Eltern und Kinder
Die wir sandten in das Leben,
Zage Mädchen, wilde Knaben:
Könnten ihnen wir doch geben,
Was wir selbst errungen haben!
Könnten wir an sie vererben
Unser Wissen, unser Wollen -
Eignem Mangel, eignem Sterben
Würden wir nicht weiter grollen!
Aber eng in sich beschlossen
Bleibt ein menschliches Erreichen -
Kinder sind nur Leidgenossen,
Denen wir am Ende weichen:
Die auf andern wirren Bahnen
Unbelehrt zum Ziele wandern
Und bei vielem gar nicht ahnen,
Daß auch wir's erlebt - wir Andern.
Stefan George
Fast alle kinder
In schlafes armen
Scheinen zu lächeln
Süss unter träumen
Doch man bemerkt dass
Fast alle weinen
Wenn sie erwachen.
Schlaf sind die täuschungen
In unsrem leben –
Während sie herrschen
Dürfen wir lachen
So wie beim schwinden wir
Weinen wie kinder
Wenn sie erwachen.
Joachim Ringelnatz
An Berliner Kinder
Was meint ihr wohl, was eure Eltern treiben,
Wenn ihr schlafen gehen müßt?
Und sie angeblich noch Briefe schreiben.
Ich kann's euch sagen: Da wird geküßt,
Geraucht, getanzt, gesoffen, gefressen,
Da schleichen verdächtige Gäste herbei.
Da wird jede Stufe der Unzucht durchmessen
Bis zur Papagei-Sodomiterei.
Da wird hasardiert um unsagbare Summen.
Da dampft es von Opium und Kokain.
Da wird gepaart, daß die Schädel brummen.
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