1804, Anfang März.
Mit Friedrich Haide
Mit Friedrich Haide
Als Haide vor der ersten Aufführung des »Tell« von dem, ihm begegnenden Goethe gefragt wurde, wie ihm seine Rolle [des Tell] gefalle, die er fleißig studiren möge, gab er, bei aller Anerkennung der bedeutenden und dankbaren Rolle doch der einschränkenden Bemerkung Raum, daß bei seiner eigentlich sehr sporadischen, nur in kurzen Scenen auftretenden Rolle für den Darsteller keine rechte Gelegenheit, sich zu zeigen, geboten sei; sozusagen kein dankbarer scenischer Abgang; dieß sei für den Schauspieler doch wichtig. Goethe hat diesen Bemerkungen aufmerksam zugehört. Allen Vermuthungen nach ist aber diese Unterredung zu Schiller's Kenntniß gekommen und insofern gewürdigt worden, als einige Tage darauf ein verlängerter Monolog »Durch diese hohle Gasse muß er kommen etc.« Haide zugekommen.
1804, Anfang März (?).
Beim Theaterdecorationsmaler
Beim Theaterdecorationsmaler
1804, Anfang März.
Über Theatermalerei
Über Theatermalerei
1804, Ende März und Anfang April.
Mit Johann Heinrich Voß d. J.
Mit Johann Heinrich Voß d. J.
a.
Ich bin abermals in Weimar gewesen bei dem Herrlichen und diesmal als Stubengenoß und Vicehofmeister seines August. wenn ich Ihnen [Boie] den Inbegriff dieser zehn Tage andeuten will, so muß ich sagen: ich bin sehr heiter und froh gewesen. Meine Hauptangelegenheit ist zu einem schönen Ende gefördert, und ich habe Goethe diesmal noch mehr genossen als das vorige Mal. Seine Aufnahme war so herzlich, und was er mir in dieser Zeit Liebes erzeigt hat, kann ich nicht beschreiben. Er hat wie ein zärtlicher Vater für mich gesorgt; er sinnt recht darauf, mir einen angenehmen Aufenthalt zu verschaffen. Ich bin auch jetzt schon ganz eingewohnt daselbst; ich habe mir schätzenswerthe Bekanntschaften erworben und habe die Versicherung von Goethe und Schiller, daß mir ihr Haus jederzeit mit herzlicher Liebe offen stehen soll ....Denken Sie! Ich bin Doctor philosophiae geworden und Gott weiß! was sonst noch ..... Wir saßen zu Mittage und hatten eben das letzte verzehrt, als Goethe einen Kuchen beorderte, »weil der Voß noch so hungrig aussähe«. Ich entschuldigte mich, aber es half nichts: der kleine August mußte hinausgehen und kam gleich daraus mit einer großen Schüssel wieder, die er mir auf den Kopf setzte mit dem abgedrungenen Versprechen, daß ich davon essen müßte. Ich versprach es und die Schüssel stand vor mir mit dem Doctordiplom. Mir ward von Vater und Sohn recht herzlich Glück gewünscht; darauf stellte sich bei Goethe die gute Laune ein, und er fing an zu scherzen. »Bis morgen Abend sei Er der Herr Doctor,« sagte er; »dann wollen wir Seine Gesundheit trinken und Ihm den Titel wieder abnehmen, damit Er wieder der gute Voß sei.« Nun bestellte Er zu meiner Doctorfeier eine Flasche von seinem besten Champagner, die ich mit ihm bis zum letzten Tropfen (fast zum Schwindlichtwerden) ausleerte. Nachher gingen wir einige Stunden im Park spazieren, und da war Goethe ganz allerliebst munter. Es ist kein Gegenstand, der seiner Aufmerksamkeit entgeht; in alles bringt er Geist und Leben, und wenn er auch von entlegenen Dingen redet, so nimmt er doch die um ihn her liegenden und wechselnden Gegenstände zu Hülfe, um seine Gedanken in sie einzukleiden. Nie braucht er je ein anderes Gleichniß, als daß von Dingen hergenommen ist, die er gerade vor sich sieht, und man wundert sich oft, wie er aus einem erbärmlichen Stoffe etwas so Herrliches und Herzerhebendes zu bilden wußte. Wenn er dann in Feuer geräth, so wird sein Schritt hastiger, oder wenn er gewisse Gegenstände fixirt, um sie tief zu ergründen, dann steht er auch wohl gar stille und stemmt einen Fuß vor den andern, den Körper rückwärts gebogen. Ihm bei Tische gerade entgegen zu sitzen und in sein feuriges tiefes Auge zu blicken, ist eine wahre Wonne. (Goethe sagt selbst einmal was ähnliches in seinem »Götz«.) Es drückt sich in seinen Zügen bei aller Majestät so viel Güte und Wohlwollen aus. Nie aber ist er angenehmer und liebenswürdiger, als des Abends in seinem Zimmer, wenn er ausgezogen ist und entweder mit dem Rücken gegen den Ofen steht, oder auf dem Sopha sitzt. Ja, da wird es unmöglich, sich ihm nicht hinzugeben. Ob es die Ruhe macht, die abendliche Stille, das Gefühl der Erholung von oft schweren Arbeiten, oder was es ist: dann ist er am heitersten und gesprächigsten, am offensten und herzlichsten. Ja, Goethe kann die Herzlichkeit selbst sein. Dann hat sein manchmal furchterregender Blick auch als Schreckhafte verloren.Sobald ich in Weimar etwas eingerichtet bin, will er eine Gesellschaft junger Leute um sich versammeln, von solchen, die Lust haben, vorwärts zu schreiten. Da sollen Schriften aus mehreren Fächern und Sprachen gemeinschaftlich gelesen und besprochen werden. Ich weiß schon aus der Erfahrung, wie mit Liebe er so was unternimmt und betreibt. Die Früchte dieser Conversationen sollen denn zugleich auch aus die »Literaturzeitung« verbreitet werden, und wahrlich! das ist ein glücklicher Gedanke; denn Goethe, der zum eigentlichen Recensenten nicht geschaffen ist, giebt doch oft im Gespräche die herrlichsten und treffendsten Urtheile, die durchaus nicht verloren gehen dürfen. Und welche Ubung wird es für uns sein, Winke und umhergestreute Ideen der Art aus Goethes Geiste auffassen zu lernen, und in Aufsätze oder Recensionen sie zu fixieren! Weiß man doch das erst am deutlichsten und klarsten, was man selbst andern mitzutheilen genöthigt wird!
Was sagen Sie zu seiner Recension von meines Vaters Gedichten? Welch ein schöner Gedanke, des Dichters poetisches Leben aus seinen Gedichten zu entwickeln, und welch ein tiefes Studium der Gedichte in dieser Entwickelung! Ein wahres lebendiges Votivgemälde. Fast jedes Wort könnte als Citat ein Lied bekommen. Ungemein schön ist der Übergang von den Herbstliedern zu den religiösen. Ich habe diese Recension recht von Grund aus entstehen sehen. Gewöhnlich des Abends von 8 -10 las ich Goethen die Gedichte vor. Als ich das »Herbstlied« anfangen wollte: »Die Bäume stehn der Frucht entladen«, nahm er mir das Buch aus der Hand und sagte: »Das will ich selber lesen.« Er las es, und gleich darauf »Trost am Grabe«. Die Worte in der Recension, mit denen er diese Lieder bezeichnet, mögen Ihnen die gerührte Stimmung aussprechen, womit er sie las. Einige Stellen habe ich ausgearbeitet, nämlich die über die höheren Stände und den letzten Theil über Sprache, Rhythmik und Mythologie. Versteht sich, daß Goethe nachher revidirte, um den Stil mit dem seinigen gleichförmig zu machen, wo es mir nicht gelungen war. Sonnabend [7. April] hatten wir den »Macbeth«; er ward meisterhaft gegeben, obgleich in seiner ganzen blutigen Gräßlichkeit. Die Hexen waren junge Mädchen, schön von Wuchs und recht artig gekleidet, die Eine sogar zierlich. Es war ein kühner Gedanke von Goethe, das Schreckliche dieser Wesen mehr in die Wirkung, als in die Gestalt zu setzen, und sie that so auch bei weitem größere Wirkung, so wie der Teufel in schöner Gestalt gräßlicher ist (für mich wenigstens), als in der teuflischen. Die Todtenstille unter den Zuschauern war mir manchmal ebenso schrecklich, als das Stück selbst; dann war es, als stünde das ganze Geisterreich geöffnet. Goethe war den Abend außerordentlich fröhlich, (wir saßen noch um halb 12 auf) daß die Vorstellung so geglückt sei; auch Schiller, mit dem ich nach der Vorstellung noch einen Augenblick nach Hause ging.
.... Goethes Zutrauen und seine Liebe zu verlieren, wäre das Schrecklichste, was mir in Weimar begegnen könnte, aber so lange ich bleibe was ich bin und fortfahre zu werden, was ich werden kann, so lange werde ich sein »lieber Sohn« bleiben, wie er mich mehrere Male genannt hat.
b.
Ich muß Dir [Börm] noch ein Stückchen erzählen, das mir den Goethe so unendlich lieb gemacht hat. Als ich zum zweiten Mal bei Goethe war, wurde gerade mein Doctordiplom ausgefertigt und Goethen von Jena aus für mich zugeschickt. Mir verschwieg er's. August mußte nach Belvedere hingehen, um Lorbeer- und Zitronenzweige zu holen. Bei Tisch wußte ich noch nichts davon. Nach dem Essen sagte Goethe zur Vulpius: »Mein Kind! der Voß sieht mir noch so hungrig aus; man sollte doch das Gastrecht nicht verletzen und seinen Freunden wenigstens satt zu essen geben.« Ich entschuldigte mich in demselben lustigen Ton und versicherte, ich sei voll satt. Es half nichts; August mußte hinausgehen und den Nachtisch holen. Er kam wieder mit einer großen Schüssel, die er mir auf den Kopf setzte. Nun mußte ich versprechen, wenigstens noch einen Bissen zu essen, und vor mich hin wurde das Gericht gestellt. Denke Dir mein Erstaunen! Ich sah Goethe an und wußte nichts zu sagen. Nun wurde mir sehr herzlich von Goethe, August und der Vulpius zu meiner neuen Würde gratulirt, Goethe Schloß mich in seine Arme und nannte mich zum ersten Mal seinen »lieben Sohn«, ein schmeichelndes Wort, welches er nachher oft wiederholt hat. Gleich darauf stellte sich seine fröhliche Laune ein. »Es ist gerathen,« sagte er zur Vulpius, »daß wir des neuen Doctors Gesundheit in Champagner trinken.« Sie mußte in den Keller und brachte den Göttertrank; wir hatten schon anderthalb Flaschen getrunken, aber dieser Nektar mußte doch noch hinzu. Wir haben die Flaschen bis auf den letzten Tropfen geleert. Während dieser Operation wurde ich immer Doctor genannt; ich protestirte dagegen. »Nein,« Sagte Goethe, »heut bleibt Er's und morgen auch aus Strafe, daß Er Doctor geworden ist. Morgen Abend haben wir eine kleine Gesellschaft, wo auch der neue Doctor Bode sein wird; da soll der beiden Herren ehrenfeste Gesundheit getrunken und Euch der Doctor wieder abgenommen werden.« Dann drückte er mir freundlich die Hand und sagte: »für uns sollen Sie der gute Voß bleiben.« Unterdeß wirkte der Champagner. Ich ward nicht bloß selig, sondern überselig. Ich habe Goethen nie nach Wunsche danken können, ich hatte es auch nie versucht; jetzt konnte ich's. Als wir aufstanden, war mir der Kopf ein bischen schwerer, als gewöhnlich, vielleicht Goethen auch; denn er war über die Maßen lustig. wir gingen noch ein paar Stunden spazieren und im Park hielt mir Goethe ein Vorlesung über die Naturgeschichte.
1804, März.
Mit Johann Heinrich Voß d. J.
Mit Johann Heinrich Voß d. J.
1804, zwischen 29. März und 8. April.
Mit Johann Heinrich Voß d. J.
Mit Johann Heinrich Voß d. J.
a.
Einmal sprach er von Gott und Unsterblichkeit und war dabei in einer Bewegung, die ich.. nicht beschreiben kann. Aber wol steht mir noch vor Augen, wie er mit dem Leibe rückwärts sich lehnte und sein unbeweglicher, nur auf den Gegenstand, der seine Seele füllte, fixirter Blick von dem Irdischen weggewandt, das Höhere und Unnennbare suchte. Dann ist er mehr als ein Mensch, ein wahrhaft überirdisches Wesen.
b.
Ich habe.. schon die Schauspielergesellschaft erwähnt, die Goethe dann und wann bei sich versammelt und im Declamiren übt. Er liest mit ihnen die ausgesuchtesten Sachen, weil er zugleich die Absicht hat, auf ihre Sittlichkeit zu wirken. Er sagte einmal: »Wenn das wahrhaft Schöne und Gute Eingang gefunden hat, so ist das Schlechte auf ewig verbannt.« Sobald ich in Weimar etwas eingerichtet bin, will Goethe eine ähnliche Gesellschaft junger Leute um sich versammeln, von solchen, die Lust haben, vorwärts zu schreiten. Da sollen Schriften aus mehreren Fächern und Sprachen gemeinschaftlich gelesen und besprochen werden. Ich weiß schon aus Erfahrung, wie mit Liebe er sowas unternimmt und betreibt. Welche Übung wird es für uns sein, Winke und umhergestreute Ideen aus Goethe's Geiste auf fassen zu lernen und in Aufsätze oder Recensionen sie zu fixiren! Weiß man doch das erst am deutlichsten und klarsten, was man selbst andern mitzutheilen genöthigt wird. Ich sagte Goethe einmal auf einem Spaziergange: er möchte mir erlauben, daß ich manchmal Gespräche von ihm, die doch billig dem Publicum wie dem Einzelnen zugehören sollten, in Aufsätze oder Recensionen verarbeiten dürfte. Dieß hatte ihm die erste Veranlassung zu jener Idee gegeben. Das schließe ich daraus, weil er, als er mit Lebhaftigkeit von dieser Gesellschaft sprach, damit schloß, daß auch die Allgemeine Literaturzeitung durch diese Conversation gewinnen müßte.
1804, April (?).
Bei Caroline von Wolzogen
Bei Caroline von Wolzogen
1804, Anfang April (?).
Über Lüdens »Charlotte Corday«
Über Lüdens »Charlotte Corday«
1804, April (?).
Über Johann Heinrich Voß d. J.
Über Johann Heinrich Voß d. J.
1804, Ende April.
Mittag bei Goethe
Mittag bei Goethe
1804, Frühjahr.
Mit Benjamin Constant de Rebecque
Mit Benjamin Constant de Rebecque
When Benjamin Constant, the French littérateur, during his stay at the court of Weimar called upon Goethe, he began in the style of a true Frenchman... to load him with flattery, saying that the world was wondering at the stupendous productions of his genius, that he had secured to himself immortal fame &c. Then Goethe is reported to have turned his large, fiery eyes upon Constant, and to have replied: »I know it, I know all that, I know too that the world regards me as a carpenter, who has built a ship of war, of the first rate, upon a mountain, thousand of miles from the ocean – but the water will rise, my ship will float, ant bear her builder in triumph where human genius never reached before.«
1804, 1. Mai.
Mit Johann Heinrich Voß d. J.
Mit Johann Heinrich Voß d. J.
[Nach der fast gleichlautenden Erzählung in Voßens Brief an Solger vom 15. Mai lautete obiger Ausbruch Goethe: »Was sind wir doch gegen jene Künstler dieses kraftvollen Jahrhunderts? Wahre Schufte! wahre Taugenichtse!«]
1804, Mai (?).
Mit Henry Crabb Robinson
Mit Henry Crabb Robinson
1804, Ende Mai (?).
Bei Falks »Prinzessin mit dem Schweinsrüssel«
Bei Falks »Prinzessin mit dem Schweinsrüssel«
1804, 12. Juli.
Mit Charlotte von Stein
Mit Charlotte von Stein
1804, Mitte Juli.
Mit Johann Heinrich Voß d. J.
Mit Johann Heinrich Voß d. J.
1804, August (?).
Mit Johann Heinrich Voß d. J. u.a.
Mit Johann Heinrich Voß d. J. u.a.
1804, 5. oder 6. September.
Mit Christian Gottlob von Voigt
Mit Christian Gottlob von Voigt
1804, Ende September (?).
Mit Johann Heinrich Voß d. J.
Mit Johann Heinrich Voß d. J.
1804, 2. October.
Mit Johann Heinrich Voß d. J.
Mit Johann Heinrich Voß d. J.
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