Bauernkrieg.
(Tumult in einem Dorf und Plünderung
Weiber und Alte mit Kindern und Gepäcke. Flucht).
ALTER. Fort! fort! daß wir den Mordhunden entgehen.
WEIB. Heiliger Gott, wie blutrot der Himmel ist, die
unter gehende Sonne blutrot!
MUTTER. Das bedeut Feuer.
WEIB. Mein Mann! Mein Mann!
ALTER. Fort! fort! in Wald! (Ziehen vorbei).
LINK. Was sich widersetzt, niedergestochen! Das
Dorf ist unser. Daß von Früchten nichts umkommt,
nichts zurück bleibt. Plündert rein aus und schnell!
Wir zünden gleich an.
(Metzler vom Hügel herunter gelaufen).
METZLER. Wie geht's euch, Link?
LINK. Drunter und drüber, siehst du, du kommst zum
Kehraus. Woher?
METZLER. Von Weinsberg. Da war ein Fest!
LINK. Wie?
METZLER. Wir haben sie zusammengestochen, daß
eine Lust war.
LINK. Wen alles?
METZLER. Dietrich von Weiler tanzte vor. Der
Fratz! Wir waren mit hellem wütigem Hauf herum,
und er oben auf'm Kirchturm wollt gütlich mit uns
handeln. Paff! Schoß ihn einer vor'n Kopf. Wir hinauf
wie Wetter, und zum Fenster herunter mit dem
Kerl.
LINK. Ah!
METZLER zu den Bauern. Ihr Hund, soll ich euch
Bein machen! Wie sie haudern und trenteln, die
Esel!
LINK. Brennt an! sie mögen drin braten! Fort! Fahrt
zu, ihr Schlingel!
METZLER. Darnach führten wir heraus den Helfenstein,
den Eltershofen, an die dreizehn von Adel,
zusammen auf achtzig. Herausgeführt auf die Ebne
gegen Heilbronn. Das war ein Jubilieren und ein
Tumultuieren von den Unsrigen, wie die lange Reih
arme reiche Sünder daherzog, einander anstarrten,
und Erd und Himmel! Umringt waren sie, ehe sie
sich's versahen, und alle mit Spießen niedergestochen.
LINK. Daß ich nicht dabei war!
METZLER. Hab mein Tag so kein Gaudium gehabt.
LINK. Fahrt zu! Heraus!
BAUER. Alles ist leer.
LINK. So brennt an allen Ecken!
METZLER. Wird ein hübsch Feuerchen geben.
Siehst du, wie die Kerls übereinander purzelten
und quiekten wie die Frösche! Es lief mir so warm
übers Herz wie ein Glas Branntwein. Da war ein
Rixinger; wenn der Kerl sonst auf die Jagd ritt, mit
dem Federbusch und weiten Naslöchern, und uns
vor sich hertrieb mit den Hunden und wie die
Hunde. Ich hatt ihn die Zeit nicht gesehen, sein
Fratzengesicht fiel mir recht auf. Hasch! den Spieß
ihm zwischen die Rippen, da lag er, streckt alle
vier über seine Gesellen. Wie die Hasen beim
Treibjagen zuckten die Kerls übereinander.
LINK. Raucht schon brav.
METZLER. Dort hinten brennt's. Laß uns mit der
Beute gelassen zu dem großen Haufen ziehen!
LINK. Wo hält er?
METZLER. Von Heilbronn hieher zu. Sie sind um
einen Hauptmann verlegen, vor dem alles Volk Respekt
hätt. Denn wir sind doch nur ihresgleichen,
das fühlen sie und werden schwürig.
LINK. Wen meinen sie?
METZLER. Max Stumpf oder Götz von Berlichingen.
LINK. Das wär gut, gäb auch der Sache einen Schein,
wenn's der Götz tät; er hat immer für einen rechtschaffnen
Ritter gegolten. Auf! Auf! Wir ziehen
nach Heilbronn zu. Ruft's herum!
METZLER. Das Feuer leucht uns noch eine gute
Strecke. Hast du den großen Kometen gesehen?
LINK. Ja. Das ist ein grausam erschrecklich Zeichen!
Wenn wir die Nacht durch ziehen, können wir ihn
recht sehn. (Er geht gegen eins auf).
METZLER. Und bleibt nur fünf Viertelstunden. Wie
ein gebogner Arm mit einem Schwert sieht er aus,
so blutgelbrot.
LINK. Hast du die drei Stern gesehen an des
Schwerts Spitze und Seite?
METZLER. Und der breite wolkenfärbige Streif, mit
tausend und tausend Striemen wie Spieß, und dazwischen
wie kleine Schwerter.
LINK. Mir hat's gegraust. Wie das alles so bleichrot,
und darunter viel feurige helle Flammen, und dazwischen
die grausamen Gesichter mit rauchen
Häuptern und Bärten!
METZLER. Hast du die auch gesehen? Und das zwitzert
alles so durcheinander, als läg's in einem blutigen
Meere, und arbeitet durcheinander, daß einem
die Sinne vergehn!
LINK. Auf! Auf! (Ab).
Feld
(Man sieht in der Ferne zwei Dörfer brennen und
ein Kloster
Kohl. Wild. Max Stumpf. Haufen).
MAX STUMPF. Ihr könnt nicht verlangen, daß ich
euer Hauptmann sein soll. Für mich und euch wär's
nichts nütze. Ich bin Pfalzgräfischer Diener; wie
sollt ich gegen meinen Herrn führen? Ihr würdet
immer wähnen, ich tät nicht von Herzen.
KOHL. Wußten wohl, du würdest Entschuldigung
finden.
(Götz, Lerse, Georg kommen).
GÖTZ. Was wollt ihr mit mir?
KOHL. Ihr sollt unser Hauptmann sein.
GÖTZ. Soll ich mein ritterlich Wort dem Kaiser brechen
und aus meinem Bann gehen?
WILD. Das ist keine Entschuldigung.
GÖTZ. Und wenn ich ganz frei wäre, und ihr wollt
handeln wie bei Weinsberg an den Edeln und
Herrn, und so forthausen, wie ringsherum das Land
brennt und blutet, und ich sollt euch behülflich sein
zu euerm schändlich rasenden Wesen - eher sollt
ihr mich totschlagen wie einen wütigen Hund, als
daß ich euer Haupt würde!
KOHL. Wäre das nicht geschehen, es geschähe vielleicht
nimmermehr.
STUMPF. Das war eben das Unglück, daß sie keinen
Führer hatten, den sie geehrt, und der ihrer Wut
Einhalt tun können. Nimm die Hauptmannschaft
an, ich bitte dich, Götz! Die Fürsten werden dir
Dank wissen, ganz Deutschland. Es wird zum Besten
und Frommen aller sein. Menschen und Länder
werden geschont werden.
GÖTZ. Warum übernimmst du's nicht?
STUMPF. Ich hab mich von ihnen losgesagt.
KOHL. Wir haben nicht Sattelhenkens Zeit und langer
unnötiger Diskurse. Kurz und gut. Götz, sei
unser Hauptmann, oder sich zu deinem Schloß und
deiner Haut! Und hiermit zwei Stunden Bedenkzeit.
Bewacht ihn!
GÖTZ. Was braucht's das! Ich bin so gut entschlossen
- jetzt als darnach. Warum seid ihr ausgezogen?
Eure Rechte und Freiheiten wiederzuerlangen?
Was wütet ihr und verderbt das Land! Wollt
ihr abstehen von allen Übeltaten, und handeln als
wackere Leute, die wissen, was sie wollen, so will
ich euch behülflich sein zu euren Forderungen, und
auf acht Tag euer Hauptmann sein.
WILD. Was geschehen ist, ist in der ersten Hitz geschehen,
und braucht's deiner nicht, uns künftig zu
hindern.
KOHL. Auf ein Vierteljahr wenigstens mußt du uns
zusagen.
STUMPF. Macht vier Wochen, damit könnt ihr beide
zufrieden sein.
GÖTZ. Meinetwegen.
KOHL. Eure Hand!
GÖTZ. Und gelobt mir, den Vertrag, den ihr mit mir
gemacht, schriftlich an alle Haufen zu senden, ihm
bei Strafe streng nachzukommen.
WILD. Nun ja! Soll geschehen.
GÖTZ. So verbind ich mich euch auf vier Wochen.
STUMPF. Glück zu! Was du tust, schon unsern gnädigen
Herrn, den Pfalzgrafen!
KOHL (leise). Bewacht ihn! Daß niemand mit ihm
rede außer eurer Gegenwart.
GÖTZ. Lerse! Kehr zu meiner Frau! Steh ihr bei! Sie
soll bald Nachricht von mir haben.
(Götz, Stumpf, Georg, Lerse, einige Bauern ab.
Metzler, Link kommen).
METZLER. Was hören wir von einem Vertrag? Was
soll der Vertrag?
LINK. Es ist schändlich, so einen Vertrag einzugehen.
KOHL. Wir wissen so gut, was wir wollen, als ihr,
und haben zu tun und zu lassen.
WILD. Das Rasen und Brennen und Morden mußte
doch einmal aufhören, heut oder morgen; so haben
wir noch einen braven Hauptmann dazu gewonnen.
METZLER. Was aufhören! Du Verräter! Warum sind
wir da uns an unsern Feinden zu rächen, uns emporzuhelfen!
- Das hat euch ein Fürstenknecht geraten.
KOHL. Komm, Wild, er ist wie ein Vieh. (Ab).
METZLER. Geht nur! Wird euch kein Haufen zustehn.
Die Schurken! Link, wir wollen die andern
aufhetzen, Miltenberg dort drüben anzünden, und
wenn's Händel setzt wegen des Vertrags, schlagen
wir den Verträgern zusammen die Köpf ab.
LINZ. Wir haben doch den großen Haufen auf unsrer
Seite.
Berg und Tal. Eine Mühle in der Tiefe
(Ein Trupp Reiter. Weislingen kommt aus der Mühle
mit Franzen und einem Boten).
WEISLINGEN. Mein Pferd! - Ihr habt's den andern
Herrn auch angesagt?
BOTE. Wenigstens sieben Fähnlein werden mit Euch
eintreffen, im Wald hinter Miltenberg. Die Bauern
ziehen unten herum. Überall sind Boten ausgeschickt,
der ganze Bund wird in kurzem beisammen
sein. Fehlen kann's nicht; man sagt, es sei Zwist
unter ihnen.
WEISLINGEN. Desto besser! - Franz!
FRANZ. Gnädiger Herr?
WEISLINGEN. Richt es pünktlich aus! Ich bind es
dir auf deine Seele. Gib ihr den Brief Sie soll vom
Hof auf mein Schloß! Sogleich! Du sollst sie abreisen
sehn, und mir's dann melden.
FRANZ. Soll geschehen, wie Ihr befehlt.
WEISLINGEN. Sag ihr, sie soll wollen. Zum Boten.
Führt uns nun den nächsten und besten Weg.
BOTE. Wir müssen umziehen. Die Wasser sind von
den entsetzlichen Regen alle ausgetreten.
Jaxthausen
(Elisabeth. Lerse).
LERSE. Tröstet Euch, gnädge Frau!
ELISABETH. Ach, Lerse, die Tränen stunden ihm in
den Augen, wie er Abschied von mir nahm. Es ist
grausam, grausam!
LERSE. Er wird zurückkehren.
ELISABETH. Es ist nicht das. Wenn er auszog,
rühmlichen Sieg zu erwerben, da war mir's nicht
weh ums Herz. Ich freute mich auf seine Rückkunft,
vor der mir jetzt bang ist.
LERSE. Ein so edler Mann! -
ELISABETH. Nenn ihn nicht so, das macht neu
Elend. Die Bösewichter! Sie drohten, ihn zu ermorden
und sein Schloß anzuzünden. - Wenn er wiederkommen
wird - ich seh ihn finster, finster.
Seine Feinde werden lügenhafte Klagartikel
schmieden, und er wird nicht sagen können: Nein!
LERSE. Er wird und kann.
ELISABETH. Er hat seinen Bann gebrochen. Sag
nein!
LERSE. Nein! Er ward gezwungen; wo ist der Grund,
ihn zu verdammen?
ELISABETH. Die Bosheit sucht keine Gründe, nur
Ursachen. Er hat sich zu Rebellen, Missetätern,
Mördern gesellt, ist an ihrer Spitze gezogen. Sage
nein!
LERSE. Laßt ab, Euch zu quälen und mich. Haben
sie ihm nicht feierlich zugesagt, keine Tathandlung
mehr zu unternehmen, wie die bei Weinsberg? Hört
ich sie nicht selbst halbreuig sagen: wenn's nicht
geschehen wär, geschäh's vielleicht nie? Müßten
nicht Fürsten und Herrn ihm Dank wissen, wenn er
freiwillig Führer eines unbändigen Volks geworden
wäre, um ihrer Raserei Einhalt zu tun und so viel
Menschen und Besitztümer zu schonen?
ELISABETH. Du bist ein liebevoller Advokat. -
Wenn sie ihn gefangennähmen, als Rebell behandelten,
und sein graues Haupt - Lerse, ich möchte
von Sinnen kommen!
LERSE. Sende ihrem Körper Schlaf, lieber Vater der
Menschen, wenn du ihrer Seele keinen Trost geben
willst!
ELISABETH. Georg hat versprochen, Nachricht zu
bringen. Er wird auch nicht dürfen, wie er will. Sie
LERSE. Das Herz blutete mir, wie er mich von sich
seinem Herrn weichen.sind ärger als gefangen. Ich weiß, man bewacht sie
wie Feinde. Der gute Georg! Er wollte nicht von
schickte. Wenn Ihr nicht meiner Hülfe bedürftet,
alle Gefahren des schmählichsten Todes sollten
mich nicht von ihm getrennt haben.
ELISABETH. Ich weiß nicht, wo Sickingen ist.
Wenn ich nur Marien einen Boten schicken könnte!
LERSE. Schreibt nur, ich will dafür sorgen. (Ab).
Bei einem Dorf
(Götz. Georg).
GÖTZ. Geschwind zu Pferde, Georg! ich sehe Miltenberg
brennen. Halten sie so den Vertrag! Reit hin,
sag ihnen die Meinung. Die Mordbrenner! Ich sage
mich von ihnen los. Sie sollen einen Zigeuner zum
Hauptmann machen, nicht mich. Geschwind,
Georg. (Georg ab). Wollt, ich wäre tausend Meilen
davon und läg im tiefsten Turn, der in der Türkei
steht. Könnt ich mit Ehren von ihnen kommen!
Ich fahr ihnen alle Tag durch den Sinn, sag ihnen
die bittersten Wahrheiten, daß sie mein müde werden
und mich erlassen sollen.
(Ein Unbekannter).
UNBEKANNTER. Gott grüß Euch, sehr edler Herr.
GÖTZ. Gott dank Euch. Was bringt Ihr? Euren
Namen?
UNBEKANNTER. Der tut nichts zur Sache. Ich
komme, Euch zu sagen, daß Euer Kopf in Gefahr
ist. Die Anführer sind müde, sich von Euch so
harte Worte geben zu lassen, haben beschlossen,
Euch aus dem Weg zu räumen. Mäßigt Euch oder
seht zu entwischen, und Gott geleit Euch. (Ab).
GÖTZ. Auf diese Art dein Leben zu lassen, Götz, und
so zu so enden! Es sei drum! So ist mein Tod der
Welt das sicherste Zeichen, daß ich nichts Gemeines
mit den Hunden gehabt habe.
(Einige Bauern).
ERSTER BAUER. Herr! Herr! Sie sind geschlagen,
sie sind gefangen.
GÖTZ. Wer?
ZWEITER BAUER. Die Miltenberg verbrannt haben.
Es zog sich ein hündischer Trupp hinter dem Berg
hervor und überfiel sie auf einmal.
GÖTZ. Sie erwartet ihr Lohn. - O Georg! Georg! -
Sie haben ihn mit den Bösewichtern gefangen -
Mein Georg! Mein Georg! -
(Anführer kommen).
LINK. Auf, Herr Hauptmann, auf! Es ist nicht Säumens
Zeit. Der Feind ist in der Nähe und mächtig.
GÖTZ. Wer verbrannte Miltenberg?
METZLER. Wenn Ihr Umstände machen wollt, so
wird man Euch weisen, wie man keine macht.
KOHL. Sorgt für unsere Haut und Eure. Auf! Auf!
GÖTZ (zu) Metzler. Drohst du mir? Du Nichtswürdiger!
Glaubst du, daß du mir fürchterlicher bist,
weil des Grafen von Helfenstein Blut an deinen
Kleidern klebt?
METZLER. Berlichingen!
GÖTZ. Du darfst meinen Namen nennen, und meine
Kinder werden sich dessen nicht schämen.
METZLER. Mit dir feigen Kerl! Fürstendiener!
GÖTZ (haut ihm über den Kopf, daß er stürzt. Die
andern gehen dazwischen).
KOHL. Ihr seid rasend. Der Feind bricht auf allen
Seiten 'rein, und ihr hadert!
LINK. Auf! Auf! Tumult und Schlacht.
(Weislingen. Reiter).
WEISLINGEN. Nach! Nach! Sie fliehen. Laßt euch
Regen und Nacht nicht abhalten! Götz ist unter
ihnen, hör ich. Wendet Fleiß an, daß ihr ihn erwischt.
Er ist schwer verwundet, sagen die Unsrigen.
(Die Reiter ab). Und wenn ich dich habe -
Es ist noch Gnade, wenn wir heimlich im Gefängnis
dein Todesurteil vollstrecken. - So verlischt er vor
dem Andenken der Menschen, und du kannst freier
atmen, törichtes Herz! (Ab).
Nacht, im Wilden Wald. Zigeunerlager
(Zigeunermutter am Feuer).
MUTTER. Flick das Strohdach über der Grube,
Tochter, gibt heut nacht noch Regen genug.
(Knab kommt).
KNAB. Ein Hamster, Mutter. Da! Zwei Feldmäus.
MUTTER. Will sie dir abziehen und braten, und
sollst eine Kapp haben von den Fellchen. - Du
blutst?
KNAB. Hamster hat mich bissen.
MUTTER. Hol mir dürr Holz, daß das Feuer loh
brennt, wenn dein Vater kommt, wird naß sein
durch und durch.
(Andre Zigeunerin, ein Kind auf dem Rücken).
ERSTE ZIGEUNERIN. Hast du brav geheischen?
ZWEITE ZIGEUNERIN. Wenig genug. Das Land ist
voll Tumult herum, daß man Seins Lebens nicht
sicher ist. Brennen zwei Dörfer lichterloh.
ERSTE ZIGEUNERIN. Ist das dort drunten Brand,
der Schein? Seh ihm schon lang zu. Man ist der
Feuerzeichen am Himmel zeither so gewohnt worden.
(Zigeunerhauptmann, drei Gesellen kommen).
HAUPTMANN. Hört ihr den wilden Jäger?
ERSTER ZIGEUNER. Er zieht grad über uns hin.
HAUPTMANN. Wie die Hunde bellen! Wau! Wau!
ZWEITER ZIGEUNER. Die Peitschen knallen.
DRITTER ZIGEUNER. Die Jäger jauchzen holla ho!
MUTTER. Bringt ja des Teufels sein Gepäck!
HAUPTMANN. Haben im Trüben gefischt. Die Bauern
rauben selbst, ist's uns wohl vergönnt.
ZWEITE ZIGEUNERIN. Was hast du, Wolf?
WOLF. Einen Hasen, da, und einen Hahn. Ein'n Bratspieß.
Ein Bündel Leinwand. Drei Kochlöffel und
ein'n Pferdzaum.
STICKS. Ein wallen Deck hab ich, ein paar Stiefeln
und Zunder und Schwefel.
MUTTER. Ist alles pudelnaß, wollen's trocknen, gebt
her.
HAUPTMANN. Horch, ein Pferd! Geht! Seht, was
ist.
(Götz zu Pferd).
GÖTZ. Gott sei Dank! dort seh ich Feuer, sind Zigeuner.
Meine Wunden verbluten, die Feinde hinterher.
Heiliger Gott, du endigst gräßlich mit mir!
HAUPTMANN. Ist's Friede, daß du kommst?
GÖTZ. Ich flehe Hülfe von euch. Meine Wunden ermatten
mich. Helft mir vom Pferd!
HAUPTMANN. Helf ihm! Ein edler Mann, an Gestalt
und Wort.
WOLF (leise). Es ist Götz von Berlichingen.
HAUPTMANN. Seid willkommen! Alles ist Euer,
was wir haben.
GÖTZ. Dank euch!
HAUPTMANN. Kommt in mein Zelt.
Hauptmanns Zelt
(Hauptmann. Götz).
HAUPTMANN. Ruft der Mutter, sie soll Blutwurzel
bringen und Pflaster.
(Götz legt den Harnisch ab).
HAUPTMANN. Hier ist mein Feiertagswams.
GÖTZ. Gott lohn's!
(Mutter verbindt ihn).
HAUPTMANN. Ist mir herzlich lieb, Euch zu haben.
GÖTZ. Kennt Ihr mich?
HAUPTMANN. Wer sollte Euch nicht kennen! Götz,
unser Leben und Blut lassen wir vor Euch.
(Schricks).
SCHRICKS. Kommen durch den Wald Reiter. Sind
Bündische.
HAUPTMANN. Eure Verfolger! Sie sollen nit bis zu
Euch kommen! Auf, Schricks! Biete den andern!
Wir kennen die Schliche besser als sie, wir schieben
sie nieder, eh sie uns gewahr werden. (Ab).
GÖTZ allein. O Kaiser! Kaiser! Räuber beschützen
deine Kinder. Man hört scharf schieben. Die wilden
Kerls, starr und treu!
(Zigeunerin).
ZIGEUNERIN. Rettet Euch! Die Feinde überwältigen.
GÖTZ. Wo ist mein Pferd?
ZIGEUNERIN. Hier bei.
GÖTZ gürtet sich und sitze auf ohne Harnisch. Zum
letzten Mal sollen sie meinen Arm fühlen. Ich bin
so schwach noch nicht. (Ab).
ZIGEUNERIN. Er sprengt zu den Unsrigen. (Flucht).
WOLF. Fort! fort! Alles verloren. Unser Hauptmann
erschossen. (Götz gefangen. Geheul der Weiber
und Flucht).
Adelheidens Schlafzimmer
(Adelheid mit einem Brief).
ADELHEID. Er, oder ich! Der Übermütige! Mir drohen!
- Wir wollen dir zuvorkommen. Was
schleicht durch den Saal? Es klopft. Wer ist draußen?
(Franz, leise).
FRANZ. Macht mir auf, gnädige Frau.
ADELHEID. Franc! Er verdient wohl, daß ich ihm
aufmache.
(Sie läßt ihn ein).
FRANZ (fällt ihr um den Hals). Liebe gnädige Frau.
ADELHEID. Unverschämter! Wenn dich jemand gehört
hätte!
FRANZ. O, es schläft alles, alles!
ADELHEID. Was willst du?
FRANZ. Mich läßt's nicht ruhen. Die Drohungen
meines wo Herrn, Euer Schicksal, mein Herz.
ADELHEID. Er war sehr zornig, als du Abschied
nahmst?
FRANZ. Als ich ihn nie gesehen. Auf ihre Güter soll
sie, sagt er, sie soll wollen.
ADELHEID. Und wir folgen?
FRANZ. Ich weiß nichts, gnädige Frau.
ADELHEID. Betrogener törichter Junge, du siehst
nicht, wo das hinaus will. Hier weiß er mich in Sicherheit.
Denn lange steht's ihm schon nach meiner
Freiheit. Er will mich auf seine Güter. Dort hat er
Gewalt, mich zu behandeln, wie sein Haß ihm eingibt.
FRANZ. Er soll nicht!
ADELHEID. Wirst du ihn hindern?
FRANZ. Er soll nicht!
ADELHEID. Ich seh mein ganzes Elend voraus. Von
seinem Schloß wird er mich mit Gewalt reißen,
wird mich in ein Kloster sperren.
FRANZ. Hölle und Tod!
ADELHEID. Wirst du mich retten?
FRANZ. Eh alles! Alles!
ADELHEID (die weinend ihn umhalst). Franz, ach,
uns zu retten!
FRANZ. Er soll nieder, ich will ihm den Fuß auf den
Nacken setzen.
ADELHEID. Keine Wut. Du sollst einen Brief an ihn
haben, voll Demut, daß ich gehorche. Und dieses
Fläschchen gieß ihm unter das Getränk.
FRANZ. Gebt! Ihr sollt frei sein!
ADELHEID. Frei! Wenn du nicht mehr zitternd auf
deinen Zehen zu mir schleichen wirst - nicht mehr
ich ängstlich zu dir sage: Brich auf, Franz, der
Morgen kommt!
Heilbronn, vorm Turn
(Elisabeth. Lerse).
LERSE. Gott nehm das Elend von Euch, gnädige
Frau. Marie ist hier.
ELISABETH. Gott sei Dank! Lerse, wir sind in entsetzliches
Elend versunken. Da ist's nun, wie mir
alles ahndete! gefangen, als Meuter, Missetäter in
den tiefsten Turn geworfen -
LERSE. Ich weiß alles.
ELISABETH. Nichts, nichts weißt du, der Jammer ist
zu groß! Sein Alter, seine Wunden, ein schleichend
Fieber, und, mehr als alles das, die Finsternis seiner
Seele, daß es so mit ihm enden soll.
LERSE. Auch, und daß der Weislingen Kommissar
ist.
ELISABETH. Weislingen?
LERSE. Man hat mit unerhörten Exekutionen verfahren.
Metzler ist lebendig verbrannt, zu Hunderten
gerädert, gespießt, geköpft, geviertelt. Das Land
umher gleicht einer so Metzge, wo Menschenfleisch
wohlfeil ist.
ELISABETH. Weislingen Kommissar! O Gott! ein
Strahl von Hoffnung. Marie soll mir zu ihm, er
kann ihr nichts abschlagen. Er hatte immer ein weiches
Herz, und wenn er sie sehen wird, die er so
liebte, die so elend durch ihn ist - Wo ist sie?
LERSE. Noch im Wirtshaus.
ELISABETH. Führe mich zu ihr! Sie muß gleich fort.
Ich fürchte alles.
Weislingens Schloß
(Weislingen).
WEISLINGEN. Ich bin so krank, so schwach. Alle
meine Gebeine sind hohl. Ein elendes Fieber hat
das Mark ausgefressen. Keine Ruh und Rast, weder
Tag noch Nacht. Im halben Schlummer giftige
Träume. Die vorige Nacht begegnete ich Götzen im
Wald. Er zog sein Schwert und forderte mich heraus.
Ich faßte nach meinem, die Hand versagte mir.
Da stieß er's in die Scheide, sah mich verächtlich
an und ging hinter mich. - Er ist gefangen, und ich
zittre vor ihm. Elender Mensch! Dein Wort hat ihn
zum Tode verurteilt, und du bebst vor seiner
Traumgestalt wie ein Missetäter! - Und soll er
sterben? - Götz! Götz! - Wir Menschen führen
uns nicht selbst; bösen Geistern ist Macht über uns
gelassen, daß sie ihren höllischen Mutwillen an unserm.
Verderben üben. Er setzt sich. - Matt! Matt!
Wie sind meine Nägel so blau! - Ein kalter, kalter,
verzehrender Schweiß lähmt mir jedes Glied. Es
dreht mir alles vorm Gesicht. Könnt ich schlafen!
Ach -
(Maria tritt auf).
WEISLINGEN. Jesus Marie! - Laß mir Ruh! Laß
mir! Ruh! - Die Gestalt fehlte noch! Sie stirbt,
Marie stirbt und zeigt sich mir an. - Verlaß mich,
seliger Geist, ich bin elend genug -
MARIA. Weislingen, ich bin kein Geist. Ich bin
Marie.
WEISLINGEN. Das ist ihre Stimme.
MARIA. Ich komme, meines Bruders Leben von dir
zu erflehen. Er ist unschuldig, so strafbar er scheint.
WEISLINGEN. Still, Marie! Du Engel des Himmels
bringst die Qualen der Hölle mit dir. Rede nicht
fort.
MARIA. Und mein Bruder soll sterben? Weislingen,
es ist entsetzlich, daß ich dir zu sagen brauche: er
ist unschuldig; daß ich jammern muß, dich von
dem abscheulichsten Morde zurückzuhalten. Deine
Seele ist bis in ihre innersten Tiefen von feindseligen
Mächten besessen. Das ist Adelbert!
WEISLINGEN. Du siehst, der verzehrende Atem des
Todes hat mich angehaucht, meine Kraft sinkt nach
dem Grube. Ich stürbe als ein Elender, und du
kommst, mich in Verzweiflung zu stürzen. Wenn
ich reden könnte, dein höchster Haß würde in Mitleid
und Jammer zerschmelzen. Oh! Marie! Marie!
MARIA. Mein Bruder, Weislingen, verkranket im
Gefängnis. Seine schweren Wunden, sein Alter.
Und wenn du fähig wärst, sein graues Haupt -
Weislingen, wir würden verzweifeln.
WEISLINGEN. Genug! (Er zieht die Schelle).
(Franz in äußerster Bewegung).
FRANZ. Gnädiger Herr?
WEISLINGEN. Die Papiere dort, Franz!
(Franz bringt sie).
WEISLINGEN (reißt ein Paket auf und zeigt Marie
ein Papier). Hier ist deines Bruders Todesurteil
unterschrieben.
MARIA. Gott im Himmel!
WEISLINGEN. Und so zerreiß ich's! Er lebt. Aber
kann ich wieder schaffen, was ich zerstört habe?
Weine nicht so Franz! Guter Junge! dir geht mein
Elend tief zu Herzen.
FRANZ (wirft sich vor ihm nieder und faßt seine
Knie).
MARIA (vor sich). Er ist sehr krank. Sein Anblick
zerreißt mir das Herz. Wie liebt ich ihn! und nun
ich ihm nahe, fühl ich, wie lebhaft.
WEISLINGEN. Franz, steh auf und laß das Weinen!
Ich kann wieder aufkommen. Hoffnung ist bei den
Lebenden.
FRANZ. Ihr werdet nicht. Ihr müßt sterben.
WEISLINGEN. Ich muß?
FRANZ (außer sich). Gift! Gift! Von Eurem
Weibe! - Ich! Ich!
(Er rennt davon).
WEISLINGEN. Marie, geh ihm nach. Er verzweifelt.
Maria ab. Gift von meinem Weibe! Weh! Weh! Ich
fühl's. Marter und Tod!
MARIA (inwendig). Hülfe! Hülfe!
WEISLINGEN (will aufstehn). Gott, vermag ich das
nicht!
MARIA (kommt). Er ist hin. (Zum Saalfenster hinaus
stürzt er wütend in den Main hinunter).
WEISLINGEN. Ihm ist wohl. - Dein Bruder ist
außer Gefahr. Die übrigen Kommissarien, Seckendorf
besonders, sind seine Freunde. Ritterlich Gefängnis
werden sie ihm auf sein Wort gleich gewähren.
Leb wohl, Maria, und geh.
MARIA. Ich will bei dir bleiben, armer Verlaßner.
WEISLINGEN. Wohl verlassen und arm! Du bist ein
furchtbarer Rächer, Gott! - Mein Weib. -
MARIA. Entschlage dich dieser Gedanken! Kehre
dein Herz zu dem Barmherzigen.
WEISLINGEN. Geh, liebe Seele, überlaß mich meinem
Elend. - Entsetzlich! Auch deine Gegenwart,
Marie, der letzte In Trost, ist Qual.
MARIA (vor sich). Stärke mich, o Gott! Meine Seele
erliegt mit der seinigen.
WEISLINGEN. Weh! Weh! Gift von meinem
Weibe! - Mein Franz verführt durch die Abscheuliche!
Wie sie wartet, horcht auf den Boten, der ihr
die Nachricht bringe: Er ist tot. Und du, Marie!
Marie, warum bist du gekommen, daß du jede
schlafende Erinnerung meiner Sünden wecktest!
Verlaß mich! Verlaß mich, daß ich sterbe.
MARIA. Laß mich bleiben! Du bist allein. Denk, ich
sei deine Wärterin. Vergiß alles. Vergesse dir Gott
so alles, wie ich dir alles vergesse.
WEISLINGEN. Du Seele voll Liebe, bete für mich,
bete für mich! Mein Herz ist verschlossen.
MARIA. Er wird sich deiner erbarmen. - Du bist
matt.
WEISLINGEN. Ich sterbe, sterbe und kann nicht ersterben.
Und in dem fürchterlichen Streit des Lebens
und Tods sind die Qualen der Hölle.
MARIA. Erbarme, erbarme dich seiner! Nur Einen
Blick deiner Liebe an sein Herz, daß es sich zum
Trost öffne, und sein Geist Hoffnung, Lebenshoffnung
in den Tod hinüberbringe!
In einem Finstern engen Gewölbe
(Die Richter des heimlichen Gerichts. Alle
vermummt).
ÄLTESTER. Richter des heimlichen Gerichts,
schwört auf Strang und Schwert, unsträflich zu
sein, zu richten im Verborgenen, zu strafen im Verborgenen
Gott gleich! Sind eure Herzen rein und
eure Hände, hebt die Arme empor, ruft über die
Missetäter: Wehe! Wehe!
ALLE. Wehe! Wehe!
ÄLTESTER. Rufer, beginne das Gericht!
RUFER. Ich Rufer rufe die Klag gegen den Missetäter.
Des Herz rein ist, dessen Händ rein sind, zu
schwören auf Strang und Schwert, der klage bei
Strang und Schwert! klage! klage!
KLÄGER (tritt vor). Mein Herz ist rein von Missetat,
meine Hände von unschuldigem Blut. Verzeih
mir Gott böse Gedanken und hemme den Weg zum
Willen! Ich hebe meine Hand auf und klage! klage!
klage!
ÄLTESTER. Wen klagst du an?
KLÄGER. Klage an auf Strang und Schwert Adelheiden
von Weislingen. Sie hat Ehebruchs sich schuldig
gemacht, ihren Mann vergiftet durch ihren Knaben.
Der Knab hat sich selbst gerichtet, der Mann
ist tot.
ÄLTESTER. Schwörst du zu dem Gott der Wahrheit,
daß du Wahrheit klagst?
KLÄGER. Ich schwöre.
ÄLTESTER. Würd es falsch befunden, beutet du deinen
Hals der Strafe des Mords und des Ehebruchs?
KLÄGER. Ich biete.
ÄLTESTER. Eure Stimmen. (Sie reden heimlich zu
ihm).
KLÄGER. Richter des heimlichen Gerichts, was ist
euer Urteil über Adelheiden von Weislingen, bezüchtigt
des Ehebruchs und Mords?
ÄLTESTER. Sterben soll sie! Sterben des bittern
doppelten Todes. Mit Strang und Dolch büßen
doppelt doppelte Missetat. Streckt eure Hände
empor, und rufet Weh über sie! Weh! Weh! In die
Hände des Rächers.
ALLE. Weh! Weh! Weh!
ÄLTESTER. Rächer! Rächer! tritt auf!
(Rächer tritt vor).
ÄLTESTER. Faß hier Strang und Schwert, sie zu tilgen
von dem Angesicht des Himmels, binnen acht
Tage Zeit. Wo du sie findest, nieder mit ihr in
Staub. - Richter, die ihr richtet im Verborgenen
und strafet im Verborgenen Gott gleich, bewahrt
euer Herz vor Missetat und eure Hände vor unschuldigem
Blut.
Hof einer Herberge
(Maria. Lerse).
MARIA. Die Pferde haben genug gerastet. Wir wollen
fort, Lerse.
LERSE. Ruht doch bis an Morgen. Die Nacht ist gar
zu unfreundlich.
MARIA. Lerse, ich habe keine Ruhe, bis ich meinen
Bruder gesehen habe. Laß uns fort. Das Wetter
hellt sich aus, wir haben einen schönen Tag zu gewarten.
LERSE. Wie Ihr befehlt.
Heilbronn, im Turn
(Götz. Elisabeth).
ELISABETH. Ich bitte dich, lieber Mann, rede mit
mir! Dein Stillschweigen ängstet mich. Du verglühst
in dir selbst. Komm, laß uns nach deinen
Wunden sehen; sie bessern sich um vieles. In der
mutlosen Finsternis erkenn ich dich nicht mehr.
GÖTZ. Suchtest du den Götz? Der ist lang hin. Sie
haben mich nach und nach verstümmelt, meine
Hand, meine Freiheit, Güter und guten Namen.
Mein Kopf, was ist an dem? - Was hört ihr von
Georgen? Ist Lerse nach Georgen?
ELISABETH. Ja, Lieber! Richtet Euch auf, es kann
sich vieles wenden.
GÖTZ. Wen Gott niederschlägt, der richtet sich selbst
nicht auf. Ich weiß am besten, was auf meinen
Schultern liegt. Unglück bin ich gewohnt zu dulden.
Und jetzt ist's nicht Weislingen allein, nicht
die Bauern allein, nicht der Tod des Kaisers und
meine Wunden - es ist alles zusammen. Meine
Stunde ist kommen. Ich wollte, sie sollte sein wie
mein Leben. Sein Wille geschehe!
ELISABETH. Willst du nicht was essen?
GÖTZ. Nichts, meine Frau. Sich, wie die Sonne draußen
scheint.
ELISABETH. Ein schöner Frühlingstag.
GÖTZ. Meine Liebe, wenn du den Wächter bereden
könntest, mich in sein klein Gärtchen zu lassen auf
eine halbe Stunde, daß ich der lieben Sonne genösse,
des heitern Himmels und der reinen Luft.
ELISABETH. Gleich! und er wird's wohl tun.
Gärtchen am Turn
(Maria. Lerse).
MARIA. Geh hinein und sich, wie's steht! (Lerse ab).
(Elisabeth. Wächter).
ELISABETH. Gott vergelt Euch die Lieb und Treu an
meinem Herrn. (Wächter ab). Maria, was bringst
du?
MARIA. Meines Bruders Sicherheit. Ach, aber mein
Herz ist zerrissen. Weislingen ist tot, vergiftet von
seinem Weibe. Mein Mann ist in Gefahr. Die Fürsten
werden ihm zu mächtig, man sagt, er sei eingeschlossen
und belagert.
ELISABETH. Glaubt dem Gerüchte nicht! Und laßt
Götzen nichts merken.
MARIA. Wie steht's um ihn?
ELISABETH. Ich fürchtete, er würde deine Rückkunft
nicht erleben. Die Hand des Herrn liegt
schwer auf ihm. Und Georg ist tot.
MARIA. Georg! der goldne Junge!
ELISABETH. Als die Nichtswürdigen Miltenberg
verbrannten, sandte ihn sein Herr, ihnen Einhalt zu
tun. Da fiel ein Trupp Bündischer auf sie los. -
Georg! hätten sie sich alle gehalten wie er, sie hätten
alle das gute Gewissen haben müssen. Viel
wurden erstochen, und Georg mit: er starb einen
Reiterstod.
MARIA. Weiß es Götz?
ELISABETH. Wir verbergen's vor ihm. Er fragt mich
zehnmal des Tags, und schickt mich zehnmal des
Tags zu forschen, was Georg macht. Ich fürchte,
seinem Herzen diesen letzten Stoß zu geben.
MARIA. O Gott, was sind die Hoffnungen dieser
Erden!
(Götz. Lerse. Wächter).
GÖTZ. Allmächtiger Gott! Wie wohl ist's einem unter
deinem Himmel! Wie frei! - Die Bäume treiben
Knospen, und alle Welt hofft. Lebt wohl, meine
Lieben; meine Wurzeln sind abgehauen, meine
Kraft sinkt nach dem Grabe.
ELISABETH. Darf ich Lersen nach deinem Sohn ins
Kloster schicken, daß du ihn noch einmal siehst
und segnest?
GÖTZ. Laß ihn, er ist heiliger als ich, er braucht meinen
Segen nicht. - An unserm Hochzeittag, Elisabeth,
ahndete mir's nicht, daß ich so sterben
würde. - Mein alter Vater segnete uns, und eine
Nachkommenschaft von adeln tapfern Söhnen
quoll aus seinem Gebet. - Du hast ihn nicht erhört,
und ich bin der Letzte. - Lerse, dein Angesicht
freut mich in der Stunde des Todes mehr als im
mutigsten Gefecht. Damals führte mein Geist den
eurigen, jetzt hältst du mich aufrecht. Ach daß ich
Georgen noch einmal sähe, mich an seinem Blick
wärmte! - Ihr seht zur Erden und weint - Er ist
tot - Georg ist tot. - Stirb, Götz - Du hast dich
selbst überlebt, die Edeln überlebt. - Wie starb
er? - Ach, fingen sie ihn unter den Mordbrennern,
und er ist hingerichtet?
ELISABETH. Nein, er wurde bei Miltenberg erstochen.
Er wehrte sich wie ein Löw um seine Freiheit.
GÖTZ. Gott sei Dank! Er war der beste Junge unter
der Sonne und tapfer. - Löse meine Seele nun. -
Arme Frau. Ich lasse dich in einer verderbten Welt.
Lerse, verlaß sie nicht. - Schließt eure Herzen
sorgfältiger als eure Tore. Es kommen die Zeiten
des Betrugs, es ist ihm Freiheit gegeben. Die
Nichtswürdigen werden regieren mit List, und der
Edle wird in ihre Netze fallen. Marie, gebe dir Gott
deinen Mann wieder! Möge er nicht so tief fallen,
als er hoch gestiegen ist! Selbitz starb, und der gute
Kaiser, und mein Georg. - Gebt mir einen Trunk
Wasser! - Himmlische Luft - Freiheit! Freiheit!
(Er stirbt).
ELISABETH. Nur droben, droben bei dir. Die Welt
ist ein Gefängnis.
MARIA. Edler Mann! Edler Mann! Wehe dem Jahrhundert,
das dich von sich stieß!
LERSE. Wehe der Nachkommenschaft, die dich verkennt!
Ende
Personen und Inhalt
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