen!
schlänkert die geliebten Bissen
Sie gemächlich zu verschlucken!
Jagt euch um die Leckerbissen!
Selig wer den Fraß verschlingt!
Hoffegut. Wer wird sich der Menge entgegensetzen!
Treufreund. Freylich nicht allein mit zehn
Erster Vogel. Versäumt keinen Augenblick! Sie sind's! unsere gefährlichsten Feinde! Es sind Menschen!
Zweyter Vogel. Vogelsteller? Verschonet keinen! Fallet sie an mit vereinten Kräften, mit schneller Gewalt!
Chor der Vögel. Pickt und kratzt und krammt und hacket,
Bohrt und krallet den verwegnen
Den verfluchten Vogelstellern
Ungesäumt die Augen aus!
Schlagt und klatscht dann mit den Flügeln
Ihre Wangen, ihre Lippen,
Die uns zum Verderben pfeifen,
Ihre mordgesinnten Schläfe;
Das sie taumelnd niederstürzen!
Und dann zerrt und reißt euch gierig,
Keiner sie dem Andern gönnend,
Um die vielgeliebten Augen!
schlänkert die geliebten Bissen
Sie gemächlich zu verschlucken!
Jagt euch um die Leckerbissen!
Selig wer den Fraß verschlingt!
Hoffegut. Wer wird sich der Menge entgegensetzen!
Treufreund. Freylich nicht allein mit zehn
Fingern. Die größten Generale loben die
Verschanzungen. Hier, mein Freund,
ist das Rüst- und Zeughaus unsers alten
großglasäugigen Kriticus.
Diese Geräthschaften und Waffen
sind uns gerade willkommen.
Hier ist ein Ballen, noch einer, und noch einer.
(Die Ballen und Bücher werden nach und nach von beyden Freunden herausgeschafft, und eine Art von Festung aufgebauet. An den Ballen kann außen angeschrieben stehn, aus welchem Fache die Bücher sind )
(Die Ballen und Bücher werden nach und nach von beyden Freunden herausgeschafft, und eine Art von Festung aufgebauet. An den Ballen kann außen angeschrieben stehn, aus welchem Fache die Bücher sind )
hat! Hier sind die großen Lexika, die großen Krambuden
der Literatur, wo jeder einzeln sein Bedürfnis pfennigweise
nach dem Alphabet abholen kann!—Nun wären wir
von unten auf gesichert, denn jene verfluchten kleinen
Kröten scheinen uns von gefährlichen Seiten angreifen zu
wollen. Halt hier! halt fest!
HOFFEGUT. Was soll ich weiter holen? Es geht verflucht
langsam mit unserer Verschanzung im Angesicht
der Feinde.
TREUFREUND. Sei nur still, das ist homerisch.
(Die nachbenannten Gerätschaften müssen kolossalisch und
in die Augen fallend sein, besonders die Feder und das Tintenfaß)
Nimm zuerst diesen knotigen Prügel, womit der Kritikus
alles junge Geziefer auf der Stelle breitzuschlagen pflegt!
Nimm diese Peitschen, mit denen er, sich gegen den
Mutwillen waffnend, die Ungezogenheit noch ungezogener
macht! Nimm die Blasröhre, womit er ehrwürdigen Leuten,
die er nicht erreichen kann, Lettenkugeln in die
Perücken schießt—und so wehre dich gegen jeden in
seiner Art! Hier, nimm das Tintenfaß und die große Feder
und beschmiere damit dem ersten, der mit buntem Gefieder
herankommt, die Flügel! Denn wer die Gefahr nicht
scheut, fürchtet doch, verunziert zu werden. Halte dich
wohl! fürchte nichts! und wenn du Schläge kriegst, so
denke, daß sie dem Tapfern wie dem Feigen von den
Göttern zugemessen sind.
HOFFEGUT. Ich bin ein lebendiges Herz.
CHOR. Pickt und kratzt und krammt und hacket.
Bohrt und krallet den verwegnen.
Den verfluchten Vogelstellern
Ungesäumt die Augen aus!
PAPAGEI. Bedenkt, meine Freunde! hört das Wort der
ERSTER VOGEL. Bist du auch hier? Zerreißt den Verräter
zuerst.
ZWEITER VOGEL. Er hat sie eingeführt, er muß mit
ihnen sterben.
DRITTER VOGEL. Du verfluchter Sprecher!
(Sie hacken auf den Papagei und treiben ihn fort)
TREUFREUND. Sie scheinen geteilt. Man muß sie nicht
zu Atem kommen lassen.
HOFFEGUT. Nur immer zu!
TREUFREUND. Diese Nation ist in ihrer Kindheit. Ich
habe von den Seefahrern gehört, daß man dergleichen
Völker durch Honnetetät am ersten betrügen kann. Ich
werde diese Stöcke wegwerfen, wirf die Peitsche aus der
Hand! Siehst du, wie sie achtgeben und sich verwundern?
HOFFEGUT. Ich sehe, wie sie ihre Schnäbel auf uns
richten und uns grimmig zu zerhacken drohen.
TREUFREUND. Ich entäußere mich dieser Feder, ich
setze das Tintenfaß beiseite, ich demoliere die Festung.
HOFFEGUT. Bist du rasend?
TREUFREUND. Ich glaube an Menschheit.
HOFFEGUT. Unter den Vögeln?
TREUFREUND. Am ersten.
HOFFEGUT. Was wird das werden!
TREUFREUND. Weißt du nicht, daß die Gegenwart
eines großen Mannes ihm alle seine Feinde versöhnt?
HOFFEGUT. Wenn sie Narren sind.
TREUFREUND. Das ist eben, was wir versuchen wollen.
HOFFEGUT. Nun, so mach deine Sache!
TREUFREUND (tritt vor). Nur einen Augenblick euern
raschen, auf unser Verderben gerichteten Entschluß mit
Überlegung zurückzuhalten, wird euch zum ewigen Ruhm
gereichen, geflügelte Völker! die ihr vor andern eures Geschlechts
so ausgezeichnet seid, daß ihr nicht bloß mit
Gekrakse und Geschrei in den Lüften hin und her fahret,
sondern durch die himmlische Gabe der Rede und vernehmlicher
Worte euch zu versammeln und gemeinschaftlich
zu handeln vermöget! Großes Geschenk der alten
Parze! Etwas zum Schaden Bekannter oder Unbekannter
dagegen es immer lobenswürdig ist,
auch wenn wir etwas für gut erkennen,
die Erinnerungen derer anzuhören, die,
bekannter mit uns verborgenen Umständen,
unserm rasch gefaßten Entschluß e
ine bessere Richtung zu geben wissen.
Erster Vogel. Er spricht gut.
Zweyter Vogel. Ganz allerliebst.
Dritter Vogel. Ich wollte, ihr hörtet die Sache, nicht die Worte.
Hoffegut. Es ist, als wenn ein Franzos unter die Deutschen kommt.
Treufreund. Oder ein Virtuos unter Liebhaber.
Dritter Vogel. Lasst sie nicht reden! folgt euerm Entschluß! Wer Gründe anhört, kommt in Gefahr nachzugeben.
Hoffegut (zu Treufreund). Es wird dir nichts helfen.
Treufreund. Gib nur Acht wie ich pfeife (Zu den Vögeln.)
Erster Vogel. Er spricht gut.
Zweyter Vogel. Ganz allerliebst.
Dritter Vogel. Ich wollte, ihr hörtet die Sache, nicht die Worte.
Hoffegut. Es ist, als wenn ein Franzos unter die Deutschen kommt.
Treufreund. Oder ein Virtuos unter Liebhaber.
Dritter Vogel. Lasst sie nicht reden! folgt euerm Entschluß! Wer Gründe anhört, kommt in Gefahr nachzugeben.
Hoffegut (zu Treufreund). Es wird dir nichts helfen.
Treufreund. Gib nur Acht wie ich pfeife (Zu den Vögeln.)
Ihr seyd in Gefahr, euch selbst einen
großen Schaden zu thun, indem ihr eure
nächsten Verwandte und besten Freunde aus
Mißverständniß zu töten bereit seid.
Erster Vogel. Mit keinem Menschen sind wir verwandt noch freund. Ihr sollt umkommen, wir haben's wohl überlegt.
Treufreund. Und irrt euch doch. Denn freylich,
Erster Vogel. Mit keinem Menschen sind wir verwandt noch freund. Ihr sollt umkommen, wir haben's wohl überlegt.
Treufreund. Und irrt euch doch. Denn freylich,
das ganz Unwahrscheinliche vorauszusehn
und zu bedenken, kann man von keinem
Rathe erwarten. Wir scheinen euch feindselig
hier zu seyn, und sind die besten, edelsten,
uneigennützigsten von euern Freunden,
sind keine Menschen, sind Vögel.
Zweyter Vogel. Ihr! – Vögel? Welch eine unverschämte Lüge! Wo habt ihr eure Federn?
Treufreund. Wir sind in der Mause; wir haben sie alle verloren.
Vierter Vogel. Zu welchem Geschlecht wagt ihr euch zu rechnen?
Treufreund. Die Seefahrer haben uns vom
Zweyter Vogel. Ihr! – Vögel? Welch eine unverschämte Lüge! Wo habt ihr eure Federn?
Treufreund. Wir sind in der Mause; wir haben sie alle verloren.
Vierter Vogel. Zu welchem Geschlecht wagt ihr euch zu rechnen?
Treufreund. Die Seefahrer haben uns vom
Südpole mitgebracht. Dieses ist der
Otahitische Mistfinke, nach dem Linné
Monedula ryparocandula; und ich bin von
den Freundsinseln, der große Hosenkackerling,
Epops maximus polycacaromerdicus; es
gibt auch einen kleinen, der ist aber nicht so rar.
Erster Vogel (zu den andern). Was haltet ihr davon?
Dritter Vogel. Es sieht völlig aus wie eine Lüge.
Vierter Vogel. Es kann aber doch auch wahr seyn.
Treufreund. Von Menschen unserer Freyheit beraubt,
Erster Vogel (zu den andern). Was haltet ihr davon?
Dritter Vogel. Es sieht völlig aus wie eine Lüge.
Vierter Vogel. Es kann aber doch auch wahr seyn.
Treufreund. Von Menschen unserer Freyheit beraubt,
in der wir so angenehm auf den Zweigen saßen,
uns wiegten, Kirschkerne aufknackten,
Ananas beschnupperten, Pisangs naschten,
Hanfsamen knusperten.
Erster Vogel. Ach, das muß gut geschmeckt haben!
Treufreund. In böse Käfige gesteckt,
Erster Vogel. Ach, das muß gut geschmeckt haben!
Treufreund. In böse Käfige gesteckt,
auf dem langweiligen Schiffe!
Umgang eines verdrießlichen Capitäns
und grober Matrosen! schlechte Kost,
ein trübseliges und heimlichen Haß nährendes Leben!
Zweyter Vogel. Sie sind zu beklagen.
Treufreund. Angekommen in Europa;
Zweyter Vogel. Sie sind zu beklagen.
Treufreund. Angekommen in Europa;
wie Scheusale angestaunt, von
Standespersonen nach Belieben,
von Bürgern um vier Groschen, v
on Kindern um sechs Pfennige,
und von Gelehrten und Künstlern gratis.
Dritter Vogel. Sie haben mich auch einmahl so dran gehabt.
Treufreund. Sie glaubten, uns zahm gemacht
Dritter Vogel. Sie haben mich auch einmahl so dran gehabt.
Treufreund. Sie glaubten, uns zahm gemacht
zu haben, weil wir, durch den Hunger gebändigt,
nicht mehr wie anfangs hackten und krallten,
sondern Mandelkerne und Nüsse aus den
Händen schöner Damen annahmen und
uns hinter den Ohren krauen ließen.
Vierter Vogel. Das muß doch auch wohl thun.
Vierter Vogel. Das muß doch auch wohl thun.
Treufreund. Aber vergebens! Wir, im Herzen
wie Hannibal, oder ein Rachsüchtiger auf
dem englischen Theater, ungebeugt durch die Noth,
ohne Dank gegen tyrannische Wohlthäter,
schmiedeten einen doppelten, heimlichen,
großen Anschlag – unserer Freyheit und ihres
Verderbens. – Ist es der Bescheidenheit erlaubt,
Aufmerksamkeit auf ihre Thaten zu lenken:
o! so laßt mich euch bemerklich machen,
daß sonst jeder geflügelte Gefangene schon
sich selig fühlt, wenn das Thürchen seines Kerkers
sich eröffnet, der Faden, der ihn hält, zerreißt,
und er sich mit einem schnellen Schwung aus
dem Angesichte seiner Feinde entfernen kann.
Aber Wir, ganz anders gesinnt, verachteten oft
eine leichte Gelegenheit zur Freyheit; andere
Plane wechselten wir im Busen, und saßen
lauschend und getrost indeß auf dem Stängelchen.
Hoffegut. Die Federn fangen mir an zu wachsen,
Hoffegut. Die Federn fangen mir an zu wachsen,
ich werde zum Vogel, wenn du so fortfährst.
Treufreund. Wer lügen will, sagt man,
Treufreund. Wer lügen will, sagt man,
muß sich erst selbst überreden. (Zu den Vögeln.)
Was uns täglich in die Augen fiel,
war ihre Einbildung und ihre Albernheit,
ihre Untüchtigkeit etwas vorzunehmen,
ihr Müßiggang, ihre plumpe Gewaltthätigkeit
und ihr ungeschickter Betrug.
Ach! – seufzeten wir so oft in der Stille –
soll dieß Volk, so unwürdig von der Erde
genährt zu werden, die ihnen durch den Diebstahl
des Prometheus verrätherisch zugewandte
Herrschaft so mißbrauchen, und sie den urältesten Herren,
dem ersten Volke, vorenthalten!
Erster Vogel. Wer ist das erste Volk?
Treufreund. Ihr seyd's! Die Vögel sind das erste, urälteste Geschlecht, vom Schicksale bestimmt, Herren zu seyn des Himmels –
Vögel. Des Himmels?
Treufreund. Und der Erde!
Vögel. Und der Erde?
Vierter Vogel. Unsere Feinde beneiden uns.
Hoffegut. Neider sind Feinde.
Treufreund. Aber im tiefsten Herzen ist eurer
Alle. Führ' uns hin!
Daß wir da trippeln,
Daß wir uns freuen,
Naschen und flattern –
Rühmliche Wonne!
Mandeln zu knuspern!
Erbsen zu schlucken!
Würmchen zu lesen!
Preisliches Glück!
Führ' uns hin!
Treufreund. Ihr seyd drin.
Vögel. Du stellst uns auf den Kopf.
Treufreund. Tretet näher! – hierher. Nun seht euch um! hier in die Höhe! Was seht ihr da oben?
Erster Vogel. Die Wolken und den uralten ausgespannten Himmel.
Dritter Vogel. Er steht wohl schon eine Weile?
Hoffegut. Ich denk's! Es ist mir auch noch gar nicht bange für ihn.
Treufreund. Da droben wohnen, wie Jedermann bekannt ist, seit vielen Jahrtausenden die Götter. Nun seht hinunter, was seht ihr da?
Zweyter Vogel. Zwischen Himmel und Erde?
Treufreund. Ja, dazwischen.
Vögel. Nun, nun, da sehen wir – nichts.
Treufreund. Nichts? O ihr seyd ja fast so
Erster Vogel. Wer ist das erste Volk?
Treufreund. Ihr seyd's! Die Vögel sind das erste, urälteste Geschlecht, vom Schicksale bestimmt, Herren zu seyn des Himmels –
Vögel. Des Himmels?
Treufreund. Und der Erde!
Vögel. Und der Erde?
TREUFREUND. Nicht anders!
VÖGEL. Aber wie?
TREUFREUND. Denn nicht allein die Menschen, sondern
auch die Götter vorenthalten euch euer rechtmäßiges Erbteil.
Sie sitzen auf euern väterlichen Thronen; und ihr
indes, wie armselige Vertriebene, einzelne Ausschößlinge
einer alten Wurzel, werdet auf euern eignen Boden wie
in einem fremden Garten als Unkraut behandelt.
ZWEITER VOGEL. Er rührt mich!
TREUFREUND. Die Tränen kommen mir in die Augen,
wenn ich euch ansehe. Ein Prinz, dessen Eltern von Reich
und Krone vertrieben worden, der seiner Sicherheit wegen
in armseligen Hütten bei Fischern sein Leben zubringen
muß—wird durch den Zufall einem Freunde vom Hause,
einem würdigen General, entdeckt; dieser eilt, ihn aufzusuchen,
und wirft sich ihm zu Füßen—Nein, ich würde
nicht mit mehr Rührung die Knie des entstellten Erhabenen
umfassen, nicht mit mehr wahrer Inbrunst ihm mein
Leben, meine Treue, mein Vermögen anbieten, als ich
mich euch nähere und zum erstenmal seit langer Zeit
einen hoffungsvollen Schmerz genieße.
HOFFEGUT. Sie schweigen. Wahrhaftig, sie schluchzen,
sie trocknen sich die Augen. Sie sind doch noch zu rühren!
So ein Publikum möcht ich küssen.
ERSTER VOGEL. Du bringst uns ein unerwartetes Licht
vor die Augen.
HOFFEGUT. Sie gebärden sich wie Fasanen, die man
bei der Laterne schießt. Wie willst du auskommen? Du
hast dich in einen schlimmen Handel gemischt.
TREUFREUND. Merk auf und lerne was! (zu den Vögeln)
Es wird euch bekannt sein, ihr werdet gelesen haben
—
VÖGEL. Wir haben nichts gelesen.
TREUFREUND (der den Perioden in eben dem Tone wieder
aufnimmt). Ihr werdet nicht gelesen haben, es wird euch
nicht bekannt sein, daß nach dem uralten Schicksal die
Vögel das Älteste sind.
VÖGEL. Wie beweist Ihr das?
HOFFEGUT. Ich bin selbst neugierig.
TREUFREUND. Ganz leicht. Es sagt der Dichter Periplektomenes,
da er vom Anfang der Anfänge spricht:
Und in der Urwelt Schoß, voll ruhender innrer Geburten,
Lag das Ei des Anfangs, erwartend Leben und Regung.
Nun, wo will das Ei hergekommen sein, wenn es kein
Vogel gelegt hat?
DRITTER VOGEL. Es muß ein groß Ei gewesen sein!
HOFFEGUT. Allenfalls vom Vogel Rock oder einem
Lindwurm.
TREUFREUND. Das ist lange noch nicht alles; hört
weiter; er fährt fort: Und auf die stockende Nacht
senkt warm die ursprüngliche Liebe
Sich mit den Fittichen her und brütet über den Wesen.
Ihr seht also deutlich: wo will die Liebe Fittiche hergenommen
haben, wenn nicht von den Vögeln? und wie
von den Vögeln, wenn keine gewesen sind: Und wenn
ihrer gewesen sind, sind sie nicht älter als die Liebe?
Ja, sogar sind verschiedene der Meinung, daß die Liebe
selbst ein Vogel gewesen sei.—Nun, was sagt ihr dazu? —
Die uralten Götter und Göttinnen, die Nacht, der Erebus,
die Erde, werden bei den Dichtern alle mit Flügeln
eingeführt; und werden sie`s nicht, so ist`s ein Versehn:
denn wenn sie, wie ich eben bewiesen habe, von den
Vögeln herkommen, so müssen sie Flügel haben.
HOFFEGUT. Deutlich und zusammenhängend.
VÖGEL. O anschauliche Lehre! o ehrenvolles Denkmal!
TREUFREUND. Die Zeit hat Flügel! das ist Saturnus!
Das zweite Geschlecht der herrschenden Götter war von
euern Stamme gesetzt; seine Frau aber hat wohl keine
gehabt; da entstanden die letzten Bastarde, Jupiter und
seine Geschwister und Kinder—ihnen waren die Flügel
versagt, das Schicksal und die Vögel ihnen gram! Sie
legten sich aufs Schmeicheln und nahmen Vögel zu ihren
Günstlingen, um ihnen das Recht auf die Herrschaft vergessen
zu machen: Jupiter den Adler, Juno den Pfau, den
Raben Apollo und Venus die Taube. Seinem geliebten
Sohn und Kuppelboten Merkur negoziierte Jupiter selbst
zwei Paar Flügel. Dem Siege wußten sie Fittiche zu verschaffen,
den Hören, dem Schlaf.
HOFFEGUT. Es ist wahr, ich hab sie alle so gemalt gesehen.
TREUFREUND. Und, was sag ich? Amorn, den losesten
aller Vögel, zierten ein Paar regenbogenfarbene Schwingen.
Er, der Herr ist der Götter und Menschen, ist unstreitig
ein Vogel! Er setzt die erste uralte Gewalt eures
Geschlechts fort. Und so hat die Liebe bloß von den
Vögeln ihre Macht. Und was noch merkwürdiger ist, will
ich euch auch sagen.
DRITTER VOGEL. Rede weiter! Laß uns nicht in Ungewißheit.
HOFFEGUT. Das heiß ich einen Kindersinnl Hätt ich
nur ein Netz! die wären mein.
TREUFREUND. Hätte Prometheus, als ein weiser vorsichtiger
Vater, statt des so sehr beneideten Flämmchens
seinen Menschen Flügel gegeben,
weit einen größern Schaden hätt'
er seinen Göttern gethan; aber auch
euch, meine Freunde!
Drum dankt dem Schicksal und euern Ahnherrn,
die ihm seine klugen Sinne verdunkelten;
denn in so mannigfaltiger Kunst als
die Menschen sich geübt haben,
ist doch immer noch das Fliegen
ein vergeblicher Wunsch,
eine eitle Bemühung gewesen.
Sie scheinen ihre eigenen
Vorzüge darüber zu
vergessen, stehn mit aufgereckten
Mäulern da und beneiden euch,
wenn ihr von den hohen
Felsen über die undurchdringlichen
Wälder dahin fahrt. Kein Wasser hält einen
Verliebten auf; mit den Fischen eifern sie in die Wette:
aber Euer Reich ist unzugänglich, und zu
Euern Künsten ein Sterblicher zu plump.
Im Traume finden sie die höchste Seligkeit,
wenn sie zu fliegen wähnen, und man hört
die Zärtlichen an allen Ecken seufzen:
»Wenn ich ein Vögle wär' und auch zwey Flügel hätt'
–« aber vergebens!
Vierter Vogel. Unsere Feinde beneiden uns.
Hoffegut. Neider sind Feinde.
Treufreund. Aber im tiefsten Herzen ist eurer
Vorzüge Übermacht ihnen eingeprägt;
und von Geschlecht zu Geschlechtern beugen sie sich,
ohn' es zu wissen, vor dem uralten Recht eurer Herrschaft,
wenigstens im Bilde.
Zweiter Vogel. Sag' uns keine Räthsel!
Zweiter Vogel. Sag' uns keine Räthsel!
Wir lieben die Deutlichkeit; wir lieben nicht n
achzudenken, noch zu rathen.
Treufreund. Ja, übereinstimmend geben alle Völker
Treufreund. Ja, übereinstimmend geben alle Völker
euch göttliche und königliche Ehre.
Sie bilden sich ein, sehr viel Imagination zu haben;
und wenn sie den vortrefflichsten unter
ihnen mit etwas Rechts vergleichen wollen,
so können sie nicht weiter als bis zum Adler.
Ihr seyd so weit herumgekommen in der Welt,
ihr solltet wissen –
Vögel. Wir wissen nichts.
Treufreund. Habt ihr niemahls von jener
Vögel. Wir wissen nichts.
Treufreund. Habt ihr niemahls von jener
mächtigen Stadt gehört? – Sie unterjochte die bewohnte Welt,
und es waren so vortreffliche Leute darin,
daß nachher kein Held und kein großer Mann entstanden ist,
der nicht gewünscht hätte einem ihrer Bürgermeister
oder Stadtwachtmeister ähnlich zu sehen – Rom,
sag' ich, das freye Rom, das freye Rom,
das keinen König über sich leiden konnte,
setzte den Adler auf die Stange, und den Senat
mit dem Volk in einem demüthigen Monogramm
zu seinen Füßen! So ließen sie ihn dem Heer vortragen,
und folgten mit Ehrfurcht und Mut,
als seine Söhne, als seine Knechte.
So erenvoll behandelt man euch,
indeß ihr, gleich jungen Prinzen, gar
nicht zu begreifen scheint,
was für Vorzüge die Götter euch
angeboren haben. Erlaubt,
daß ich euch mit der Nase darauf stoße.
Vögel. Wie es dir beliebt.
Treufreund. Es ist schon lange,
Vögel. Wie es dir beliebt.
Treufreund. Es ist schon lange,
daß von der Macht Roms und seiner
Herrlichkeit kaum einige Backsteine mehr
übrig sind. Aber andere Völkerschaften
haben sich zu der Ehrfurcht bekannt,
die euch niemahls entgehen kann.
Im Norden ist jetzt das Bild des Adlers
in der größten Verehrung:
überall seht ihr's aufgestellt,
und wie vor einem Heiligen neigen sich alle Völker,
wenn er auch von dem schlechtesten Sudler
gemahlt oder geschnitzt ist. Schwarz,
die Krone auf dem Haupt, sperrt er seinen
Schnabel auseinander, streckt eine rothe Zunge heraus,
und zeigt ein Paar immer bereitwillige Krallen.
So bewahrt er die Landstraßen, ist das Entsetzen
aller Schleichhändler, Tabakskrämer und Deserteure.
Es wird Niemanden recht wohl, der ihn ansieht –
Und was soll ich von dem zweyköpfigen sagen?
Erster Vogel. Wir wollten, ihr thätet dem Adler weniger
Erster Vogel. Wir wollten, ihr thätet dem Adler weniger
Ehre an; wir können ihn selbst nicht wohl leiden.
Treufreund. Diese Ehre ist euch Allen gemein.
Treufreund. Diese Ehre ist euch Allen gemein.
Denn wenn Fürsten und Könige sich und die
Ihrigen vor andern geringen Menschen recht
auszeichnen wollen, wählen sie irgend einen Vogel,
und tragen ihn mit Gold und Silber
gestickt auf der Brust. Ja, sie schlagen euch
an vergoldete und diamantene Kreuze (die größte Ehre, die Jemand widerfahren kann) und tragen euch in Knopflöchern schwebend am Busen.
Zweyter Vogel. Was hilft uns diese zeitliche Ehre,
Zweyter Vogel. Was hilft uns diese zeitliche Ehre,
diese leere Achtung, wodurch sie sich mehr
unter einander selbst als unsere Vorzüge preisen?
Götter und Menschen besitzen unser Reich,
und wir irren als Fremdlinge zwischen Himmel und Erde.
Treufreund. Mitnichten, meine Kinder!
Treufreund. Mitnichten, meine Kinder!
Die Gewalt habt ihr ihnen gelassen;
euer Vaterland, euer Reich sind sie untüchtig
einzunehmen. Noch ist es frey wie vom Anfang her.
Vögel. Zeig es uns.
Hoffegut. Ich gehe mit.
Vögel. Führ' uns hin!
Dritter Vogel. Gibt's Wicken, gibt's Mandelkerne drin?
Vierter Vogel. Es wird doch an Würmchen nicht fehlen?
Vögel. Zeig es uns.
Hoffegut. Ich gehe mit.
Vögel. Führ' uns hin!
Dritter Vogel. Gibt's Wicken, gibt's Mandelkerne drin?
Vierter Vogel. Es wird doch an Würmchen nicht fehlen?
Alle. Führ' uns hin!
Daß wir da trippeln,
Daß wir uns freuen,
Naschen und flattern –
Rühmliche Wonne!
Mandeln zu knuspern!
Erbsen zu schlucken!
Würmchen zu lesen!
Preisliches Glück!
Führ' uns hin!
Treufreund. Ihr seyd drin.
Vögel. Du stellst uns auf den Kopf.
Treufreund. Tretet näher! – hierher. Nun seht euch um! hier in die Höhe! Was seht ihr da oben?
Erster Vogel. Die Wolken und den uralten ausgespannten Himmel.
Dritter Vogel. Er steht wohl schon eine Weile?
Hoffegut. Ich denk's! Es ist mir auch noch gar nicht bange für ihn.
Treufreund. Da droben wohnen, wie Jedermann bekannt ist, seit vielen Jahrtausenden die Götter. Nun seht hinunter, was seht ihr da?
Zweyter Vogel. Zwischen Himmel und Erde?
Treufreund. Ja, dazwischen.
Vögel. Nun, nun, da sehen wir – nichts.
Treufreund. Nichts? O ihr seyd ja fast so
blind wie die Menschen!
Seht ihr nicht den ungeheuern Raum,
ausgebreiteter als das Oben und Unten,
das unermeßliche Land, das an Alles grenzt,
diesen luftig-wäßrigen See, der Alles umgibt,
diesen ätherischen Wohnplatz,
dieses mittelweltische Reich?
Vögel. Was meinst du damit?
Treufreund. Die Luft mein' ich. Wer bewohnt sie als ihr? wer beschifft sie, wer begibt sich darin von einem Orte zum andern? wem gehört sie zu, als euch?
Vögel. Daran haben wir gar nicht gedacht.
Treufreund. Und fliegt drin herum!
Erster Vogel. Aber wie sollen wir's anfangen?
Treufreund. Hier ist mit vereinten Kräften
Vögel. Was meinst du damit?
Treufreund. Die Luft mein' ich. Wer bewohnt sie als ihr? wer beschifft sie, wer begibt sich darin von einem Orte zum andern? wem gehört sie zu, als euch?
Vögel. Daran haben wir gar nicht gedacht.
Treufreund. Und fliegt drin herum!
Erster Vogel. Aber wie sollen wir's anfangen?
Treufreund. Hier ist mit vereinten Kräften
das große Werk zu beginnen;
eine Stadt zu gründen;
mit einer festen Mauer den ganzen
Äther zu umgeben; eine regulirte Miliz einzurichten;
die Grenzen wohl zu besetzen;
eine Accise anzulegen, und so den Göttern
und Menschen die Nahrung zu erschweren!
Hoffegut. Da gibt's Ämter zu vergeben! Ich werde alle meine Freunde und Verwandte anbringen.
Zweyter Vogel. Aber Jupiter wird donnern.
Treufreund. Wir lassen ihm keine Blitze
Hoffegut. Da gibt's Ämter zu vergeben! Ich werde alle meine Freunde und Verwandte anbringen.
Zweyter Vogel. Aber Jupiter wird donnern.
Treufreund. Wir lassen ihm keine Blitze
aus dem Ätna ohne schweren Impost
verabfolgen, und legen selbst uns einen
Donnerthurm an. Die Adler sind ja ohnehin
gewohnt damit umzugehn. Wir lassen
keine Opfergerüche hinauf,
ohne daß sie Transito bezahlen.
Dritter Vogel. Werden sie so zusehen?
Treufreund. Ihr wißt nicht, wie's droben aussieht.
Dritter Vogel. Werden sie so zusehen?
Treufreund. Ihr wißt nicht, wie's droben aussieht.
Sicher in ihren alten lang' unangetasteten Rechten,
sitzen sie schläfrig auf ihren Stühlen,
sind aller Mühe, sind alles Widerstands entwohnt,
sind leicht zu überraschen und zu überwinden.
Vierter Vogel. Aber die Menschen, das Pulver und Bley, und die Netze?
Treufreund. Die sind übel dran.
Vierter Vogel. Aber die Menschen, das Pulver und Bley, und die Netze?
Treufreund. Die sind übel dran.
Sie haben unter sich so viel zu kriegen,
zu scharmuziren und zu schikaniren!
Keiner denkt weiter als heute;
und wenn einer ihrer Nachbarn gut haushält oder sich rüstet,
haben sie nicht leicht ein Arges dran.
Widersetzen sie sich, so sind wir ihnen überlegen;
ergeben sie sich, so sollen sie's wohl haben;
besser als jetzt! Wir wollen's machen,
wie alle Eroberer, die Leute todtschlagen,
um es mit ihrer Nachkommenschaft gut zu meinen.
VIERTER VOGEL. Werden sie`s geschehen lassen?
TREUFREUND. Wir haben sie in Händen. Wir handeln
den Göttern den Regen ab, legen große Zisternen an und
vereinzeln ihn an die Irdischen, wenn`s Dürrung gibt,
soviel jeder für seinen Acker und Garten braucht. Sie
sollen alle zufriedner sein als jetzt. Ich geb euch nur
eine Skizze von meinem großen Plan; denn das Detail
ist unübersehbar. Kurz, ihr werdet Herren! Die Götter
traktieren wir als alte Verwandte, die aber zurückgekommen
sind; die Menschen als überwundene Provinzen; die Tiere,
besonders die Insekten, die in unserm Reich doch leben
müssen, als kaiserliche Kammerknechte, ungefähr wie die
Juden im Römischen Reich.
VÖGEL. Nur gleich! nur gleich! Wir könnens nicht erwarten.
TREUFREUND. Gleich! gleich! Das geht so geschwind
nicht. Überlegts wohl! Wählt ein Dutzend, oder wieviel
ihr wollt, aus euern Mitteln, die das große Werk mit gesamten
Kräften unternehmen.
VÖGEL. Mitnichten! Du hasts erfunden, führ es aus!
Sei du unser Ratgeber, unser Leiter, unser Heerführer!
TREUFREUND. Ihr beschämt mich!
HOFFEGUT. Du bedenkst nicht!
TREUFREUND. Sei ruhig, unser Glück ist gemacht.
VÖGEL (auf Hoffegut zeigend). Und dieser? Was soll der?
Darf er hier bleiben? Zu was ist er nütze?
TREUFREUND. Er ist uns unentbehrlich.
VÖGEL. Was kannst du? Worin übertriffst du das Volk?
HOFFEGUT. Ich kann pfeifen!
VÖGEL. Schön! o schön! o ein köstlicher, ein notwendiger
Bürger! Wir sind ein glückliches Volk von diesem Tag
an (Zu Treufreund.) Du sollst uns regieren, er soll uns
pfeifen! Was geht uns noch ab?
TREUFREUND (beschämt). Soli es so sein?
VÖGEL. Du nimmsts an?
TREUFREUND (neigt sich).
VÖGEL. Halte Wort!
Wir geben dir die Herrschaft,
Verleihen dir das Reich!
Mach uns den stolzen Göttern,
Den stolzern Menschen gleich!
EPILOG
Der erste, der den Inhalt dieses Stücks
Nach seiner Weise aufs Theater brachte,
War Aristophanes, der ungezogne
Liebling der Grazien.
Wenn unser Dichter, dem nichts angelegner ist.
Als euch ein Stündchen Lust
Und einen Augenblick Beherzigung
Nach seiner Weise zu verschallen.
In ein und anderem gesündigt hat,
So bittet er durch meinen Mund
Euch allseits um Verzeihung.
Denn, wie ihr billig seid, so werdet ihr erwägen,
Daß von Athen nach Ettersburg
Mit einem Salto mortale
Nur zu gelangen war.
Auch ist er sich bewußt,
Mit so viel Gutmütigkeit und Ehrbarkeit
Des alten deklarierten Bösewichts
Verrufene Spaße
Hier eingeführt zu haben.
Daß er sich euers Beifalls schmeicheln darf.
Dann bitten wir euch, zu bedenken,
Und etwas Denken ist dem Menschen immer nütze,
Daß mit dem Scherz es wie mit Wunden ist,
Die niemals nach so ganz gemeßnem Maß
Und reinlich abgezogenem Gewicht geschlagen werden.
Wir haben, nur gar kurz gefaßt,
Des ganzen Werkes Eingang
Zur Probe hier demütig vorgestellt;
Sind aber auch erbötig.
Wenn es gefallen hat.
Den weiteren weitläufigen Erfolg
Von dieser wunderbaren, doch wahrhaftigen Geschichte
Nach unsern besten Kräften vorzutragen.
J.D.Falk: Goethe aus näherm persönlichen Umgange dargestellt
Ende
Kanzler von Müller: Unterhaltungen mit Goethe
Ende
Kanzler von Müller: Unterhaltungen mit Goethe
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