Carl Scherffer
Abhandlung von den zufälligen Farben. Wien 1765.
Bouguer und Buffon hatten bei Gelegenheit des abklingenden Bildes im Auge und der farbigen Schatten diese wie es schien, unwesentlichen Farben, denen wir jedoch unter der Rubrik der physiologischen den ersten Platz zugestanden, zur Sprache gebracht und sie zufällig genannt, weil es noch nicht gelungen war, ihre Gesetzmäßigkeit anzuerkennen.
Scherffer, ein Priester der Gesellschaft Jesu, beschäftigte sich mit diesen Erscheinungen und vermannigfaltigte die Versuche, wobei er sich als einen scharfsinnigen und redlichen Beobachter zeigt. Da er jedoch der Lehre Newtons zugetan ist, so sucht er die Phänomene nach derselben zu erklären oder vielmehr sie ihr anzupassen. Die Umkehrung eines hellen Bildes im Auge in ein dunkles, eines dunklen in ein helles, nach verschiedenen gegebenen Bedingungen, (E. 15 ff.) erklärte man, wie am angeführten Orte ersichtlich ist. Nun schlug Pater Scherffer zu Erklärung der farbig miteinander abwechselnden Erscheinungen folgenden Weg ein.
Er legt jenen mangelhaften Newtonischen Farbenkreis (P. 592-94) zum Grunde, dessen Zusammenmischung Weiß geben soll. Dann fragt er, was für eine Farbe zum Beispiel entstehen würde, wenn man aus diesem Kreise das Grün hinwegnähme? Nun fängt er an zu rechnen, zu operieren Schwerpunkte zu suchen und findet, daß ein Violett entstehen müsse, welches zwar, wie er selbst sagt, in der Erfahrung nicht entsteht, wohl aber ein Rot, das er dann eben auch gelten läßt.
Nun soll das Auge, wenn es von den grünen Strahlen affiziert worden, der grüne Gegenstand aber weggehoben wird, sich in einer Art von Notwendigkeit befinden, von dem Resultat der sämtlichen übrigen Strahlen affiziert zu werden.
Da nun aber diese Resultate niemals rein zutreffen - und wie wäre es auch möglich, indem das vollkommene Rot, welches eigentlich der Gegensatz des Grünen ist, jenem Kreise fehlt! - so muß der gute Pater auch in die Hetmans-Manier fallen, worin ihm denn freilich sein Herr und Meister weidlich vorgegangen, so daß er Ausflüchte, Ausnahmen, Einschränkungen überall finden und nach seinem Sinne gebrauchen kann.
Darwin, der in der letzten Zeit diese Erscheinungen ausführlich vorgenommen, erklärt sie zwar auch nach der Newtonischen Lehre, hält sich aber weniger dabei auf, inwiefern diese zu den Erscheinungen passe oder nicht.
Unser einfacher naturgemäßer Farbenkreis, Tafel I, Fig. I, dient jedoch dazu, diese Gegensätze, indem man bloß die Diameter zieht, bequem aufzufinden. Weil übrigens jeder tüchtige Mensch, selbst auf dem Wege des Irrtums, das Wahre ahndet, so hat auch Scherffer dasjenige, was wir unter der Form der Totalität ausgesprochen, zwar auf eine schwankende und unbestimmte, aber doch sehr anmutige Weise ausgedrückt, wie folgt:
»Bei Erwägung dieser und mehr dergleichen Mutmaßungen glaub' ich nicht, daß ich mich betrüge, wenn ich dafür halte, es habe mit dem Auge eine solche Beschaffenheit, daß es nach einem empfindlichen Drucke des Lichtes, nicht allein durch die Ruhe, sondern auch durch den Unterschied der Farben, wiederum müsse gleichfalls erfrischt werden. Jener Ekel, den wir durch das längere Ansehen einer Farbe verspüren, rühre nicht so viel von dem uns angeborenen Wankelmute her als von der Einrichtung des Auges selbst, vermöge welcher auch die schönste Farbe durch den allzulang anhaltenden Eindruck ihre Annehmlichkeit verliert. Und vielleicht hat die vorsichtige Natur dieses zum Absehen gehabt, damit wir einen so edlen Sinn nicht immer mit einer Sache beschäftigen, indem sie unserer Untersuchung eine so große Menge darbietet, da sie den Unterschied in Abwechselung der Farben weit reizender machte als alle Schönheit einer jeden insbesondre.«
Wir enthalten uns, manche interessante Beobachtung und Betrachtung hier auszuziehen, um so mehr als diese Schrift in jedes wahren Liebhabers der Farbenlehre eigene Hände zu gelangen verdient.
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