Der Kammerberg bei Eger
Zur Naturwissenschaft überhaupt. Ersten Bandes zweites Heft. 1820
Wir gaben [bei einem ersten kürzeren Abdruck des Aufsatzes in dem von Karl Cäsar Leonhard herausgegebenen "Taschenbuch für die gesamte Mineralogie" 1809] zu unserer Darstellung ein Kupfer und legten dabei eine Sammlung zum Grunde. Denn wenn man gleich mit Worten vieles leisten kann, so ist es doch wohlgetan, bei natürlichen Dingen die Sache selbst oder ein Bild vor sich zu nehmen, indem dadurch jedermann schneller mit dem bekannt wird, wovon die Rede ist.
Indessen ob uns gleich hier beides abgeht, so unterlasse ich doch nicht, diesen Aufsatz mitzuteilen. Vorgänger gehabt zu haben, ist immer vorteilhaft, und so benutzte auch ich später die Schrift des verewigten v. Born. Wir sehen aufmerksamer, wenn von uns gefordert wird zu sehen, was jene gesehen haben, und es ist immer schon genug, wenn einer sieht, was der andere sah, ob er es gleich vielleicht anders sieht. Was das Denken und Meinen betrifft, so ist über solche Gegenstände ohnehin keine Übereinstimmung zu erwarten.
Wie viele Naturfreunde besuchen jährlich diese Gegenden, besteigen diese wundersame Mittelhöhe, und ohne große Schwierigkeit werden sie nach Anleitung des beigelegten Verzeichnisses eine Sammlung zusammentragen, vielleicht vollständiger als die unsrige. Besonders empfehlen wir ihnen, die Nummern 11 bis 14 aufzusuchen. Bedeutend und recht ausgezeichnet sind sie selten; aber das Glück begünstigt den leidenschaftlichen unermüdlichen Liebhaber.
Läßt sich Böhmen als ein großes Tal ansehen, dessen Wasser bei Aussig abfließen, so kann man den Egerdistrikt als ein kleineres denken, welches durch den Fluß dieses Namens sich seiner Wasser entledigt. Betrachten wir endlich die Gegend, von der zunächst hier die Rede ist, so erblickt unsre Einbildungskraft gar leicht an der Stelle des großen Franzenbrunner Moors einen vormaligen Gebirgssee, umgeben von Hügeln und weiterhin von Bergen, dessen gegenwärtig noch nicht völlig ausgetrockneter Boden mit einem Torflager bedeckt, mit mineralischem Alkali und andern chemischen Bestandteilen durchdrungen ist, in welchem sich mancherlei Gasarten häufig entwickeln, wovon die sehr lebhaften und gehaltreichen mineralischen Quellen und andere physische Phänomene ein vollständiges Zeugnis ablegen.
Die Hügel und Gebirge, welche diese Moorfläche umgeben, sind sämtlich aus der Urzeit. Granit mit großen Feldspatkristallen, dem Karlsbader ähnlich, findet sich zunächst bei der Einsiedelei von Liebenstein. Ein feinkörniger mit gleichgemischten Teilen, der vorzüglich zum Bauen benutzt wird, bei Hohehäusel. Nicht weniger bricht Gneis bei Rossereit. Aus Glimmerschiefer jedoch, der uns hier besonders interessiert, besteht der Rücken, welcher das Franzenbrunner Moor von dem Egertale scheidet. Aus der Verwitterung dieses Gesteins entstand der Boden der meisten Felder dieser sanften Anhöhen; deswegen man auch allenthalben Überreste von Quarz findet. Die Hohle hinter Dresenhof ist in den Glimmerschiefer eingeschnitten.
Auf diesem Rücken, sanft, doch entschieden erhoben, einzeln imd abgesondert, liegt der von allen Seiten her gesehene Kammerbühl. Seine Lage ist an und für sich schon hoch, und um so bedeutender wird die Aussicht auf seiner Höhe. Man versetze sich in das offne Lusthäuschen, und man findet sich in einem Kreis näherer und fernerer Hügel und Gebirge. Im Nordwesten hat man die regelmäßigen, schönen und heitern Gebäude Franzenbrunns vor sich. Wie man sich nach der Rechten wendet, erblickt man über einer weiten, wohlbebauten und bewohnten Landschaft in der Ferne den sächsischen Fichtelberg, die Karlsbader Berge, sodann näher die weit umherleuchtenden Türme von Maria-Kulm, dann das Städtchen Königswart, wohinzu das Moor seinen Abfluß nach der Eger nimmt, dahinter den Königswarter Berg, weiter ostwärts den Tillberg, wo der Glimmerschiefer mit Granaten sich findet. Ungesehen in der Tiefe bleibt die Stadt Eger; auch der Fluß zeigt sich nicht. Über dem Tale hingegen, das er einschneidet, steht das Kloster Sankt Anna auf einer ansehnlichen Höhe, auf welcher schöne Feldfrüchte in verwittertem Glimmerschiefer gebaut werden. Hierauf folgt ein waldbewachsener Berg, der eine Einsiedelei verbirgt, in der Ferne treten sodann der Bayreuther Fichtelberg und die Wunsiedler Berge hervor. Herwärts sieht man sodann das Schloß Hohberg, völlig im Abend den Kappelberg, mehrere Ansiedlungen, Dörfer und Schlösser, bis sich denn durch die Dörfer Ober- und Unter -Lohma der Kreis wieder an Franzenbrunn anschließt.
Wir befinden uns also auf dem Gipfel eines länglichten nackten Hügels, der sich von Südwesten nach Nordosten zieht; ringsumher läuft er gegen seine Base flach aus; nur ist die Westseite steiler. Ebendieses flache Auslaufen macht seine Peripherie ungewiß; doch kann man sie über zweitausend Schritte annehmen. Die Länge des Rückens von dem Lusthäuschen bis an den Hohlweg, in welchem noch schlackige Spuren zu finden sind, beträgt fünfhundert Schritte. Gegen Länge und Breite ist die Höhe gering; die Vegetation behilft sich dürftig, unmittelbar auf verwitterter Schlacke.
Geht man von dem Lusthäuschen den Rücken gegen Nordosten hinab, so trifft man sogleich auf eine kleine Vertiefung, die offenbar von Menschenhänden ausgegraben ist. Hat man auf dem sanften Abhang etwa hundertundfunfzig Schritte zurückgelegt, so gelangt man an die Stelle, wo zum Gebrauch des Chausseebaues die Seite des Hügels aufgegraben, eine große Masse weggefördert, sein Innres aufgeschlossen und für den Betrachter ein bedeutendes Profil gewonnen worden. Der Durchschnitt, der sich hier beobachten läßt, kann an seiner höchsten Stelle etwa dreißig Fuß hoch sein. Hier zeigen sich Lagen vulkanischer Produkte, regelmäßige Lagen, welche sanft, doch etwas mehr als der Hügel nach Nordosten abfallen und eine geringe Neigung von Süden nach Norden haben. Sie sind an Farbe verschieden: unten schwarz und braunrot, höher nimmt das Braunrote überhand, weiter hinaufwärts zeigt sich die Farbe weniger ausgesprochen; da, wo sie sich der Oberfläche nähern, ziehen sie sich ins Graulichgelbe.
Höchst merkwürdig ist an diesen sämtlichen Lagen, daß sie so sanft abfallen, daß sie ohne eine Art von Bewegung oder Unordnung ganz ruhig aufeinander folgen, daß sie eine geringe Höhe haben: denn man kann auf die dreißig Fuß, welche das Ganze beträgt, ohne genau auf Schattierung zu sehen, bequem ihrer vierzig zählen.
Die Teile, aus welchen diese Lagen bestehen, sind durchaus lose, voneinander abgesondert, nirgends eine kompakte, zusammenhängende Masse. Das größte und seltenste Stück, das man darin finden möchte, wird wenig über eine Elle betragen.
Manche Teile dieses wunderbaren Gemenges zeigen ihren Ursprung ganz deutlich. So findet man häufig genug Glimmerschiefer an Farbe und Form völlig unverändert, bald fester, bald mürber. In den obern Lagen trifft man denselben öfter als in den untern gerötet an.
Seltner sind jedoch solche Stücke, welche von einer leicht- flüssigen zarten Schlacke zum Teil umgeben sind. Bei einigen dieser Art scheint der Stein selbst angegriffen und zum Teil in Schmelzung geraten. Aller dieser Glimmerschiefer ist, wie gesagt, der Form nach unverändert; es zeigt sich keine Abrundung, ja kaum eine Abstumpfung. Die Schlacken, die auf ihm aufsitzen, sind so scharf und frisch, als wenn sie eben erst erkaltet wären. Gleichfalls ziemlich scharfkantig sind die Teile des Glimmerschiefers, die, entweder einzeln oder in mehreren Stücken, von fester Schlacke völlig eingeschlossen, gänzlich überschlackt sind. Hieraus entstehen die Kugeln, die sich, wiewohl seltner, finden und deren Form uns verführen könnte, sie für Geschiebe zu halten. Vielmehr aber hat sich die Schlacke um einen fremden Kern konsolidiert und mehr oder weniger regelmäßig kugelförmige Körper gebildet.
In den oberen Lagen, besonders den roten, findet sich der Glimmerschiefer gerötet, mürbe, zerreiblich und wohl gar in eine sehr zarte, fettig anzufühlende, rote Tonmasse verwandelt.
Den Anteil des Glimmerschiefers, den Quarz, findet man gleichfalls unverändert, meistens von außen rot, welche Farbe sich in die Klüfte hineingezogen hat. Noch verbunden mit dem Glimmerschiefer kommt er überschlackt vor, welches bei den abgesonderten Stücken nicht der Fall ist.
Nunmehr wenden wir unsre Aufmerksamkeit zur vollkommenen Schlacke, welche völlig durchgeschmolzen, ziemlich leicht, schaumartig aufgebläht, breiartig geflossen, von außen uneben, scharf und voller Höhlungen, inwendig aber öfters dichter ist. Aus ihr vorzüglich besteht der ganze Hügel. Man findet sie in einzelnen, für sich fertig gewordenen, abgeschlossenen Stücken. Die größten, von einer Elle und drüber, sind selten; die spannenlangen flachen verdienen Musterstücke zu sein, sowie die faustgroßen, unregelmäßig geballten. Alle sind scharf, frisch, vollständig, als wenn sie soeben erstarrt wären.
Hinabwärts finden sie sich von allen Größen und verlieren sich endlich ins Staubartige. Dieses letzte füllt alle Zwischenräume aus, so daß die ganze Masse zwar lose, aber dicht aufeinander liegt. Die schwarze Farbe ist die gewöhnliche. Auch sind die Schlacken inwendig alle schwarz. Die Röte, welche sie manchmal von außen überzieht, scheint sich von dem geröteten, in eine Tonmasse veränderten, leicht auflöslichen Glimmerschiefer herzuschreiben, der in den roten Lagen häufig ist, in welchen auch lose Konglomerate von gleicher Farbe vorkommen.
Alle diese Körper sind leicht zu gewinnen, indem jeder einzelne aus der Masse herausgezogen werden kann. Die Beobachtung jedoch und Sammlung hat einige Unbequemlichkeit und Gefahr indem man nämlich zum Behuf des Chausseebaus von der Masse unten wegnimmt, so stürzen die obern Teile nach, die Wände werden steil und überhängend, dabei denn der einströmende Regen große Partieen zu nahem Sturze vorbereitet.
Auf der Oberfläche des Hügels sind die Schlacken alle von bräunlicher Farbe, welche auch ziemlich ins Innre der kleineren Stücke eindringt. Das Äußere ist durchaus stumpfer und würde auf eine andere Art von Schmelzung deuten, wenn man nicht diese Abstumpfung sowie die Farbe der Witterung, welche hier seit undenklichen Zeiten gewirkt, zuschreiben müßte.
Ob nun gleich in allen diesen Schlacken sich ihr Ursprüngliches völlig zu verlieren scheint, so findet man doch durchaus selbst in denen, welche vollkommen geflossen sind, von der untersten bis zur obersten Schicht, deutliche Stücke von Glimmerschiefer und Quarz unverändert; daß man also an dem Material, woraus sie entstanden, nicht zweifeln kann. Versetzen wir uns nunmehr in das Lusthäuschen zurück und begeben uns von oben herunter nach der Südwestseite, so zeigt sich ein zwar ähnliches, aber doch in einem gewissen Sinn ganz entgegengesetztes Gestein. Die Südwestseite ist im ganzen abhängiger als die Nordostseite. Inwiefern sie flözartig sei, läßt sich nicht beurteilen, weil hier keine Entblößung stattgefunden. Hingegen stehen besonders gegen Süden große Felspartieen zutage, die sich in einer Direktion von dem höchsten Punkte des Hügels bis an den Fuß desselben erstrecken. Diese Felsen sind von zweierlei Art: die obern noch völlig schlackenähnlich, so daß die einzelnen Teile von jener erstgemeldeten obersten braunen Flözlage dem äußern Ansehen nach kaum zu unterscheiden sind, durchaus porös, jedoch keinesweges scharf, lückenhaft wie aus Knötchen zusammengesetzt. Daß dieses jedoch ihre ursprüngliche Natur sei und keine Abstumpfung obwalte, zeigt sich in den Höhlungen und Lücken, die sich hervortun, wenn man Stücke vom Felsen trennt. Hier ist das Innre dem Äußern gleich, das Innre, wohin keine Verwitterung wirken können.
Der Hauptunterschied aber zwischen diesem als Fels anstehenden Gestein und allem vorigen ist seine größere Festigkeit und größere Schwere. So bröcklicht und lose es aussieht, so schwer ist ihm etwas abzugewinnen, ob es gleich eher zu gewinnen ist als das folgende.
Dieses liegt in großen Felsmassen am Fuße des Hügels. Zwischen diesem und dem vorerwähnten findet sich eine Kluft, wahrscheinlich durch frühere Steinbrüche entstanden. Denn der alte viereckte Turm auf der Zitadelle von Eger, dessen Erbauung wohl in den Zeiten der Römer zu suchen sein möchte, ist aus diesem Stein gehauen; ja man findet in dem gegenwärtigen Felsen hier und da mehrere Löcher in einer Reihe, welche auf das Einsetzen von gabel- und kammförmigen Werkzeugen hindeuten, die vielleicht zu Bewegung der nächstgelegenen Massen dienten.
Dieses untere Gestein, von dem wir sprechen, ist der Witterung, der Vegetation, dem Hammer fast unbezwinglich. Seine Kanten sind noch immer scharf, die verschiedenen Moosüberzüge uralt, und nur mit tüchtigen Werkzeugen ist man imstande, bedeutende Teile davon zu trennen. Es ist schwer und fest, ohne jedoch auf dem Bruche durchaus dicht zu sein. Denn ein großer Teil desselben ist auf das feinste porös: deswegen auch der frischeste Bruch rauh und unscheinbar ist. Ja das festeste und dichteste selbst, dessen Bruch sich uneben und splitterig zeigt, hat größere und kleine Höhlungen in sich, wie man sich selbst an kleinern Stücken überzeugen kann. Die Farbe ist durchaus lichtgrau, manchmal aus dem Blaulichen ins Gelbliche übergehend.
Nachdem wir dasjenige, was uns der äußere Sinn in dem gegenwärtigen Falle gewahr werden läßt, umständlich und deuthch vorgetragen, so ist es natürlich, daß wir auch unser Inneres zu Rate ziehen und versuchen, was Urteil und Einbildungskraft diesen Gegenständen wohl abgewinnen könnten.
Betrachtet man die Lage des Kammerbühls von seiner eigenen Höhe oder von Sankt Annen herunter, so bemerkt man leicht, daß er noch lange unter Wasser gestanden, als die höhern, das Tal umgebenden Gebirge schon längst aus demselben hervorragten. Stellen wir uns vor, wie sich die Wasser nach und nach vermindert, so sehen wir ihn als Insel erscheinen, umspült von den Gewässern, endlich bei weitern Entweichen des Wassers als Vorgebirg, indem er auf der Nordostseite mit dem übrigen Rücken schon trocken zusammenhing, da auf der Südwestseite die Wasser des Egertals noch mit den Wassern des gegenwärtigen Moors einen Zusammenhang hatten. Finden wir nun bei seiner gegenwärtigen völligen Abtrocknung eine doppelte Erscheinung, ein Flözartiges und ein Felsartiges, so sprechen wir billig von jenem zuerst, weil wir zu seiner Entstehung das Wasser notwendig zu Hülfe rufen müssen.
Ehe wir doch zur Sache selbst gehen, bleibt uns noch eine Vorfrage zu erörtern: ob der Inhalt dieses flözartig sich zeigenden Hügels auf der Stelle entstanden oder ob er von ferne hieher geführt worden. Wir sind geneigt, das erste zu bejahen: denn es müßten ungeheure Massen ähnlichen Gesteines in der Nachbarschaft sich finden, wie doch der Fall nicht ist, wenn dieser Hügel durch Strömungen hier sollte zusammengetrieben sein. Ferner finden wir den Glimmerschiefer, auf dem das Ganze ruht, noch unverändert in den Lagen, Die Produkte sind alle scharf und besonders der umschlackte Glimmerschiefer von so zartem Gewebe, daß er alles vorhergängige Treiben und Reiben ausschließt. Nichts findet man abgerundet als jene Kugeln, deren Äußeres jedoch nicht glatt, sondern rauh überschlackt ist. Will man zu deren Entstehung eine fremde Gewalt zu Hülfe rufen, so findet ja bei wiederholten Explosionen noch wirksamer Vulkane ein solches Ballotieren an manchen in den Krater zurückfallenden Materien statt.
Lassen wir also diesen Hügel an der Stelle, die er einnimmt, vulkanisch entstehen, so sind wir wegen der flachen flözartigen Lage seiner Schichten genötigt, die Zeit der völligen Wasserbedeckung zu dieser Epoche an- zunehmen. Denn alle Explosionen in freier Luft wirken mehr oder weniger perpendikular, und die zurückstürzenden Materialien werden, wo nicht unregelmäßigere, doch wenigstens viel steilere Schichten aufbauen. Explosionen unter dem Wasser, dessen Tiefe wir übrigens unbewegt und ruhig denken werden, müssen sowohl wegen des Widerstandes, als auch weil die entwickelte Luft mit Gewalt in der Mitte sich den Weg nach der Höhe bahnt, gegen die Seite treiben, und das Niedersinkende wird sich in flacheren Schichten ausbreiten. Ferner geben uns die vorkommenden Umstände die Veranlassung zu vermuten, daß das Geschmolzene augenblicklich explodiert worden. Der unveränderte Glimmerschiefer, die vollkommene Schärfe der Schlacken, ihre Abgeschlossenheit (denn von einem zusammenhängenden Geschmolzenen ist keine Spur) scheinen diese Vermutung zu begünstigen.
Ein und dieselbe Wirkung muß von Anfang an bis zu völliger Vollendung des gegenwärtigen Hügels fortgedauert haben. Denn wir finden von unten hinauf die Lagen sich immer auf gleiche Weise folgend. Das Wasser mag entwichen sein, wann es will; genug, es läßt sich nicht dartun, daß nachher etwa noch Explosionen in freier Luft stattgefunden.
Vielmehr findet man Anlaß zu vermuten, daß die Fluten noch eine Zeitlang den untern Teil des Hügels überspült, den ausgehenden Teil der Lagen auf den höchsten Punkten weggenommen und sodann noch lange den Fuß des Hügels umspült und die leichteren Schlacken immer weiter ausgebreitet, ja zuletzt über dieselben ganz am Auslaufen der schiefen Fläche den durch die Verwitterung des umherstehenden Glimmerschiefers entstandenen Lehm darüber gezogen, in welchem sich keine weitre Spuren vulkanischer Produkte finden.
Ebenso scheint es uns, daß der eigentliche Krater, der Ort, woher die Explosionen gekommen, den wir südlich am Fuße des Hügels suchen würden, durch die Gewässer zugespült und vor unsern Augen verdeckt worden. Konnten wir auf diese Weise den flözartigen Teil dieses Hügels einigermaßen in seinem Ursprünge vergegenwärtigen, so wird dieses viel schwerer, wenn wir uns den felsartigen denken.
Stellen wir uns vor, er habe früher als der flözartige existiert, dieses Felsgestein habe uranfänglich basaltähnlich auf dem Glimmerschiefer aufgesessen, ein Teil desselben habe, durch vulkanische Wirkung verändert und verschmolzen, zu dem Inhalt jener Flözlage mit beigetragen, so steht entgegen, daß bei der genauesten Untersuchung keine Spur dieses Gesteins in gedachten Lagen sich gefunden. Geben wir ihm eine spätere Entstehung, nachdem der übrige Hügel schon fertig geworden, so bleibt uns die Wahl, ihn von irgendeiner basaltähnlichen, dem Wasser ihren Ursprung dankenden Gebirgsbildung abzuleiten oder ihm gleichfalls einen vulkanischen Ursprung mit oder nach den Flözlagen zu geben.
Wir leugnen nicht, daß wir uns zu dieser letztern Meinung hinneigen. Alle vulkanischen Wirkungen teilen sich in Explosionen des einzelnen Geschmolzenen und in zusammenhängenden Erguß des in großer Menge Flüssiggewordenen. Warum sollten hier in diesem offenbar wenigstens von einer Seite vulkanischen Falle nicht auch beide Wirkungen stattgefunden haben? Sie können, wie uns die noch gegenwärtig tätigen Vulkane belehren, gleichzeitig sein, aufeinander folgen, miteinander abwechseln, einander gegenseitig aufheben und zerstören, wodurch die kompliziertesten Resultate entstehen und verschwinden.
Was uns geneigt macht, auch diese Felsmassen für vulkanisch zu halten, ist ihre innere Beschaffenheit, die sich bei losgetrennten Stücken entdeckt. Die obern, gleich unter dem Lusthäuschen hervortretenden Felsen nämlich unterscheiden sich von den ungezweifelten Schlacken der obersten Schicht nur durch größere Festigkeit, so wie die untersten Felsmassen auf dem frischesten Bruche sich rauh und porös zeigen. Da sich jedoch in diesen Massen wenig oder keine Spur einer Abkunft vom Glimmerschiefer und Quarz zeigt, so sind wir geneigt zu vermuten, daß nach niedergesunkenem Wasser die Explosionen aufgehört, das konzentrierte Feuer aber an dieser Stelle die Flözschichten nochmals durchgeschmolzen und ein kompakteres, zusammenhängenderes Gestein hervorgebracht habe, wodurch denn die Südseite des Hügels steiler als die übrigen geworden.
Doch indem wir hier von erhitzenden Naturoperationen sprechen, so bemerken wir, daß wir uns auch an einer heißen theoretischen Stelle befinden, da nämlich, wo der Streit zwischen Vulkanisten und Neptunisten sich noch nicht ganz abgekühlt hat. Vielleicht ist es daher nötig, ausdrücklich zu erklären, was sich zwar von selbst versteht, daß wir diesem Versuch, uns den Ursprung des Kammerbühls zu vergegenwärtigen, keinen dogmatischen Wert beilegen, sondern vielmehr jeden auffordern, seinen Scharfsinn gleichfalls an diesem Gegenstand zu üben.
Möchte man doch bei dergleichen Bemühungen immer wohl bedenken, daß alle solche Versuche, die Probleme der Natur zu lösen, eigentlich nur Konflikte der Denkkraft mit dem Anschauen sind. Das Anschauen gibt uns auf einmal den vollkommenen Begriff von etwas Geleistetem; die Denkkraft, die sich doch auch etwas auf sich einbildet, möchte nicht zurückbleiben, sondern auf ihre Weise zeigen und auslegen, wie es geleistet werden ' konnte und mußte. Da sie sich selbst nicht ganz zulänglich fühlt, so ruft sie die Einbildungskraft zu Hülfe, und so entstehen nach und nach solche Gedankenwesen (entia rationis), denen das große Verdienst bleibt, uns auf das Anschauen zurückzuführen und uns zu größerer Aufmerksamkeit, zu vollkommenerer Einsicht hinzudrängen.
So könnte man auch in dem gegenwärtigen Falle nach genauer Überlegung aller Umstände noch manches zur Aufklärung der Sache tun. Mit Erlaubnis des Grundbesitzers würden wenige Arbeiter uns gar bald zu erfreulichen Entdeckungen verhelfen. Wir haben indes, was Zeit und Umstände erlauben wollen, vorzuarbeiten gesucht, leider von allen Büchern und Hülfsmitteln entfernt, nicht bekannt mit dem, was vor uns über diese Gegenstände schon öffentlich geäußert worden. Möchten unsre Nachfolger dies alles zusammenfassen, die Natur wiederholt betrachten, die Beschaffenheit der Teile genauer bestimmen, die Bedingungen der Umstände schärfer angeben, die Masse entschiedener bezeichnen und dadurch das, was ihre Vorfahren getan, vervollständigen oder, wie man unhöflicher zu sagen pflegt, berichtigen.
Sammlung
Die hier zum Grunde gelegte Sammlung ist in das Kabinett der Mineralogischen Sozietät zu Jena gebracht worden, wo man sie jedem Freunde der Natur mit Vergnügen vorzeigen wird, der sich solche übrigens, wenn er den Kammerbühl besucht, nach gegenwärtiger Anleitung leicht selbst wird verschaffen können,
1) Granit, kleinkörnig, von Hohehäusel.
2) Gneis von Rossereit.
3) Glimmerschiefer ohne Quarz, von Dresenhof.
4) Glimmerschiefer mit Quarz, ebendaher.
5) Glimmerschiefer Nr. 3, durch das Feuer des Porzellanofens gerötet.
6) Glimmerschiefer Nr. 4, gleichfalls im Porzellanofen gerötet. Man hat diesen Versuch angestellt, um desto deutlicher zu zeigen, daß der in den Schichten des Kammerbergs befindliche, mehr oder weniger gerötete Glimmerschiefer durch ein starkes Feuer gegangen.
7) Glimmerschiefer ohne Quarz, aus den Schichten des Kammerbergs. Seine Farbe ist jedoch grau und unverändert.
8) Derselbe durchs Porzellanfeuer gegangen, wodurch er rötlich geworden.
9) Geröteter Glimmerschiefer aus den Schichten des Kammerbergs.
10) Desgleichen.
11) Desgleichen mit etwas Schlackigem auf der Oberfläche.
12) Glimmerschiefer mit angeschlackter Oberfläche.
13) Quarz im Glimmerschiefer mit angeschlackter Oberfläche.
14) Glimmerschiefer mit vollkommner Schlacke teilweise überzogen. Bedeutende Stücke dieser Art sind selten.
15) Unregelmäßig kugelförmiges umschlacktes Gestein.
16) Quarz von außen und auf allen Klüften gerötet.
17) Glimmerschiefer einem zerreiblichen Tone sich nähernd.
18) Fett anzufühlender roter Ton, dessen Ursprung nicht mehr zu erkennen.
19) In Schlacke übergehendes festes Gestein.
20) Dergleichen noch unscheinbarer.
21) Vollkommene Schlacke.
22) Dergleichen von außen gerötet.
23) Dergleichen von außen gebräunt, unter der Vegetation.
24) Festes schlackenähnliches Gestein von den Felsmassen unter dem Lusthäuschen.
25) Festes basaltähnliches Gestein am Fuße des Hügels.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen