Die heutige Zusammenkunft ist für uns alle von Bedeutung und Wichtigkeit; für mich am meisten, denn indem ich dem gnädigsten Reskripte vom 29. Januar gemäß meinen Sohn, den Kammerjunker und Kammerrat von Goethe, als Mitglied der ansehnlichen Theaterintendanz einführe, weiß ich recht gut, was für eine müh- und sorgenvolle Laufbahn ich ihm eröffne, und in diesem Sinne müßte mir der gegenwärtige Augenblick schmerzlich sein. Bedenke ich aber, daß dieser Schritt nach dem eigensten Willen unseres gnädigsten Fürsten und Herrn geschieht, so muß ich darin die größte Belohnung der vieljährigen in diesem Fach erduldeten Mühseligkeiten betrachten: denn es zeigt an, daß Höchstdieselben mit der bisherigen Führung und Leitung dergestalt zufrieden gewesen, daß sie wünschen, künftighin möge das Geschäft nach gleichen Grundsätzen und auf gleiche Weise fortgeführt werden. Dadurch seh ich mich denn bei merklicher Abnahme an Kräften durch jugendlichen Mut und Tätigkeit im Bilde wieder hergestellt, und ich darf hoffen, von dem Geschäft dereinst nicht ganz abzugehen.
Und so mag ich denn gern der Zeiten denken, wo diese durch mancherlei Wechsel sich hindurch windende Anstalt begonnen, begründet und nach und nach auferbaut worden. Dieses ist durch gemeinsame treue Mitwirkung vorzüglicher, kenntnisreicher, treugesinnter und ausdauernder Männer geschehen, so daß wir gegenwärtig wohl mit gutem Gewissen einen jungen Mann auffordern können, an unsern Bemühungen teilzunehmen; denn es ist bei uns nicht etwa von einer Reform oder Veränderung die Rede, nicht von einer neuen Gestaltung der Dinge, sondern das Vorhandene soll erhalten und das Bestehende frisch angeregt werden.
Unsere ökonomischen Einrichtungen und Zustände, Dank sei es demjenigen, der sich besonders damit beschäftigt! sind untadelhaft und alles Zutrauns würdig. Alles, was zur technischen Einrichtung der Bühne gehört, ist auf das genauste schon auf einem solchen Punkte, daß selbst das wenige, was noch abgehen möchte, bereits angeordnet und vorgearbeitet ist. Worauf wir aber gegenwärtig alle Aufmerksamkeit zu richten haben, ist gerade die Hauptsache, nämlich die öffentliche Erscheinung unserer Bühne, in der wir ohne unsere Schuld zurückgekommen sind. Denn da hiebei alles auf Talent und Persönlichkeit des Schauspielers ankommt, so dürfen wir uns nicht leugnen, daß wir manchen Verlust erlitten haben und mancher uns bevorsteht. Den möglichen Ersatz des Verlornen, die Vermannigfaltigung eines befriedigenden geistreichen Zusammenspiels, die Sorge für ununterbrochene bedeutende Vorstellungen, das ist es, worauf wir jetzt losarbeiten müssen. Daß es hiezu neuer Mittel, frischer Anstrengungen, anhaltender Bemühungen bedürfe, werden wir uns nicht ableugnen, und ich gedenke in kurzer Zeit hierüber meine Vorschläge den verehrten Mitgeordneten zur Prüfung vorgelegt. Sind sie durch ihren Beirat der Vollkommenheit näher gebracht und wert befunden, von Serenissimo beurteilt zu werden, so können wir uns eine beifällige Genehmigung oder wenigstens eine gnädigste Zurechtweisung versprechen.
Indem ich nun meinen allgemeinen, aber wohlgefühlten Dank für die bisherigen Mitwirkungen allen Gliedern unseres Vereins hiemit ausspreche, so ersuche um Wohlwollen, Geneigtheit und Zutrauen für den soeben Eingeführten, damit jugendlich-guter Wille und Kraft ungehindert wirksam werden könne.
Mich selbst aber erbiete sowohl in Gegenwart als Abwesenheit zu der treulichsten Beachtung des Vorteils dieser schönen Anstalt und verspreche mir wie bisher auch für die Zukunft geneigten Anteil und Mitwirkung.
Ende
Goethe auf meiner Seite
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