1795
1795, Ende Juni.
Mit Karl Ludwig von Woltmann
Mit Karl Ludwig von Woltmann
1795, Juli.
Mit Friederike Sophie Christiane Brun
und deren Kindern
Mit Friederike Sophie Christiane Brun
und deren Kindern
1795, Juli.
Mit Marianne von Eybenberg
Mit Marianne von Eybenberg
1795, 11. (?) August.
Mit David Veit
Mit David Veit
a.
Er [Goethe] redete mich auf dem Balle von selbst sehr freundschaftlich an, fragte in der Geschwindigkeit nach den Örtern, die ich passirt hätte; ich nannte Teplitz und Sie [Rahel Levin] und sagte ihm, wiewohl ganz flüchtig, daß ich Sie schon sehr lange kennte und Ihretwegen nach Teplitz gereist wäre. Nicht um zu urtheilen, sondern um unwillkürlich mit seinen Empfindungen auszubrechen, sagte er: »Sie haben sehr recht gethan. O! die Levin hat sehr viel gedacht, hat Empfindungen und Verstand; es ist was Seltenes, das muß ich sagen – wo find't man das? Wir haben auch so vertraut zusammen gelebt, wir waren beständig zusammen. Ja, das ist gewiß! Nun, wenn Sie sie lange nicht gesehen hatten, ja freilich!« u.s.w. Und dabei lauter freundliche Gesichter, und beständig entourirt, im Geschrei sagte er mir das immer weiter. Wir gingen auseinander ..... Während des dicksten Tanzes war Goethe eine Zeitlang frei ..... Ich ging zu ihm hin und redete ihn mit den Worten an: »Sie wer den wohl noch einige Zeit hier [in Jena] bleiben, Herr Geheimerath?« G. »Länger, als ich dachte – o, setzen Sie sich! – So lange es hübsch ist. Ich habe so viele Freunde hier, man macht so hübsche Bekanntschaften, und so weiß ich nicht, wann ich abgehe; aber dann komme ich wieder nach Jena und arbeite.« Darauf kamen wir in ein Gespräch über seine anatomischen Arbeiten, von denen er sagte, er hätte sie schon zehnmal zum Druck fertig gehabt und ebenso oft unterdrückt; es wäre unendlich schwer auszuführen. »Wir befinden uns in einem Chaos von Kenntnissen und keiner ordnet es; die Masse liegt da und man schüttet zu, aber ich möchte es machen, daß man wie mit Einem Griff hineingriffe und alles klar würde. Es ist nun nicht mein Fach; ich treibe es aus Begierde, aus Leidenschaft; ich will gerne zeigen, daß alles auch hier einfach ist, wie in den Pflanzen, daß aus Knochen alles deducirt werden kann, aber noch sehe ich das Ende nicht; vor jedem neuen Buch erschrecke ich; denn es ist den Versuchen nicht zu trauen. Achten muß man darauf, und in einem Menschenleben macht man nicht alle nach. Es ist überhaupt mein Grundsatz, den umgekehrten Weg einzuschlagen. Man hat bisher so viel Hypothesen in der Naturlehre gemacht: das ist falsch; denn für meine Meinung finde ich immer Gründe in dem Unendlichen der Natur. Die Kräfte sind so mannigfaltig, daß ich immer einige derselben unter Einen Gesichtspunkt bringen kann, wenn er auch unrichtig ist; hier muß man viel Versuche machen, um nicht zu irren. In der Naturgeschichte hingegen hat man immer classificirt und neben einander gestellt ohne zu raisonniren; hier kann man Hypothesen wagen; denn die Fehler sind leicht zu finden: jeder Knochen, jede Pflanze, die mir in die Hände fällt, widerlegt mich.«
Über diese Materie haben wir noch lange gesprochen und nun kommt Ihr Triumph, meine liebe Rahel! eine Sache, die Sie kaum glauben werden, die ich so unglücklich bin, Ihnen schreiben zu müssen. Hören Sie! Ich sprach mit ihm über den »Literarischen Sansculottismus« (»Horen«, fünftes Stück) und sagte ihm geradezu: »Herr Geheimerath, Sie werden es vielleicht für Arroganz, für Unbescheidenheit halten, aber es ist wirklich keins von beiden; ich muß Ihnen sagen, daß mir Ihr ›Literarischer Sansculottismus‹ eine große Freude war. Wenn man selbst jung ist, so kann man nichts lieber hören, als wenn ein Mann wie Sie mit einer solchen Deutlichkeit an seine Jugend denkt und so warm sich für die jetzigen größeren Fortschritte interessirt,« u.s.w. Goethe. »Unbescheidenheit? warum? Es ist mir sehr lieb, daß Sie mir das sagen, sehr lieb. Sagen Sie, warum soll man dabei still sein? Ich habe dem ganzen Gang so mit zugesehen; ich, und wenn ich auch nicht gewirkt habe, so glaube ich doch, daß ich nicht ohne Wirkung gewesen bin, und nun kommt einer und sagt: es ist nichts, und wir haben nichts! Daß ich so immer den Gang mit weiter mache und mich daran vergnüge, das muß ich ja thun; das, was mir entgegenwächst, entgegen kommt, was aufsproßt, – anderer Leute Kinder oder meine, hier einerlei, – das ist ja das Leben. Was erinnert mich sonst, daß ich bin und wie ich bin? Ich sehe ja, daß man weiter kommt, und man will mich überreden, daß man zurückgehe?« u.s.w. Wir haben über eine Stunde miteinander gesprochen, ich nicht weniger als er. Diese Hauptsachen habe ich Ihnen schreiben können. Was sonst noch passirt ist, ist größtentheils unbedeutend und soll der Inhalt künftiger Briefe sein.
b.
Während des Tanzes saß er einmal allein. Ich ging zu ihm hin und habe über viel Sachen mit ihm gesprochen; mit mehr Wärme und zugleich mit mehr Achtung für mich habe ich ihn noch nicht mit mir sprechen hören. Ich fragte ihn nach seinen anatomischen Plänen und seinen Arbeiten überhaupt. Was er mir hierüber gesagt hat und was besonders neu war, läßt sich in kurzem darauf zurückführen: »Man sollte in der Naturgeschichte mehr raisonniren; denn das Raisonnement kann sehr viel helfen und nie schaden, da jeder Naturkörper, jede Pflanze, jeder Knochen mich widerlegt, wenn ich gefehlt habe, und in der Naturlehre mehr Versuche machen, da man nicht leicht eine Hypothese aufstellen kann, für die sich nicht Erscheinungen finden bei der Unendlichkeit der Natur und den unzuberechnenden Modificationen der Kräfte.« Aber nun die Hauptsache! Nachdem wir ein Langes und Breites darüber und über die vielen unzuverlässigen Bücher gesprochen hatten, sagte ich ihm, daß mir sein »Literarischer Sansculottismus« ein erstaunliches Vergnügen gemacht hätte, und er möchte es nicht für Unbescheidenheit nehmen, daß ich es ihm sagte. »Wenn man selbst jung ist, Herr Geheimerath, so muß es einen wohl freuen, wenn man sieht, daß ein Mann wie Sie sich der Jugend und der jetzigen Zeit so sehr annimmt.« »Warum für Unbescheidenheit? Mir ist das sehr lieb. Ja, warum soll ich mich überreden lassen, daß wir zurückgehen, wenn wir offenbar vorwärts kommen? Und warum sollt' ich mich nicht um alles bekümmern? Das was heranwächst, was mir entgegensproßt, – anderer Leute Kinder oder meine, hier einerlei – das ist ja das Leben Nicht wahr, das ist das Leben?« So sprachen wir noch lange und gingen durch Zufall auseinander. Er hat mich seitdem oft angeredet, und wenn auch nur von albernem Zeug, Ortentfernungen, Reisen, doch immer einige Worte mit mir gesprochen.
1795, zweite Hälfte August (?).
Mit David Veit
Mit David Veit
1795, Sommer (?).
Mit Wilhelm von Humboldt
Mit Wilhelm von Humboldt
1795, Sommer (?).
Mit Johann Gottlieb Fichte
Mit Johann Gottlieb Fichte
1795, zwischen 6. und 9. November.
Mit Friedrich Schiller
Mit Friedrich Schiller
Goethe verlangt von einem schönen Gebäude, daß es nicht bloß auf das Auge berechnet sei, sondern auch einem Menschen, der mit verbundenen Augen hindurchgeführt würde, noch empfindbar sein und ihm gefallen müsse.
Daß von seiner Optik und seinen naturhistorischen Sachen auch viel die Rede sei, können Sie leicht denken. Da er letztere gerne vor seiner italienischen Reise (die er im August 1796 anzutreten wünscht) von der Hand schlagen möchte, so habe ich ihm gerathen, sie in einzelnen Aufsätzen in seiner darstellenden Manier zu den »Horen« zu geben. Ohnehin ist sonst nicht viel von ihm für das folgende Jahr zu hoffen. Wir haben dieser Tage auch viel über griechische Literatur und Kunst gesprochen.
– – –
Ihren Brief an Hellfeld [wegen Überlassung von Humboldt's Wohnung an Goethe] habe ich noch nicht abgegeben. Goethe will sich erst noch besinnen; denn er hat einen neuen Bedienten, der ihn noch nicht recht zu besorgen weiß, und trennt sich deswegen nicht gern vom Schloß, wo ihn Trapizius, der Schloßvoigt bedient. Die Ilgen, die er neulich sah, gefiel ihm sehr wohl, wie es schien, und ich merkte wohl, daß er nachher mehr Lust zu Ihrem Logis hatte; wie er aber hörte, daß sie in Ihren Namen und in Ihre Tugend verliebt sei, so wurde vom Logis nicht mehr gesprochen.
1795, November.
Mit Christoph Martin Wieland
Mit Christoph Martin Wieland
1795, Ende November.
Mit Charlotte von Stein
Mit Charlotte von Stein
1795 (?).
Über Karl Lappe
Auch die Kleinigkeiten dieser Lieferung [des »Musenalmanachs für das Jahr 1796«] haben meinen [Humoldt's] vollkommenen Beifall. Die beiden an Fichte haben uns viel zu lachen gegeben. Ob er sich wohl erkennen wird? Herr Lappe wird sich doch durch dies und das erste Stück wieder einigermaßen bei Goethe rechtfertigen, der, wie Sie [Schiller] sich noch erinnern, sich sehr über ihn lustig machte.
1795 (?).
Mit Joseph Schreyvogel
1795 (?).
Über Immanuel Kants Philosophie
Über Immanuel Kants Philosophie
Mit Christoph Martin Wieland
1795 (?).
Über Caroline Paulus
Über Caroline Paulus
1795 (?).
Mit Carl August Böttiger
Mit Carl August Böttiger
a.
»Beim erneuten Studium Homers empfinde ich [Goethe] erst ganz, welches unnennbare Unheil der jüdische Praß uns zugefügt hat. Hätten wir die Sodomitoreien und ägyptisch-babylonischen Grillen nie kennen lernen, und wäre Homer unsere Bibel geblieben, welch' eine ganz andere Gestalt würde die Menschheit dadurch gewonnen haben!«
b.
Physiologische Bemerkung. Gewisse Configurationen im menschlichen Körperbau tragen noch die letzte Spur der veredelten Thierheit zum prototypon der organischen Schöpfung, zum Menschen, sehr deutlich an sich, z.B. das os coccygis den Rest des thierischen Schwanzes, die Milz und das Überzwerg-Schleudern der Hände, wenn man geht. (Nachahmung des vierfüßigen übereck schreitenden Thieres). »Ich« – sagte Goethe – »lasse meine beiden Hände schleudern, wenn ich über's Feld allein gehe; denn so geh' ich naturgemäßer.« Nie geht er mit einem Stock – daher auch diese Spur der Thierheit in der feinen Welt für unanständig gehalten wird. Zu was nützen die papillae an der Brust des Mannes? Schon Sterne in seinem »Koran« findet dies unerklärlich. Man muß annehmen, es sei gleichsam ein allgemeiner Typus in der Natur für die menschliche Organisation. Hier sind beim Manne wenigstens noch die Spuren der Brüste, die sich beim homo lar nur auf zwei herauf vermindert haben. Die Natur hat gewisse Generalformen, die sich auch da abdrücken, wo sie kein unmittelbares Bedürfniß erfüllen; z.B. bei allen unsern Rohrgewächsen liegt am untern Schilfblatt ein Auge, das sich nie entwickelt.
1795 (?).
Mit Carl Ludwig von Knebel u.a.
Mit Carl Ludwig von Knebel u.a.
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